Mitten in Ebersberg:Christkind überfordert

Lesezeit: 1 min

Corona soll sich schleichen - das steht vermutlich auf fast jedem Wunschzettel im Landkreis. Doch wohin mit all diesen herzerweichenden Bittbriefen?

Glosse von Anja Blum, Ebersberg

Hat es so etwas je gegeben? Dass das Christkind tausendfach bombardiert wird mit ein und demselben Wunsch? Klar, allumspannende Klassiker und auch deutliche Trends gibt es schon immer. Lego, Playmobil, Carrera und Barbie - die kommen offenbar nie aus der Mode. Dazu gesellen sich dann Exoten wie einst die Tamagotchis oder heute Bakugans. Doch dass auf wahrscheinlich jedem kindlichen Wunschzettel der westlichen Hemisphäre dieselbe Bitte formuliert ist, noch dazu eine immaterielle, das ist doch ziemlich einmalig.

Ihre Meinung zu Corona zeigen die Kinder ganz deutlich. (Foto: privat)

Corona soll endlich verschwinden, aufhören, sich schleichen. Das erhoffen sich auch die Kinder im Landkreis Ebersberg. Von den ganz Kleinen, die gerade das Schreiben lernen, bis hin zu den Größeren, die ihre Post ans Christkind - dem Homeschooling sei Dank - schon als Power-Point-Präsentation gestalten. Und manchmal gibt es zum Wunsch sogar noch eine deutliche Illustration dazu, sei es aus dem Netz kopiert, selbst gemalt oder gebastelt. Zum Beispiel ein ganz fett in Rot durchgestrichenes Virus. Ja, der Nachwuchs ist es sehr, sehr leid, sich fast täglich testen zu müssen, den halben Tag mit Maske in der Schule zu sitzen, nicht zu Sportturnieren fahren zu dürfen und auf große Kindergeburtstage zu verzichten. Corona ist ein ganz übler Spielverderber, diese Botschaft wird in diesen Tagen besonders deutlich.

Die Frage ist jetzt nur, was das Christkind mit all den Bittbriefen anfangen wird. Mit der Beendigung einer Pandemie könnte schließlich selbst dieses himmlische Wesen überfordert sein. Auch wenn viele Kinder an ein weihnachtliches Wunder glauben oder zumindest darauf hoffen - dieser fromme Wunsch wird höchstwahrscheinlich unerfüllt bleiben. Es sei denn, die vielen Zettel landen gar nicht bei Petrus an der Himmelspforte, am Nordpol oder an einem anderen verwunschenen Ort. Sondern auf den Schreibtischen all jener, die dieser Tage die Entscheidungen treffen. In den Ministerien zum Beispiel. Oder aber in den Briefkästen derjenigen, die Corona nach wie vor für einen besseren Schnupfen oder eine große Verschwörung halten. Die sich nicht impfen lassen wollen, aus welchen Gründen auch immer. Denn vielleicht vermag ein kleiner Brief, geschrieben in schönster Schreibschrift und doch gespickt mit Fehlern, ihr Herz zu erweichen. Das wäre dann doch ein kleines weihnachtliches Wunder.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: