Jugendarbeit:Neue Eigenständigkeit

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Eine der vielen Aktionen des Kreisjugendrings: Im Klosterbauhof organisierte er im vergangenen September eine "Lebendige Bibliothek", bei der man Spannendes aus dem Leben anderer Menschen erfahren konnte. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Landkreis Ebersberg und der Kreisjugendring schließen einen Grundlagenvertrag.

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Zum ersten Mal haben Landkreis und Kreisjugendring (KJR) einen Grundlagenvertrag für ihre Zusammenarbeit beschlossen. Er macht den KJR einerseits politisch und operativ unabhängiger. Andererseits legt die Vereinbarung Aufgabenfelder fest, an denen die Arbeit des KJR gemessen wird. Zudem sind die KJR-Mitarbeiter künftig nicht mehr formal beim Landkreis angestellt, sondern beim Bayerischen Jugendring (BJR).

An den Aufgaben des Kreisjugendrings ändert sich dadurch nichts. Er ist als Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände und Jugendgruppen im Landkreis eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Satzung des Bayerischen Jugendrings bleibt unverändert gültig. Wohl aber fixiert der Vertrag zahlreiche in der Vergangenheit vor allem mündlich getroffene Abmachungen zwischen Landkreis und KJR nun schriftlich. Die vorige Vereinbarung, eine vergleichsweise rudimentäre, stammt noch aus dem Jahr 1993.

Und seitdem habe sich einiges geändert in der Arbeit des Kreisjugendrings, erläutert Vorsitzender Lukas Müller. "Sie ist deutlich vielschichtiger geworden, hat eine starke Professionalisierung durchgemacht." Nicht, dass es früher an Engagement gemangelt hätte, betont der 27-Jährige. "Aber es ist ein großer Unterschied, ob, wie früher, Leute am Abend nach der Uni ehrenamtlich Projekte auf die Beine stellen, oder ob die hauptamtlichen Ressourcen da sind, acht Stunden am Tag an einem Projekt oder einer Kampagne zu arbeiten."

Genau diese Entwicklung habe der KJR in den vergangenen Jahren durchgemacht: "Heute haben wir die Man- und Womanpower, um viele verschiedene Themen wie Antidiskriminierung oder Integration und Inklusion, Arbeit gegen Sexismus und kulturelle Bildung gleichzeitig und kontinuierlich bearbeiten zu können."

Landrat Robert Niedergesäß und Lukas Müller, der Vorsitzende des Kreisjugendrings, sprechen von einer guten Partnerschaft. (Foto: Landratsamt Ebersberg/oh)

Dass dem so ist, lässt sich auch an der Personalausstattung der Organisation ablesen. In den 1990er Jahren habe der KJR neben dem ehrenamtlich tätigen Vorstand eine Vollzeitstelle in der Geschäftsführung und eine halbe Stelle in der Verwaltung bereitgestellt. Die Vorstandsposten sind nach wie vor Ehrenämter. Mittlerweile aber finanziert der Landkreis zusammen fast fünfeinhalb Stellen. Dazu kommen aber einige weitere Stellen über Drittmittel, die Partnerschaft für Demokratie, die der Bund bezahlt.

"Der Landkreis ist dabei ein verlässlicher Partner, der die KJR-Arbeit begleitet und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellt", erläuterte Landrat Robert Niedergesäß (CSU). "Was allerdings die operative Jugendarbeit angeht, da liegt die Expertise beim Kreis-, respektive dem Bayerischen Jugendring." Insofern sei es nur folgerichtig, wenn diese auch selbst das Personal einstellten. Ohne Gegenleistung, wie so oft, gibt es die Eigenständigkeit nicht. "Indem der Vertrag klare Aufgabenbereiche definiert, ist für den Landkreis auch nachvollziehbarer, wofür die Zuschüsse ganz konkret verwendet werden."

Was die KJR-Aufgaben angeht, formuliert der Grundlagenvertrag zum Beispiel die "Beratung, Unterstützung und Förderung der offenen Jugendarbeit im Landkreis", die "Aus- und Fortbildung Ehrenamtlicher" in der Jugendarbeit sowie Bildungsmaßnahmen und Jugendkulturveranstaltungen. Dazu gehören auch die "präventive und aufklärende Arbeit gegen Extremismus, Sexismus und andere antidemokratische Strukturen, insbesondere gegen rechte Ideologien" sowie der "Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt, Übergriffen und Grenzverletzungen in Organisationen, Angeboten und Einrichtungen".

Personal- und Sachkosten stellt der Landkreis laut Grundlagenvertrag dem KJR mindestens in Vorjahreshöhe zur Verfügung. Für Mittel zur Förderung der Jugendarbeit wie Zuschüsse oder für Projekte und Aktivitäten sind nach wie vor Kreistagsbeschlüsse nötig. Neu ist, dass der KJR aus genehmigten, aber nicht abgerufenen Geldern Rücklagen für seine Arbeit in den Folgejahren bilden kann. Dem zentralen Controlling im Landratsamt hat der KJR Jahresrechnungszahlen, Haushaltsplanung und Mittelanträge zu festgelegten Stichtagen vorzulegen.

Nicht neu dagegen ist das Landkreis-KJR-Konstrukt selbst: "In etwa der Hälfte der bayerischen Landkreise ist es im Kern schon so eingeführt", ordnete Landrat Niedergesäß ein. "Und wir hören, dass die Erfahrungen damit sehr gute sind."

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