Kreistag Ebersberg:CSU übt Kritik an Anti-AfD-Votum

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SPD und Grüne im Kreistag wehren sich gegen Vorwürfe

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

CSU-Kreisrat Martin Lechner wirft mehreren Fraktionen des Ebersberger Kreisgremiums Eidbruch bei einem Sitzungsvotum Anfang Oktober vor. Dies erklärte Lechner dem Plenum in der zweiten Kreistagssitzung des Monats Ende Oktober. In besagter Abstimmung war es darum gegangen, ob die AfD-Fraktion Sitze in den Ausschüssen bekommen sollte. Zwar hatten sich alle Fraktionen (mit Ausnahme der AfD selbst) per Wortmeldung dagegen ausgesprochen. In der offiziellen Abstimmung votierte das Gremium aber mit 27 zu 19 Kreisräten dafür. Die Gegenstimmen kamen von Grünen, ÖDP, Linken und - bis auf eine Ausnahme - der SPD. Hier setzte nun die Kritik von Kreisrat Lechner an, der den Fraktionen ein Fehlverhalten vorwirft. Man habe sich im Gremium "an den Eid zu halten und an die Landkreisverordnung", so Lechner. 19 Mitglieder hätten sich dem verweigert. Er forderte "Regeln, wie künftig zu Verstößen" zu verfahren sei.

Hintergrund der Argumentation des stellvertretenden Sprechers der CSU/FDP-Fraktion: Laut Geschäftsordnung stehen jeder Gruppierung mit drei und mehr Sitzen sowohl Fraktionsstatus wie Mitgliedschaft in den Ausschüssen zu. Würde der Kreistag im Falle der AfD - mit ihren mittlerweile drei Sitzen - anders entscheiden, wäre dies ein rechtswidriger Beschluss, die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde würde einschreiten. Mit der Folge, dass die Ausschüsse de jure unbesetzt seien. Die Kreispolitik wäre handlungsunfähig, die anstehende Aufstellung des Haushaltes wohl nicht möglich.

Die Reaktion auf Lechners Kritik folgte in Person des Fraktionssprechers der SPD Albert Hingerl. Er erachte es als eine "Zumutung und Anmaßung, uns zu sagen, was Demokratie und Meinungsbildung ist", sagte Hingerl in Richtung Lechner. "Mein Demokratieverständnis ist es, so abzustimmen, wie ich es auch meine", so Hingerl. Dem folgte ein Redebeitrag von Grünen-Fraktionssprecherin Waltraud Gruber, die ihrerseits das Abstimmungsverhalten verteidigte. "Was nicht passieren darf, dass insgesamt dagegen gestimmt wird, aber wir haben unsere Meinung zum Ausdruck gebracht, dass wir nicht einverstanden sind mit dieser Regel", so Gruber. Ihre Einschätzung: "Wir waren absolut im grünen Bereich."

Dass es überhaupt zu einer solch verhängnisvollen Situation kommen konnte, hat mit den Vorgängen rund um den früheren Vaterstettener AfD-Gemeinderat und jetzigen AfD-Kreisrat Manfred Schmidt zu tun. Diesem war vorgeworfen worden, meist ältere Personen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf die Listen gesetzt zu haben. Bei einem der nach eigenen Angaben unfreiwilligen Kandidaten hatte es Zweifel an seiner Wählbarkeit gegeben, weshalb die AfD zunächst nur zwei Kreistagssitze erhalten hatte. Die Regierung von Oberbayern hatte auf Beschwerde der Rechtspopulisten hin das Wahlergebnis korrigiert, worauf die Bayernpartei einen Sitz verlor. Heidelinde Pelz aus Vaterstetten (AfD) ersetzte Robert Böhnlein von der Bayernpartei.

Zum Finale der Debatte ergriff Landrat Robert Niedergesäß (CSU) das Wort, der bei der Abstimmung Anfang Oktober verhindert war. Ein vermeintlicher "Formalakt" habe sich aufgrund der Konstellation politisch zugespitzt, so Niedergesäß, der zur Diplomatie mahnte. Man solle "den Kreistag jetzt nicht in Good Cop und Bad Cop unterteilen". Martin Wagner, Sprecher der CSU/FDP-Kreistagsfraktion, wählte in seinem Statement einen schärferen Tonfall: Das Votum habe gezeigt, "dass die CSU-Fraktion nicht für rechtswidrige Beschlüsse zu haben ist". Ob das Wahlverhalten der Beschlussgegner juristisch anfechtbar war? Bisher hat sich aus München offenbar niemand in Ebersberg beschwert.

© SZ vom 04.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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