Mitten in Ebersberg:Vom Wörtchen Nein

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Liken, wo andere Spaß haben: Vielleicht steckt hinter ständiger Internet-Nutzung auch die Angst, was zu verpassen? (Foto: Friso Gentsch/dpa-tmn)

Wer kein Problem damit hat, auch mal "nein" zu sagen, ist gewappnet gegen FOMO.

Glosse von Franziska Langhammer, Ebersberg

Falls Sie es verpasst haben: Es gibt eine Social-Media-Krankheit. Sie sucht diejenigen heim, die scrollend auf dem Sofa sitzen und sich beim Anblick der Posts ihrer Insta-Freunde denken, das echte Leben zu verpassen. Sie sucht aber auch diejenigen heim, die ihr Handy nicht griffbereit haben - es könnte ja sein, dass sie einen wichtigen Post nicht mitbekommen. "Fear of missing out" wird das Syndrom genannt, kurz FOMO - für die Angst, was zu verpassen.

Auch diverse große Krankenkassen haben das Thema schon für sich entdeckt: Manche bieten online Tests an, die zeigen sollen, ob und wie weit man betroffen ist von dem trügerischen Gefühl. Innere Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Unzufriedenheit, Aggressivität, Juckreiz - die Liste der Auswirkungen von FOMO auf Seele und Körper ist lang. Da die Angst zwar nicht als offizielle Krankheit anerkannt ist, aber zur krankhaften Sucht werden kann, raten die Krankenkassen zur psychologischen Behandlung, Meditation oder digitaler Entgiftungskur.

Eine Folge von FOMO kann es auch sein, dass Betroffene sich schwer tun, auch mal nein zu sagen. Kommst du noch mit auf ein Bierchen? Ziehen wir noch weiter um die Häuser? Kannst du mir einen Gefallen tun? Wer nicht nein sagen kann, macht schnell mal Sachen, auf die er eigentlich so gar keine Lust hat. Und deshalb, so wird es Eltern eingetrichtert, ist es wichtig, dass schon die Kleinen lernen, nein zu sagen - und dass man ihre Grenzen akzeptiert.

Der ganz Kleine, so viel steht fest, hat überhaupt gar keine Probleme mit dem Wort nein. Nein, es ist sogar eines seiner Lieblingswörter. Gibst du deinem Bruder auch ein Gummibärli ab? Nein. Magst du noch ein bisschen Apfel? Nein. Hast du ins Wohnzimmer gekackt? (rhetorische Frage) Nein.

Doch auch die Sechsjährige ist ziemlich gut darin, nein zu sagen. "Ich hab dich bei einem Selbstbestimmungskurs angemeldet, bei dem besonders Mädchen auch mal lernen, nein zu sagen." - "Nein." - "Aber das ist ein ganz toller Kurs, es wäre wichtig, dass du den machst." - "Nein." - "Alle deine Freundinnen haben den Kurs schon..." - "Nein, nein, nein." Die Tochter wurde dann wieder abgemeldet von dem Kurs. Sie schien auch gar keine Angst zu haben, etwas zu verpassen, wenn sie nicht hingeht. Und das ist dann ja doch wieder ein ganz gutes Zeichen, oder?

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