Leben und Arbeiten im Landkreis:Gehobener Mittelstand

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Die Ebersberger sind jünger und wohlhabender als der Bundesdurchschnitt, das zeigt eine aktuelle Statistik.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Vor allem junge Familien zieht es in den Landkreis, hier die Baustelle desWohngebiets Bergfeld W7 in Poing, im Hintergrund die Plieninger Kirche. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Jung, dynamisch und besserverdienend, so stellt sich der Landkreis Ebersberg dar - zumindest aus Sicht der Zahlen. Diese verorten den Landkreis in den meisten Bereichen im oberen Mittelfeld, wie aus Daten der Statistischen Landesämter hervorgeht, die nun auf dem Statistikportal "Stadt.Land.Zahl" veröffentlicht wurden. Demnach leben hier im Bundesvergleich etwa überdurchschnittlich viele junge Leute, die überdurchschnittlich viel Steuern zahlen - aber auch überdurchschnittlich viel Fläche verbrauchen.

Ganze 43 Jahre alt ist der Durchschnittsebersberger, damit steht der Landkreis auf Platz 46 aller 401 Kreise und kreisfreien Städte der Bundesrepublik. Für die Region ist das ein eher unspektakulärer Wert, so sind die Dachauer genauso alt, die Erdinger beispielsweise 42,6 Jahre jung, die Einwohner des Rosenheimer Landkreises 44,6 und der zugehörigen Stadt sogar nur 43,2 Jahre. Die Landkreismünchner sind im Schnitt 43,6 und die in der Landeshauptstadt gerade einmal nur 41,6 Jahre alt. Bundesweit am jüngsten ist man in Heidelberg mit 40,7, am ältesten dagegen in der Stadt Suhl mit 51 Jahren.

Die Bevölkerungsverteilung ergibt eine Lücke bei den jungen Erwachsenen: Lediglich sieben Prozent der im Landkreis Ebersberg lebenden Personen sind zwischen 18 und 24 Jahre alt. Bei den Unter-18-Jährigen sind es immerhin 18 Prozent, genauso hoch ist der Anteil der Über-65-Jährigen. Die zahlenmäßig größte Gruppe bilden die 45-bis-64-Jährigen mit 29 Prozent, gefolgt von der Altersgruppe zwischen 25 und 44 Jahren mit 25 Prozent.

Dies liegt vermutlich daran, dass vor allem Familien mit Kindern in den Landkreis ziehen, letztere diesen aber für Studium oder Ausbildung wieder verlassen. Der etwas niedrigere Anteil der Personen im Rentenalter dürfte mit dem allgemeinen Wachstum der Bevölkerungszahlen zu tun haben: Alleine zwischen 2011 und 2020 betrug dieser knapp 15000. Die heutigen Rentner sind einfach die arbeitende Bevölkerung jener Zeit, als der Landkreis noch weniger bevölkert war.

Die Verdichtung ist überdurchschnittlich

Bei der absoluten Einwohnerzahl ist in Ebersberg noch etwas Luft nach oben, hier liegt der Landkreis nur auf dem 209. Platz. Ganz oben stehen erwartbarerweise die Stadtstaaten Berlin und Hamburg mit 3,6 und 1,8 Millionen, am wenigsten Einwohner gibt es in den Städten Zweibrücken mit 34001 und Suhl mit 36395. Betrachtet man allerdings die Bevölkerungsdichte macht der Landkreis Ebersberg einige Plätze gut: Hier kommt Ebersberg auf Platz 169 mit 261,5 Einwohnern pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: Im Nachbarlandkreis Erding sind es nur 158,7, in der Landeshauptstadt dagegen 4777 was für den ersten Platz der Tabelle reicht. Am meisten Platz hat man statistisch gesehen im Landkreis Prignitz in Brandenburg, dort teilen sich nur 35,6 Leute je einen Quadratkilometer.

