Kunst in Ebersberger Behörde:Drei baumstarke Typen

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Zwei Linden und ein Bergahorn, welche die Landräte Remigius Streibl, Hermann Beham und Hans Vollhardt einst gepflanzt hatten, sind 2012 der Generalsanierung des Landratsamtes zum Opfer gefallen - und nun als Skulpturen dorthin zurückgekehrt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Das Haus verliert nichts, so eine alte Redewendung. Dass sie stimmt und man manchmal sogar Verlorenes in ganz neuem Glanz wiederfindet, ist nun im Landratsamt zu sehen. Dort verlor man im Zuge der Generalsanierung Anfang des Jahrzehnts drei Bäume, sie standen im Weg und mussten umgesägt werden. Was auf anderen Baustellen wohl kaum jemanden interessiert, war hier quasi ein Politikum. Denn für die zwei Linden und ein Bergahorn waren einst drei Landräte - Remigius Streibl, Hermann Beham und Hans Vollhardt - Pate gestanden. Doch die Andenken der ehemaligen Hausherren waren nicht verloren, sie sind nun als Kunstwerke ins Landratsamt zurückgekehrt.

Landrat Robert Niedergesäß und Holzbildhauer Sebastian Müller präsentieren die Skulpturen aus den 2012 gefällten "Landratsbäumen". (Foto: Christian Endt)

Geschaffen hat die drei Skulpturen der Grafinger Holzbildhauer Sebastian Müller, er hatte im vorigen Jahr eine Ausschreibung des Ebersberger Kunstvereins gewonnen. Auf die Idee, die Landratsbäume zu Kunst zu verarbeiten und sich dazu an den Kunstverein zu wenden, war der damalige Leiter der Zentralabteilung, Andreas Stephan, gekommen. Die Umsetzung erlebte er nicht mehr, Stephan ist in diesem Sommer gestorben. Auch von den drei Baumpaten sind zwei nicht mehr am Leben, Streibl starb vor fast genau 20 Jahren, Beham im Dezember 2012.

Eine politische Botschaft sei mit den Kunstwerken nicht verbunden, betont deren Schöpfer. (Foto: Christian Endt)

Was wohl auch Auswirkungen auf die drei Kunstwerke hatte. Denn zwar betonte Müller ausdrücklich, er habe keinesfalls politische Denkmäler erschaffen wollen, getreu dem Motto: "Mach Politik oder mach Kunst, aber mach keine politische Kunst." Dass zwei der drei Bäume allerdings liegen - und zwar jene, die Streibl und Beham gepflanzt hatten - ist sicher kein Zufall.

Statt politischer Botschaften habe er sich dem Thema "Strömung und Struktur" gewidmet, sagte Müller. Also fließende und klare, harte Formen zusammenzubringen. Dazu wurden die Stämme zwar alle weitgehend in einem Stück belassen, aber durch verschieden große und unterschiedlich geformte Aussparungen stark verändert. Der Baum Streibls etwa ist komplett ausgehöhlt und mit kleinen, eckigen Schlitzen versehen, so dass er fast wie ein Bauteil für eine riesige, mysteriöse Maschine wirkt. Behams Baum dagegen erinnert mit seiner glatten und stromlinienförmigen Anmutung eher an einen Wasserbewohner, einen großen Fisch oder eine überdimensionierte Kaulquappe. Auf den zweiten Blick sieht man aber im Inneren die verbliebenen Strukturen eines Baumes, inklusive Äste. Der jüngste und auch als Kunstwerk noch stehende Baum, Hans Vollhardts Bergahorn, ist noch am deutlichsten als ehemalige Pflanze zu erkennen. Wenn auch etwas verfremdet durch eine Art neue wabenartige Außenhaut.

Die gefällten Bäume kehren als Skulpturen wieder zurück ins Landratsamt. (Foto: Christian Endt)

Was seinem Baumpaten durchaus gefällt. Denn, so Vollhardt bei der kleinen Feier am Montag zur Präsentation der Kunstwerke, anfangs sei ihm "nicht wohl dabei gewesen", als er erfuhr, dass die drei Bäume abgeholzt werden sollen. Schließlich seien sie nicht so sehr für die drei Landräte, als vielmehr als Stück Natur gepflanzt worden. Was durch die Umgestaltung in Skulpturen aber nun ebenfalls der Fall sei: "Zwar ist es nicht die Natur in ihrer ursprünglichen Form, aber ein Symbol für die Natur bleibt erhalten." Er hoffe, so Vollhardt, dass der Landkreis mit den Skulpturen den Landräten und der Natur dauerhaft ein Andenken bewahren werde.

Sogar eines für die Ewigkeit, beteuerte der aktuelle Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Denn für so lange habe man sich dank der Zusammenarbeit mit dem Kunstverein die drei Bäume gesichert, sagte Niedergesäß als er im Beisein eines vierten Baumes - der festlich geschmückten Tanne des Landratsamtes - und der Kreisräte die Skulpturen offiziell vorstellte. Seitens der Kreistagsmitglieder gab es ebenfalls wohlwollende Worte zu den Kunstwerken. Was insofern erwähnenswert ist, als man im Gremium bei der ersten Vorstellung der Kunstaktion nicht komplett davon überzeugt war. Von "Stempen" war da abschätzig gesprochen worden, auch die Bezeichnung "Totempfähle" war zu hören.

Davon war nun natürlich keine Rede mehr, die drei Holzskulpturen seien das Produkt eines "guten Dialoges" zwischen dem Landkreis und seinen Künstlern, lobte Niedergesäß. Er stellte sich vor, dass die Symbole seiner drei Amtsvorgänger "alternierend im Haus" aufgestellt werden - also im Landratsamt auf Tour gehen könnten. Dass es nur drei und nicht fünf sind - so viele Landräte hatte es in Ebersberg bis zur Fällung der Bäume gegeben - liegt zum einen daran, dass die Tradition, dass jeder Landrat einen Baum pflanzt, erst mit Streibl begann. Der Jagdverband des Landkreises hatte diese eingeführt. Zum anderen hatte Niedergesäß' Vorgänger Gottlieb Fauth seinen Baum so gepflanzt, dass er die Generalsanierung unbeschadet überstand. Trotzdem scheint man bei den Stiftern der Setzlinge etwas vorsichtiger geworden zu sein, meinte Niedergesäß: "Zu meinem Amtsantritt hat der Jagdverband keinen Baum mehr gestiftet."

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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