Beschlossener Haushalt:Blanke Stadt

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Der Grafinger Bär, hier das Wappen auf dem Rathaus, wird heuer keine großen Sprünge machen können, die Stadtfinanzen sind sehr angespannt. (Foto: Christian Endt)

Grafing profitiert von unerwartet hohen Einkommenssteuerzuweisungen. Die Finanzlage ist jedoch so prekär, dass selbst ein sechsstelliges "Geschenk" nicht mehr hilft.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Große Freude wollte in der Grafinger Stadtratssitzung am Dienstagabend einfach nicht aufkommen, obwohl Bürgermeister Christian Bauer (CSU) ziemlich gute Nachrichten dabei hatte: Um 500 000 Euro über der Schätzung habe die Einkommensteuerzuweisung im vergangenen Schlussquartal gelegen. Normalerweise werden in solchen Situationen gestrichene Investitionen wieder aufgegleist. Daran ist in Grafing nicht zu denken.

Das Plus von einer halben Million Euro kann die Stadt gerade einmal nutzen, um die Kreditaufnahme zusammen mit einigen Ausgabenkürzungen sowie mit Unterstützung der Strom- und Gaspreisbremse auf 3,34 Millionen Euro zu drücken. Auch der perspektivische Nutzen ist gering: Laut Finanzplan sind die Rücklagen der Stadt nun nicht mehr mit dem Etat 2023 aufgebraucht. Sondern erst mit jenem des Jahres 2024.

Investitionen im Gegenwert von knapp 11,5 Millionen Euro stehen in Grafing heuer an

Dem ist so, weil Rathaus wie Stadtrat weit mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen. In diesem Jahr stehen beispielsweise 2,4 Millionen Euro für den Erwerb eines Berufsschulgrundstücks im Ansatz. Dazu kommen jeweils 1,2 Millionen Euro für die Sanierung der Stadthalle sowie für den Bau des Kinderzentrums an der Forellenstraße. Eine glatte Million Euro ist für den Kauf des alten Bauhofgrundstücks veranschlagt. Jeweils 400 000 Euro soll der neue Pausenhof der Grundschule und die neue Tartanbahn im Sportzentrum kosten. Auf rund 11,5 Millionen Euro summiert sich der Vermögenshaushalt mit den Investitionen laut Kämmerei schließlich.

Den in diesem Jahr auf knapp 33 Millionen Euro taxierten Verwaltungshaushalt kann Grafing dagegen ausgleichen. Einmal, wegen der guten Entwicklung beim Gemeindeanteil der Einkommensteuer. Zusammengerechnet liegt er bei etwas über 12,2 Millionen Euro. Aber auch wegen der stabilen Gewerbesteuer in Höhe von fast sechs Millionen Euro sowie Zuweisungen sowie Zuschüssen von zusammen 4,2 Millionen Euro.

Wie es angesichts eines veranschlagten Schuldensprungs von 11,5 Millionen Euro zum 1. Januar auf 15,5 Millionen Euro zum 31. Dezember weitergehen soll, darum drehte sich nach dem Vortrag von Kämmerin Veronika Kainz die Stadtratsdebatte. Die klarste Ansage kam von CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg: "Man muss jetzt so ehrlich sein und sagen: Wir können uns nicht alles leisten - Eisstadion, Freibad, Stadthalle. Natürlich sind Kultur, Volkshochschulen und Schulen wichtig. Aber nur weil man sich zu Weihnachten alles wünscht, liegt halt auch nicht alles unterm Baum."

Nicht ausgeschlossen, dass die Stadt die Gewerbesteuern erhöhen muss

Freie Wähler-Stadtrat Josef Klinger mahnte, auch bei ernstem Sparwillen die Kosteneffekte in der Jugendhilfe im Bewusstsein zu behalten. "Da ist es oft so, dass man zum Beispiel bei der Prävention gespartes Geld ein paar Jahre später zum Vielfachen anderswo aufwenden muss." Claus Eimer (FDP) sprach sich dafür aus, "wie in der freien Wirtschaft auch im Rathaus jedem Abteilungs- oder Teamleiter sagen: Sorry, jeder muss bei seinen Ausgaben um zehn Prozent runter". Logisch, das sei für die Verwaltung eine Sisyphusarbeit. "Aber den Effekt würden wir bei der nächsten Haushaltsaufstellung sofort spüren." Genauso müsse aber auch das Stadtratsgremium mehr Disziplin bei den Ausgaben zeigen. Dies beträfe insbesondere solche, die lediglich einer vergleichsweise kleinen Gruppe zugutekämen.

Gut möglich, dass bald auch eine Debatte um die Erhöhung der Gewerbesteuer ins Haus steht. Dritte Bürgermeisterin Regina Offenwanger (SPD) jedenfalls fühlte schon mal vorsichtig vor, ohne dass aus der in solchen Fragen stets kritischen CSU-Fraktion Gegenrede kam. Tatsächlich liegen die Grafinger Einnahmen dieser Steuerart, verglichen etwa mit Ebersberg, auf niedrigem Niveau. Freilich bedeuten Hebesätze dabei nicht die einzige Stellschraube. Eine aktivere Wirtschaftspolitik wäre die andere. Doch der Posten des Grafinger Wirtschaftsförderers, der genau dafür zuständig wäre, ist seit etwa einem Dreivierteljahr vakant.

Die Zahlen:

Gesamtvolumen: 44,3 Millionen Euro; Verwaltungshaushalt: 32,8 Millionen Euro; Vermögenshaushalt: 11,5 Millionen Euro

Schuldenstand 2023: 1. Januar: 11,5 Millionen Euro; 31. Dezember (Plan): 15,5 Millionen Euro

Gewerbesteuer: Ansatz 2022: 5,7 Millionen Euro; Ansatz 2023: 6,0 Millionen Euro

Einkommensteuer: Ansatz 2022: 11,1 Millionen Euro; Ansatz 2023: 12,2 Millionen Euro

Kreisumlage: 2022: 8,0 Millionen Euro; 2023: 9,2 Millionen Euro

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Die Grafinger Kritik an der Kreisumlage ist wenig nachvollziehbar. Denn gerade in dieser Stadt gibt der Landkreis besonders viel Geld aus.

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