Im Landkreis wird immer mehr Fläche verbraucht, das Bild zeigt die Baustelle des Gewerbegebietes Parsdorf II und im Hintergrund den Ort Neufarn. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wirtschaftlich scheint es im Landkreis auch gut zu laufen, so liegt der durchschnittliche Hebesatz bei der Gewerbesteuer - gebildet aus dem Mittelwert aller 21 Landkreiskommunen - mit 332 Punkten zwar lediglich auf dem 360. Platz aller 401 Landkreise. Bei den Gesamteinkünften - wohlgemerkt in absoluten Zahlen - kommt man im Landkreis immerhin auf den 125. Platz. In Summe war dies 2017 - aktuellere Daten gibt es hier keine - ein Betrag von 4,16 Milliarden Euro, das entspricht ungefähr dem Ergebnis der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt Kiel mit 4,2 Milliarden. Ganz oben steht der Stadtstaat Berlin mit 66,5 Milliarden, gefolgt von München mit 48 und Hamburg mit 44 Milliarden Euro. Mit am wenigsten Geld muss man in Suhl und Pirmasens auskommen, da sind es 595100 beziehungsweise 573290 Euro.

Die Ebersberger verdienen offenbar gut

Noch besser schneidet der Landkreis ab, betrachtet man die jährlichen Einkünfte aus der Lohn- und Einkommensteuer: insgesamt 875 Millionen Euro, das reicht für Platz 93. Was insofern bemerkenswert ist, dass es im Landkreis Ebersberg - wieder Stand 2017 - nur 75542 Lohn- und Einkommensteuerpflichtige gibt, was für einen 202. Platz in der bundesweiten Statistik reicht. Woraus sich ablesen lässt, dass die Ebersberger Arbeitnehmer überdurchschnittlich gut verdienen und somit auch überdurchschnittlich Steuern zahlen.

Das müssen sie aber auch, denn beim Finanzbedarf der öffentlichen Haushalte nimmt der Landkreis ebenfalls einen Platz weiter oben ein. Zwar reicht es bei der absoluten Verschuldung nur für einen unterdurchschnittlichen 216. Rang mit 176 Millionen Euro. Betrachtet man dies aber in Relation zur Bevölkerung entfallen auf jeden Einwohner öffentliche Verbindlichkeiten von 1230 Euro, das reicht dann für Platz 162 von 401. Auch für die Region ist der Wert überdurchschnittlich: Im Nachbarlandkreis Erding sind es mit 556 Euro pro Einwohner weniger als die Hälfte, in der Landeshauptstadt sogar nur 431 im Landkreis München dagegen immerhin schon 823 Euro pro Einwohner. Im Vergleich zum Spitzenreiter Pirmasens mit 9808 Euro Schulden pro Einwohner ist die Lage in Ebersberg indes noch einigermaßen entspannt.

Die Kommunen sind dagegen eher bedürftig

Ein Grund für die vergleichsweise hohen Verbindlichkeiten dürfte die Demografie sein: Die hohen Zuzugszahlen machen hohe Investitionen in Infrastruktur erforderlich. Was nicht zuletzt daran erkennbar ist, dass kaum eine Kreistags-, Stadtrats- oder Gemeinderatssitzung im Landkreis über die Bühne geht, ohne dass dort über den Bau, die Erweiterung oder Sanierung einer Schule, eines Kindergartens oder einer Krippe gesprochen wird, vom Ausbau des Straßen- und Kanalnetzes ganz zu schweigen.

Seit März läuft die Erweiterung des Vaterstettener Gymnasiums. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weniger bedürftig als die öffentliche Hand scheinen indes die Landkreisbewohner zu sein, was sich neben den überdurchschnittlichen Steuereinnahmen vor allem an der unterdurchschnittlichen Zahl der finanziell Bedürftigen zeigt. Laut Statistik gibt es nur einen Landkreis in der Bundesrepublik, wo weniger Personen leben, die auf Hartz IV angewiesen sind: In Pfaffenhofen, da waren es Stand Anfang 2020 insgesamt 2,1 Prozent, im Landkreis Ebersberg 2,2. Das ist auch für die Region rekordverdächtig, zweitbester im S-Bahn-Bereich ist Freising mit 2,3 Prozent. Am meisten Bedürftige leben demnach in den Städten Gelsenkirchen mit 22 und Bremerhaven mit 20,4 Prozent.

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