Etatberatungen:Der große Knall

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Landrat Robert Niedergesäß hat eine politische Niederlage erlitten - die Auswirkungen für den Kreis sind noch unklar. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine heftige Ohrfeige für Landrat Robert Niedergesäß (CSU): Der Kreisausschuss lehnt den Haushaltsentwurf für 2022 ab. Wie geht es nun weiter?

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Fassungslos blickt der Landrat in den Saal, als ihm klar wird, was die erhobenen Hände ihm da signalisieren: eine große Niederlage für ihn selbst nämlich und dem Landkreis möglicherweise eine Zeit finanzieller Unsicherheit. Sechs Hände sind oben, als er fragt, wer für den Etatentwurf des Landkreises für 2022 stimmt. Sieben Hände sind es bei der Gegenfrage. Damit ist der Haushalt erst einmal durchgefallen. Und die Frage ist: Wie geht es weiter?

Dabei hatte sich schon bei den vorangegangenen Vorberatungen in den Fachausschüssen angedeutet, dass dieses Jahr der Haushalt bei weitem nicht so harmonisch durchflutschen würde wie in den meisten Vorjahren. Für Ebersberger Verhältnisse wurde teils heftig gestritten - das ging beispielsweise so weit, dass Bianka Poschenrieder von der SPD Landrat Robert Niedergesäß (CSU) und seiner Finanzmanagerin Brigitte Keller vorwarf, persönlich mit für den Klimawandel im Landkreis verantwortlich zu sein.

Der Klimaschutz war eines der großen Streitthemen, und die Frage: Kann es sich der Landkreis leisten, noch viel mehr Geld für diesen Bereich auszugeben? Oder kann er es sich leisten, das nicht zu tun? Für die seit der Wahl 2020 stark angewachsene Fraktion der Grünen ist die Antwort klar, es müsste mehr getan werden: mehr Stellen, mehr Geld.

Der Haushalt habe keine Zukunft, urteilt man bei der SPD

Auch die SPD tendierte in diese Richtung, sie fühlte sich aber auch bei anderen Themen vom Landrat und der Mehrheit missachtet, die immer wieder Vorschläge der SPD abschmetterte, zuletzt die nach einer Kommunalanleihe. Weil die Verwaltung bei diesem Thema auch die Arbeitsstunden aufgerechnet hatte, die der Antrag verursacht hatte, war der Aufschrei groß: "Demokratiefeindlich" sei das, befanden SPD, Grüne, Freie Wähler und die Ausschussgemeinschaft aus ÖDP und Linken danach in einer Pressemitteilung.

"Wir werden dem Haushalt so nicht zustimmen, weil wir nicht glauben, dass er Zukunft hat", kündigte Albert Hingerl als Fraktionssprecher der SPD am Mittwoch an. Ebenso ließ Benedikt Mayer keinen Zweifel daran, dass die Grünen es genauso halten würden. Zu wenig Geld für den Klimaschutz und für die Jugendhilfe, der geplante Einstellungsstopp im Landratsamt, zu wenig Transparenz bei den Investitionen für die Kreisklinik, das waren die Gründe, die er anführte. Auch AfD-Fraktionschef Manfred Schmidt kündigte ausführlich an, dass er dem Etatentwurf nicht zustimmen wolle. Wilfried Seidelmann von den Freien Wählern machte vor allem Anmerkungen zur geplanten Erhöhung der Kreisumlage um einen Punkt auf dann 47 Punkte. In seinen Augen wäre das eine Erhöhung, die man akzeptieren könne, sagte Seidelmann. Doch in seiner Fraktion, der auch die Bayernpartei angehört, gebe es hier "kein homogenes Meinungsbild". Insgesamt, so Seidelmann, müsse der Landkreis künftig bei seinen Plänen etwas mehr Bescheidenheit walten lassen.

Eigentlich sollte der Haushalt am 13. Dezember verabschiedet werden

Trotz der vielen Widerreden ließ der Landrat letztlich über den Entwurf, über den seit Frühsommer in verschiedenen Gremien diskutiert wurde, abstimmen; offenbar in der Überzeugung, dass es - wenn auch knapp - schon klappen würde. Doch neben Grünen, SPD und AfD lehnte auch FW-Vertreter Seidelmann den Etatentwurf ab - und kippte somit die Entscheidung. "Dann haben wir jetzt keinen Haushalt", sagte der Landrat mit versteinerter Miene. Er wünsche weiter gute Beratungen darüber, wie es jetzt weitergeht, "ich habe dazu keinen Vorschlag".

Auch CSU/FDP-Fraktionschef Martin Wagner zeigte sich am Rande der Sitzung verblüfft und konsterniert. Er habe einige Tage vor der Sitzung noch mit Wilfried Seidelmann von den Freien Wählern gesprochen, sagte er, und dabei das Signal empfangen, dass dieser dem Haushalt zustimmen wolle. Da von den Freien Wählern auch keine Verbesserungsvorschläge für den Etatentwurf gekommen seien, auf die man hätte eingehen können, sei er davon ausgegangen, dass sich an dieser Haltung auch nichts geändert habe.

Eigentlich sollte der Haushalt in der Sitzung des Kreistags am 13. Dezember endgültig verabschiedet werden. Ob diese Sitzung wie geplant stattfindet, ist jetzt unklar. Zwar kann das Kreistagsplenum grundsätzlich auch Beschlüsse der vorberatenden Ausschüsse umwerfen - ob dies auch für die Abstimmung über den Haushalt gelte, müsse man jetzt erst einmal von der Rechtsaufsicht prüfen lassen, sagte Wagner. Und man müsse natürlich auch überlegen, ob man diesen Weg versuchen wolle. Möglicherweise handeln die Fraktionen aber auch hinter verschlossenen Türen Kompromisse aus - im schlimmsten Fall muss das Werk noch einmal komplett aufgeschnürt werden. Dann würde der Landkreis ohne Haushalt ins neue Jahr gehen und dürfte in dieser haushaltslosen Zeit nur nach strengen Regeln wirtschaften - große Pläne und Projekte lägen erst einmal auf Eis.

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