Spielmannszug Grafing:Der Marsch zur letzten Proberunde

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Der Grafinger Spielmannszug probt in Schammach für die Wiesn. (Foto: Christian Endt)

Am kommenden Wochenende wird der Spielmannszug Grafing den Wiesn-Einzug in alter Tradition begleiten.

Von Vera Koschinski, Grafing

Zartrosa Wolkenstreifen zieren den Himmel über dem Gewerbegebiet bei Grafing-Bahnhof, über dem bereits die Abenddämmerung hereinbricht. Nur das Summen der Autowaschanlage stört den Feierabend. Dann durchbricht Marschmusik die Stille. Sie gilt dem Spielmannszug, der sich um Punkt 19.30 Uhr in Bewegung setzt. Denn für die 20 Personen des Zuges ist gerade eine sehr wichtige Zeit: Die Vorbereitung auf den Einzug auf die Wiesn am kommenden Wochenende in München. Bereits in den vergangenen Wochen wurden die Probenzeiten verdoppelt, sodass nun die Vorbereitungen für den Wieseneinzug in ihren letzten Klängen liegt. Am Montag nun war Generalprobe, die zwar noch in Alltagskleidung und ohne Schaulustige stattfand, aber die Formation sitzt schon. Damit das auch am kommenden Samstag sicher klappt, zogen die Musiker nun ihre Kreise auf den menschenleeren Straßen bis zum Einbruch der Dunkelheit.

Gerade für die Neumitglieder sei die Möglichkeit zur Generalprobe eine gute Übungsmöglichkeit, bei der das Repertoire aus rund 20 Stücken auswendig im Laufen aufgeführt werde, sagt Stefan Pihale, Vorsitzender des Vereins. Auch bekannte Stücke wie "Der Bozner Bergsteiger", "Die Brücke am Kwai" oder "Ein Jäger aus Kurpfalz" gehören dazu. Hauptsächlich durch die Jugendarbeit werbe der Verein neue, junge Mitglieder an. Er selbst sei durch seinen Vater im Kindesalter dem Spielmannszug beigetreten und nun seit 38 Jahren mit seiner Lyra Teil der Gruppe. Mit seinen glockenhell klingenden Lyren, tänzerisch hohen Querflöten, rhythmisch, dunklen Trommeln und einem schallenden Becken ist der Spielmannszug Grafing vollständig und klassisch besetzt.

Seit fast 70 Jahren sind die Grafinger beim Wiesn-Einzug dabei

Entsprechend der bald 70-jährigen Tradition wird der Spielmannszug Grafing mit der Augustiner Festkapelle am Wochenende mit 40 bis 45 Musikern und Musikerinnen den Einzug auf die Wiesn begleiten. Am Samstag wird sich der klangvolle Zug, in schwarz-rote Trachten gehüllt, gegen 11 Uhr vom Sendlinger Tor aus in Bewegung setzen. Doch im Gegensatz zum Samstag, an dem sich die ein oder andere Rastgelegenheit bieten wird, muss die sieben Kilometer lange Strecke über die Widenmayerstraße entlang der Isar am Sonntag ohne Pause zurückgelegt werden.

Seit 1953 marschiere und musiziere der Spielmannszug Grafing beim Wiesneinzug in München mit, erklärt Stefan Pihale. Das Privileg, auf eine Bewerbung verzichten zu können, sei durch den guten Kontakt zur Augustiner Brauerei entstanden. Das damalige gute Verhältnis zwischen einem ehemaligen Mitglied des Grafinger Vereins und einer Bedienung der Brauerei markiere den Beginn der langjährigen Tradition, die bis heute bestehe. So lautet zumindest die Erzählung.

Der Spielmannszug Grafing beim Wiesn-Einzug im Jahr 2013. (Foto: Florian Peljak)

Seitdem ist der Einzug auf die Wiesn der Höhepunkt, auf den die versammelten Musiker und Musikerinnen hin fiebern. Und trotzdem sei eine Mitgliedschaft viel mehr als das Proben im zweiwöchigen Rhythmus und der Auftritt auf den Wiesn. Über die Freude am gemeinsamen Musizieren hinaus, sei es die soziale Komponente, meint Stefan Pihale, welche die einzelnen Mitglieder miteinander verbinde. Und gerade von den Aktivitäten und Unternehmungen, aus denen das Gemeinschaftsgefühl hervorgehe, zehre auch die musikalische Arbeit selbst.

Darüber hinaus würden auch die verschiedenen Altersgruppen das musikalische und gesellschaftliche Beisammensein bereichern. Während die jungen Mitglieder sich auch neue Stücke schnell aneignen und auswendig lernen könnten, würden die älteren Mitglieder mit der Vertrautheit mit den älteren Werken den jungen Musikern und Musikerinnen Sicherheit und Orientierung bieten können. Es seien die unterschiedlichen Charaktere, welche die gemeinsame Leidenschaft für das Musizieren zusammenführen könne und das spiegele sich auch in der Musik selbst wieder.

Auch als die Sonne hinter dem Gewerbegebiet in Grafing bereits untergegangen war, zog der Spielmannszug weiter Richtung Kiermeier-Haus, um dort den eingeübten Stücken ihren letzten Schliff zu verleihen. Als nach gut zwei Stunden die letzten Töne des Grafinger Spielmannszugs verhallen, ist das Blassrosa längst in Nachtblau übergegangen.

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