Verkehr im Landkreis Ebersberg:Allianz B 304

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Wenn, wie hier 2006 in Zorneding, Umgehungen gebaut werden, sollen mehrere Gemeinden profitieren, fordern Bürgermeister aus dem Landkreis. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Städte und Gemeinden an der Staatsstraße fordern schon lange eine Verkehrsentlastung, nun erhöhen sie den Druck - mit einem Brandbrief an die Staatsregierung in München.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Alle für einen hieß es bei den Musketieren, alle für eine könnte das Motto lauten, unter dem sich mehrere Landkreiskommunen nun an die Staatsregierung in München wenden wollen. Die Städte und Gemeinden im Umgriff der B 304 fordern konkret eine Verkehrsentlastung, ohne dass für jeden Ort einzelne Umgehungsstraßen gebaut werden sollen. Stattdessen wollen die Anliegerkommunen überörtliche Lösungen für das chronische Verkehrsproblem entlang einer der am dichtesten befahrenen Verkehrsachsen der Region.

Der Dringlichkeit des Problems entsprechend, wollen die Beteiligten ihre Forderungen auch dementsprechend wählen: "Es wird ein Brandbrief", sagt Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) über das Schreiben an die Staatsregierung. Dieses hatte Proske bereits auf der Bürgerversammlung vorvergangenes Wochenende angekündigt. Die Anlieger "werden einfordern, dass etwas gebaut wird, das möglichst vielen einen Nutzen bringt".

In den kommenden Tagen soll der Brief nun ans Verkehrsministerium und vielleicht auch in die Staatskanzlei geschickt werden. Verfassen wird ihn der Ebersberger Rathauschef, nachdem er sich mit seinen Amtskollegen und -kolleginnen über den Inhalt abgestimmt hat: "Wir haben alle ein einheitliches Problembewusstsein", sagt Proske, der das gemeinsame Vorgehen auf den Weg gebracht hat. Auf seine Initiative haben sich vor gut einem Jahr die Rathauschefs der Kommunen entlang der Bundesstraße zu einer ersten Beratung getroffen. Mit dabei waren beim Starttreffen auf Ebersberger Seite neben der Kreisstadt noch Vaterstetten und Steinhöring sowie Pfaffing, Edling und Wasserburg aus dem Nachbarlandkreis Rosenheim.

Schon damals war die Stoßrichtung klar: Man will ein gemeinsames Verkehrskonzept erstellen, mit dem Ziel, daraus konkrete Entlastungen abzuleiten. Vorbild ist jenes Konzept, das es für die Kommunen des Münchner Ostens seit dem Sommer 2020 gibt. Darin wurden verschiedene Verkehrsprobleme an den Schnittstellen der Landkreise München, Ebersberg und Erding sowie mögliche Lösungsansätze untersucht. Etwa wo welcher Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs möglich und sinnvoll ist. Welche Straßen man erweitern oder neu bauen könnte. Oder wie sich durch sogenannte Fahrradkorridore weiterer Verkehr von den Straßen wegbringen lassen könnte.

Auch wenn nicht alle Vorschläge und Ideen in diesem Konzept unumstritten oder leicht umsetzbar sind - etwa der Weiterbau der Flughafentangente Ost bis zur B 304 oder ein dritter S-Bahn-Ast über Parsdorf, Anzing und Forstinning - soll es ein ähnliches Konzept auch für den Verkehr an und zur B 304 geben, so die Meinung der teilnehmenden Kommunen. Deren Kreis hat sich mittlerweile erweitert, zu den sechs Teilnehmern des ersten Treffens haben sich mittlerweile noch die Stadt Grafing sowie die Gemeinden Kirchseeon und Zorneding gesellt. Auch Hohenlinden und Forstinning, wo ein großer Teil des Verkehrs zwischen A 94 und B 12 einerseits und B 304 andererseits durchfährt, sind beteiligt.

Kernforderung der Kommunen ist, dass es eine Entlastung geben soll, die mit möglichst wenig Flächenverbrauch einhergeht. Denn dass um jede Kommune von Vaterstetten bis Wasserburg eine eigene Umfahrung gebaut werden kann, gilt nicht nur unter finanziellen Aspekten als unwahrscheinlich. So ist in Ebersberg zwar seit Jahrzehnten eine Umgehung im Osten der Stadt für die Staatsstraße im Gespräch. Die Bewohner der dortigen Ortschaften sind indes ebenso wenig davon begeistert, wie alle Ebersberger, die das Gebiet zur Naherholung schätzen.

Auch in Kirchseeon, wo zwar im Jahr 2012 die Südumgehung für die B 304 per Bürgerentscheid beschlossen wurde, gibt es nach wie vor Kritik daran. Ohnehin ist nicht klar, ob diese Trasse gebaut wird, parallel hatte die Gemeinde damals auch eine Tunnel-Variante für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans angemeldet. Die Kritik an der weiträumigen Südumfahrung gibt es einerseits aus Gründen des Landschafts- und Umweltschutzes. Aber auch, weil dafür wohl gut die Hälfte der erst 2007 eröffneten Zornedinger Umfahrung wieder abgerissen oder zumindest verkleinert werden müsste.

Solche Insel-Lösungen sollen es in Zukunft nicht mehr sein, geht es nach den in der Allianz B 304 zusammengeschlossenen Kommunen: "Wir fordern eine überörtliche Verkehrsplanung", sagt Proske, wenn eine neue Straße gebaut werde, "soll das mehrere Gemeinden entlasten". Überörtlich könnte auch bedeuten, dass man bestehende Straßen anderswo ausbaut, so dass einige Verkehrsströme künftig um den Landkreis herum fließen.

© SZ vom 06.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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