Quereinstieg in den Lehrerberuf:Vom Unternehmen zurück in die Schule

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Eine Lehrerin schreibt im Mathematikunterricht einer achten Klasse an eine Schultafel. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Seit der Reform in der Ausbildung zum Mittelschullehrer entscheiden sich immer mehr Menschen für einen Quereinstieg in den Lehrerberuf. Die Ebersberger Schulamtsdirektorin Sigrid Binder erklärt die Gründe dafür.

Von Charlotte Haft, Ebersberg

Erst Abitur, dann Bachelor, danach noch den Master und eine gehobenere Stelle im Unternehmen annehmen. So verläuft der Werdegang einiger Menschen in Deutschland heutzutage. Dann kommen oft Kinder und eine kurze Auszeit vom Arbeitsleben. Danach jedoch wieder anzuknüpfen, wo man vor den Kindern aufgehört hat, kann schwierig sein. Vielleicht will man das auch gar nicht. Deshalb heißt die Devise dann bei einigen: beruflich umsatteln.

Seit zwei Jahren gibt es die Möglichkeit, als Quereinsteigerin oder Quereinsteiger eine Lehrbefähigung für die Mittelschule durch das Absolvieren eines zweijährigen Seminars zu bekommen. Warum dies auch im Landkreis Ebersberg immer beliebter wird und welche Reformen bezüglich der Maßnahme anstehen, erklärt Sigrid Binder, Schulamtsdirektorin des Staatlichen Schulamts Ebersberg.

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"Bei den Quereinsteigern handelt es sich um Personen, die sich ganz bewusst für diese Ausbildung entschieden haben", so die Schulamtsdirektorin. "Sie bringen Lebenserfahrung mit und oft auch eigene Kinder. Sie wissen deshalb meist sehr gut, was auf sie zu kommt und mögen es, mit Kindern zu arbeiten." Die Maßnahme, Personen mit Masterabschlüssen durch ein zweijähriges Sonderseminar den Quereinstieg zur Mittelschullehrerin oder zum Mittelschullehrer zu ermöglichen, ist vor zwei Jahren in Oberbayern gestartet. Bisher habe das Schulamt durchwegs positive Erfahrungen gemacht, dieses Jahr gibt es die erste Absolventin im Landkreis. "Vor zwei Jahren war es noch relativ schwierig, in die Maßnahme zu kommen, jetzt geht es aber immer mehr in die Breite", so Binder. Dieses Jahr wird es insgesamt neun angehende Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter in Ebersberg geben, sieben davon sind Quereinsteiger.

Ab kommendem Schuljahr wird es zudem eine Reform für die Seminaraufteilung geben: Dann wird es nicht mehr wie bisher separate Seminare für grundständig Studierende und Quereinsteiger geben, sondern ein kombiniertes Seminar für alle Referendarinnen und Referendare. Somit schreiben die beiden Gruppen auch das zweite Staatsexamen am Ende des Referendariats zusammen.

Studierende schneiden nicht besser ab als Quereinsteiger

Auffallend ist, dass zwischen Studierenden und Quereinsteigern scheinbar weder in den Seminaren noch in den Prüfungen ein Unterschied bei den Ergebnissen zu erkennen ist. "Entscheidend für den Erfolg im Referendariat ist zweierlei, und das habe ich oder ich habe es nicht", sagt Schulamtsdirektorin Binder, "das eine ist Lehrgeschick und das andere Motivation und Engagement." So täusche auch der Eindruck, dass jemand, der gerade studiert, automatisch besser abschneiden würde. Wenn beispielsweise jemand in Biologie promoviert hat, habe sich die Person geistig sehr rege betätigen müssen und wenn sie dann zusätzlich Freude am Weitergeben von Wissen hat, könne das die perfekte Mischung sein. "Für mich ist das kombinierte Seminar ein Modell, hinter dem ich voll und ganz stehe", meint Binder.

Jedoch bringe die Reform auch einige Herausforderungen mit sich. So hat Sigrid Binder die Erfahrung gemacht, dass es mittlerweile mehr die Regel als die Ausnahme sei, dass die Lehramtsanwärter bereits Kinder haben. Dementsprechend brauche es eine neue Struktur in den Seminaren, da die Kinder morgens abgegeben werden müssen und schließlich auch mal krank werden. "Aber es muss ja nicht immer gleich alles zum Nachteil sein", sagt Binder weiter. "Der Vorteil ist dass wir Menschen ausbilden, die schon reichlich Lebenserfahrung haben."

Sigrid Binder leitet seit Anfang 2019 das Ebersberger Schulamt. (Foto: Christian Endt)

In diesem Jahr kommen die sieben angehenden quereinsteigenden Referendare im Landkreis aus der Biologie, aus der Betriebswirtschaftslehre und aus dem Journalismus. Sie wollen alle aufsatteln und sich noch einmal neu orientieren. Binder betont auch, dass die A13 Besoldung, die den fertigen Referendaren dann ab dem ersten Schuljahr als Lehrer direkt zusteht, nicht die vorrangige Motivation sei - die startet bei gut 4700 Euro Bruttogehalt pro Monat. Es ginge viel mehr darum, nach einem bestimmten Lebensabschnitt nochmal etwas Neues zu beginnen.

Die Fächerwahl sei in der Maßnahme mittlerweile relativ frei, es müssten aus dem Fächerkanon der Mittelschule ein Haupt- und ein Nebenfach gewählt, und diese dann bis zum Staatsexamen erlernt werden. Die Unterrichtsfächer müssten also nicht auf dem vorherigen Beruf basieren, das einzige Kriterium für die Zulassung zur Ausbildung sei ein anerkannter Masterabschluss in einem beliebigen Studienfach.

Ein zweijähriges Seminar besteht aus Seminartagen und Unterrichtstagen. Die Seminartage, welche zweimal pro Woche stattfinden, rotieren im Landkreis an unterschiedlichen Schulen. Es treffen sich alle Referendare, um vom Seminarleiter theoretische Unterrichtsinhalte zu erlernen. Jedoch sind alle Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer auch oft gemeinsam unterwegs, um sich Unterrichtsstunden anzusehen und diesen zu reflektieren sowie für Fortbildungen.

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