Verkehrsplanung in Vaterstetten:Verfahrene Situation

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Unter anderem die Ortsdurchfahrt Weißenfeld soll durch die geplante Umgehungsstraße entlastet werden. (Foto: Christian Endt)

Der Bau einer Umgehungsstraße für die nördlichen Ortschaften der Großgemeinde gilt auch ihren Befürwortern als wenig wahrscheinlich. Ganz verabschieden will man sich von dem Vorhaben aber nicht .

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Geht es um moderne Verkehrsplanung, spielen Pferde in aller Regel keine nennenswerte Rolle. Bei der jüngst in Vaterstetten wieder aufgelegten Debatte um das Langzeitprojekt Parsdorfer Umfahrung nahmen indes auch Unpaarhufer teil - wenn auch nur metaphorisch. Konkret ging es um die Frage, ob das Vorhaben überhaupt noch realistisch ist und die Gemeinde nicht besser daran täte, sofort alle Planungen - und damit verbundenen Kosten - zu beenden.

"Steigt endlich ab vom toten Pferd", forderte Grünen-Fraktionschef Axel Weingärtner im Hauptausschuss des Gemeinderates. Seine Partei hatte dort im Rahmen der Haushaltsberatung den Antrag eingebracht, "sämtliche geplante Ausgaben, die im Zusammenhang mit den Ortsumfahrungen Weißenfeld/Parsdorf stehen, nicht zu tätigen". Des weiteren sollen auch alle Haushaltsreste, die zum Grunderwerb für die Straße verwendet werden sollen, aufgelöst werden.

Dass die Grünen die Umfahrung ablehnen, ist nicht neu, die Fraktion hat in den mehr als drei Jahrzehnten, seit in der Gemeinde über das Projekt debattiert wird, stets dagegen votiert. Vor allem der hohe Flächenverbrauch wurde kritisiert, aber auch die enormen Kosten. Und letztere seien mittlerweile in einen Bereich gestiegen, der es für die Gemeinde einfach unbezahlbar mache, die Straße zu bauen, so Weingärtners Argumentation im Ausschuss.

Seit Herbst ist klar: Es fehlen 4,5 Millionen Euro

Eine Tatsache, die im Grunde seit dem vergangenen Herbst feststeht. Denn im November war der Bau der Straße ganz offiziell um 4,5 Millionen Euro teurer geworden. Diesen Betrag hatte sich die Gemeinde vor gut zehn Jahren vom Investor des Gewerbegebietes Parsdorf II zusichern lassen, allerdings mit einer Einschränkung: Der Investor zahlt die Summe nur, wenn zumindest der östliche Abschnitt der Straße bei Parsdorf bis 2023 "unter Verkehr" ist. Ein Zeitplan, der laut dem im November verabschiedeten Straßenbauprogramm nicht zu halten ist. Dieses sieht einen Baubeginn frühestens für das Jahr 2024 vor - also ein Jahr nachdem der Zuschuss verfallen ist.

Grund dafür sind Klagen vor dem Verwaltungsgericht gegen den Planfeststellungsbeschluss. Die Kläger sind Eigentümer von für die Straße benötigten Flächen, die aber nicht verkaufen wollen. Durch den Planfeststellungsbeschluss ergäbe sich die Möglichkeit eines zwangsweisen Verkaufs, der sogenannten Besitzeinweisung. Eine Entscheidung in der Sache zieht sich hin, laut Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) könnte in diesem Sommer eine solche fallen - das wären dann zwei Jahre nachdem die Klage eingereicht wurde.

Andere Projekte seien wichtiger, so die Grünen

Für die Grünen ist es indes irrelevant, wie das Verfahren ausgeht, denn es sei schlicht und einfach unbezahlbar, so Weingärtner: "Niemand wird behaupten, dass wir in diesen Zeiten ein Straßenbauprojekt für 40 Millionen Euro Steuergeld realisieren können." Denn, auch wenn die Summe nur zum Teil aus der Gemeindekasse kommen soll, seien die eingeplanten Zuschüsse und Fördermittel schließlich Steuergeld, und das werde in einer Zeit der Krisen - erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine - sicher eher weniger als mehr. Vielleicht würden die avisierten Fördertöpfe sogar bald gestrichen oder zumindest verkleinert.

Nicht zuletzt stünden auch in der Gemeinde zahlreiche Investitionen an, "unsere Liegenschaften sind teilweise in einem schlimmen Zustand", so Weingärtner, und dann plane man ja auch den Einstieg in die Geothermie. Dass diese in Vaterstetten möglich sei, bezeichnete er als Glücksfall, dennoch bleibe das Vorhaben "eine gewaltige finanzielle Anstrengung". Im Grunde gehe es daher um die Entscheidung, Millionen in eine Straße zu investieren - was keine Rendite bringe -, oder in eine zukunftsfähige Energieversorgung, die für die Gemeinde sogar Einnahmen generieren könne.

Gegenrede - und Zustimmung - kam vom CSU-Fraktionschef Michael Niebler (CSU). "Ich gebe zu, dass es immense Kostensteigerungen gegeben hat, die Frage der Finanzierbarkeit ist komplett offen." Darum habe man ja auch schon im vergangenen Jahr beschlossen, in die Straße aktuell kein Geld mehr zu investieren, bereits beschlossene Planungsleistungen werden nicht vergeben.

Nicht zuletzt habe man den Bewohnern der Ortschaften auch seit Jahrzehnten versprochen, dass es dort eine Verkehrsentlastung geben soll, so Niebler. Hintergrund war die Ausweisung des Gewerbegebietes Parsdorf II. Darauf verwies auch Josef Mittermeier, Chef der SPD-Frakti0n, die wie die Christsozialen stets für die Umfahrung votiert hatte. Natürlich müsse man als Gemeinde abwägen, "wie und ob wir uns es leisten können", aber "jetzt die Umfahrung zu beerdigen, ist völliger Unfug".

Die Mehrheit hält die Entscheidung für zu früh

Auch Niebler nannte es "einen Schnellschuss", nun das Vorhaben einfach aufzugeben, ohne zumindest den Gerichtsentscheid abzuwarten. Wobei, auch das betonte Niebler, selbst ein für die Gemeinde positives Votum ja nicht bedeute, dass sofort gebaut würde. "In dem Moment, wo die Entscheidung zum Planfeststellungsbeschluss vorliegt, müssen wir uns damit beschäftigen."

Dies halte er auch für sinnvoll, so der Bürgermeister. Sobald es eine Entscheidung des Gerichts gebe, werde sich der Gemeinderat in einer Sondersitzung mit dem Thema Umfahrung befassen. Auf den Haushalt habe dies keine Auswirkungen, "es wird auch weiterhin kein Geld dafür ausgegeben". Zum Ende der Debatte bemühte Manfred Vodermair (CSU) noch einmal das Pferd: "Es ist erst tot, wenn es das Gericht so sagt." Vorher brauche kein Jockey das Rennen beenden. Dies sah die Mehrheit im Ausschuss genauso, gegen die Stimmen der Grünen und der Freien Wähler wurde der Antrag abgelehnt.

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