Vandalismus gegen Wahlplakate:Kein schlechter Scherz, sondern eine Straftat

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Immer mehr Plakate werden Opfer von Schmierereien. So auch ein Grünen-Plakat auf einer Plakatierungswand in Poing. (Foto: Privat)

Die heiße Phase des Wahlkampfs für die Landtags- und Bezirkstagswahlen hat begonnen. Immer häufiger sieht man zerstörte oder beschmierte Wahlplakate am Straßenrand stehen. Für die Parteien bedeutet das mehr als nur einen finanziellen Schaden.

Von Charlotte Haft, Ebersberg

In knapp drei Wochen finden die Landtags- und Bezirkstagswahlen in Bayern statt. So wird auch im Landkreis Ebersberg von den politischen Parteien fleißig Eigenwerbung mit Hilfe von Wahlplakaten gemacht. Der Zeitraum, in dem das Plakatieren erlaubt ist, beträgt etwa sechs Wochen, doch immer sind in Teilen des Landkreises massive Zerstörungen an den Plakaten festzustellen. "Die Beschädigung der Wahlplakate ist keine adäquate Form der politischen Meinungsäußerung, sondern eine Straftat", erklärt der Bürgermeister der Gemeinde Vaterstetten, Leonhard Spitzauer. Seiner Schätzung zufolge mussten in Vaterstetten nach der ersten Plakatierungswoche bereits 30 bis 50 Prozent der Wahlplakate ausgetauscht werden.

Auch die Polizei im Landkreis berichtet immer wieder von Meldungen und Anzeigen der Ortsverbände zu zerstörten Wahlplakaten. So fiel in der Nacht vom 27. auf den 28. August in Frauenneuharting ein Werbeplakat der Grünen der Zerstörungswut einiger Täter zum Opfer. "Das vermutlich mittels Kleister aufgebrachte Plakat wurde abgerissen, sodass nur noch Papierfetzen am Plakatständer verblieben", erklärte Ulrich Milius, Erster Polizeihauptkommissar der Polizeiinspektion Ebersberg. Es sei nun ein Strafverfahren gegen die unbekannten Täter eingeleitet worden.

Das entsprechende Plakat sei ersetzt, jedoch kurz darauf wieder kaputt gemacht worden, berichtet Waltraud Gruber, Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag Ebersberg. "Wir sind sehr beunruhigt über die aggressive Zerstörung. Fast nebensächlich erscheint dabei der materielle Wert, vielmehr sehen wir es als Angriff auf unsere demokratischen Werte insgesamt. Denn Demokratie lebt von verschiedenen Meinungen und einem Austausch dazu", so Gruber. Bei jeder Wahl komme es zu Materialverlusten durch Beschädigung, Zerstörung oder Diebstahl von Plakatständern und Werbebannern. Die Häufigkeit sei in den vergangenen Jahren teilweise aber sehr stark gestiegen, bei den Plakatständern könne heute von bis zu 20 Prozent ausgegangen werden. In einem Wahlkampf wie dem kommenden seien das 50 bis 60 Ständer, oder rund 1000 Euro Schaden, sagt die Fraktionssprecherin.

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Auch die Stadt Ebersberg berichtet von zunehmendem Vandalismus an Wahlplakaten seit der Landtagswahl vor fünf Jahren. So müssten routinemäßig einmal die Woche zehn bis 15 Prozent der Wahlplakate erneuert werden. Den Großteil der beschädigten Plakate hätten die Parteien AfD und Freie Wähler zu beklagen. In den Gemeinden Poing und Grafing ist es eine auffällig hohe Anzahl von Grünen-Plakaten, die zerstört wurden. Auch Plakate der Partei Die Linke sind betroffen, so habe bei der vergangenen Bundestagswahl in Poing alle zehn Tage komplett neu plakatiert werden müssen. Bei jeder Wahl seither würden mehr Aufsteller beschädigt oder zerstört. "Wir haben es heute allerdings mehr mit lokalen Gruppen oder auch Einzeltäterinnen und Einzeltätern zu tun, die dann die Plakate in einem Ort komplett abräumen", sagt Tobias Boegelein, Mitglied des Kreisvorstands der Linken Erding-Ebersberg.

Das Zerstören von Wahlplakaten ist eine Straftat. Der Vaterstettener Bürgermeister Leonhard Spitzauer zeigt sich empört über den Vandalismus an Parteieigentum. (Foto: Privat)

Die Erneuerung der Wahlplakate übernehmen die Parteien selbst. Dahinter stehe aber ein nicht zu unterschätzender Aufwand, zu dem die Kosten für die Plakatständer und den Druck der Plakate zähle, die Spritkosten für das Ausfahren, aber auch die Arbeitszeit, insgesamt ein hoher Zeit- und Kostenaufwand, wie Leonhard Spitzauer feststellt. "Die freie Meinungsäußerung und die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren, sind Grundpfeiler unseres Zusammenlebens", so steht es in einer Pressemitteilung der Gemeinde Vaterstetten. "Jeder Bürger hat das Recht, für die Kandidatin oder den Kandidaten ihrer Wahl zu werben, und die Wähler haben das Recht, sich umfassend über die verschiedenen politischen Optionen zu informieren. Die Zerstörung von Wahlplakaten steht im klaren Widerspruch zu diesen Prinzipien und schwächt unsere demokratischen Prozesse", so heißt es weiter. Die Zerstörungen seien oft auch nicht durchdacht, sondern eine Mischung aus "Zerstörungswut und Dummheit", so Spitzauer, er wisse nicht, warum man sonst Fuck AfD auf ein FDP Plakat schmiere.

Die Schmierereien sind oft nicht durchdacht, berichtet Vaterstettener Bürgermeister Leonhard Spitzauer. (Foto: Privat)

Ottilie Eberl, Bezirksrätin und Kreisrätin der Grünen im Landkreis Ebersberg ist besonders von dem Vandalismus betroffen. Ihr Gesicht ziert einige Grünen-Plakate im Landkreis, viele davon wurden zerstört. "Ich finde dies eine sehr traurige, respektlose Vorgehensweise von Menschen, die offensichtlich meine Ansichten nicht teilen. Das Eigentum anderer zu zerstören, ist eine Straftat", so ihr Statement zu den kaputten Plakaten. "Ich bin so froh darüber, in einem Land zu leben, wo freie Meinungen möglich sind. Wir müssen alle zusammen diese Freiheit schützen und vor allem gemeinsam für alle Probleme nach Lösungen suchen. In meiner Kindheit haben wir den Spruch gelernt: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu", sagt sie. Diese Denkweise könnten sich viele noch mehr zu Herzen nehmen, besonders wenn es um die Zerstörung fremden Eigentums gehe.

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