Mitten in Ebersberg:ER odER eben nicht

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Die Kultserie über eine Notaufnahme hat auch Jahrzehnte später noch Folgen.

Glosse von Wieland Bögel

In diesen Tagen feiert eine - man kann es nicht anders sagen - Institution Geburtstag, wenn auch noch nicht einen runden: Im Herbst vor fast genau 28 Jahren flimmerte die erste Folge der US-Fernsehserie "Emergency Room" über die Bildschirme. Diese ist nicht nur deswegen bedeutsam, weil sie einem bis dato mäßig erfolgreichen Schauspieler - damals unter anderem bekannt durch Rollen in Filmen wie "Die Rückkehr der Killertomaten" - zum Durchbruch als Superstar verhalf, sondern vor allem, weil die Serie einen seitdem international gültigen Topos geschaffen hat, wie es in einem Krankenhaus so zuzugehen hat: Ständig ist Alarm, es piept und fiept überall, dauernd läuft hektisch medizinisches Personal durch die Gegend. Wie sehr dieses Verständnis vom Klinikalltag tatsächlich ins Unbewusste eingedrungen ist, zeigte sich kürzlich bei einem Gang durch die Kreisstadt.

Der führte in der Nähe der Kreisklinik vorbei, wo alsbald ein schrilles und regelmäßiges Geräusch zu vernehmen war. Die Kombination aus diesem und der Nähe zu einer medizinischen Einrichtung lässt darum sofort das Kopfkino anspringen: Klingt das nicht, wie die Gerätschaften aus Emergency Room? Wobei sich der medizinische Laie ja nie ganz sicher sein konnte, dass es die ganzen Piepsmaschinen im echten Leben wirklich gibt und es sich nicht um die Krankenhausserie-Variante des Heisenberg-Kompensators handelt, mit dem die Erfinder von "Star Trek" einst elegant elementare Probleme der höheren Physik lösten, aber das ist eine andere Geschichte.

Auf jeden Fall entsteht im Kopf des ahnungslosen Vorbeigängers ein Bild höchster Dramatik, ein maschinenunterstützter Kampf auf Leben und Tod, beziehungsweise um Leben oder Tod irgendeines armen Menschen, der intensivmedizinischer Betreuung bedarf. Die offenbar von derartigem Ausmaß ist, dass das Piepen und Fiepen der beteiligten Lebensrettungsmaschinen noch weit außerhalb des Ebersberger Emergency Room zu vernehmen ist.

Zum Glück für alle Beteiligten - oder in dem Fall: Nichtbeteiligten - stellt sich die Notlage dann bei näherem Vorbeigehen als wesentlich weniger dramatisch dar. Statt Blutkonserven und Medikamenten fehlen dem Patienten lediglich ein paar Tropfen Öl: Eine Jalousie an der Außenfassade wird gerade unter rhythmischem Quietschen heruntergelassen.

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