Kirchseeon/München:Ein Spezialist fürs Schräge

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Alexander Liegl schrieb den Film "Falsche Siebziger", der an diesem Mittwoch im Fernsehen zu sehen ist

Von Anja Blum, Kirchseeon/München

Seine Spezialität sind die schrägen Seiten des Lebens, das Absurde. Wer Alexander Liegl mal ganz direkt fragt, warum das so ist, bekommt eine ebenso direkte Antwort: "Ich bin ein Kaiserschnitt." Das ist, Liegl zufolge, die Voraussetzung für seltsames Verhalten. Oder besser gesagt: nur eine Voraussetzung. Denn da gäbe es schon noch mehr. Zum Beispiel Liegls Kindheit in Kirchseeon als Sohn eines Eisenbahn-Beamten. "Als Kind konnte ich kein Auto vom anderen unterscheiden. Loks, ja Loks schon. Bei uns daheim gab's auch kein Auto."

In Alexander Liegls Leben gibt es übrigens bis heute kein Auto. Er hat nicht mal einen Führerschein. Trotzdem kommt der Kabarettist, Schauspieler und Autor, der mittlerweile in München lebt, überall hin. Zumindest dorthin, wohin er will. Zum Beispiel ins Baadercafé im Glockenbachviertel, denn da trifft Liegl sich immer mit Regisseur und Autor Matthias Kiefersauer. Und genau dort haben die beiden Männer etwa fünf Jahre lang am Drehbuch von "Falsche Siebziger" geschrieben, einer schwarzhumorigen Komödie, die die ARD an diesem Mittwoch, 13. September, um 20.15 Uhr ausstrahlt.

Ein Dorf lebt von der Rente seiner Verstorbenen - so lautete die Idee des Films. Sie stammt allerdings weder von Liegl noch von Kiefersauer, sondern wurde vom BR an das Autorenduo herangetragen. "Ein gesamtes Dorf, das braucht mehrere Figuren. Und wir haben versucht, sie gleichberechtigt zu erzählen", sagt Kiefersauer, der auch Regie geführt hat. Deswegen gibt es in "Falsche Siebziger" keine Hauptfigur, oder eigentlich gleich sieben.

In "Falsche Siebziger" geht es also um Tote, die offiziell weiterleben müssen, damit manch ein Familienmitglied, das in finanziellen Schwierigkeiten steckt, deren Rente weiter kassieren kann. Alexander Liegl hat aber nicht nur am Drehbuch mitgearbeitet, sondern ist auch in einer Nebenrolle zu sehen: "Er fand es herrlich, als Wolfi Trost so richtig schrecklich angezogen zu werden", erinnert sich Kiefersauer an die Dreharbeiten.

Premiere feierte der Film beim Münchner Filmfest im Gasteig, war aber dann trotzdem auch beim Starnberger Fünfseen-Filmfestival zu sehen, dessen Veranstalter eigentlich nicht viel davon hält, Filme zu zeigen, die bereits in München zu sehen waren. Aber an "Falsche Siebziger" kam er wohl nicht vorbei.

Das mag auch daran gelegen haben, dass dieser Film viele regionale Komponenten beinhaltet. Gedreht wurde in Bad Tölz, in Wolfratshausen und vor allem im Münsinger Ortsteil Holzhausen am Ostufer des Starnberger Sees. Obwohl der Ort, an dem das Ganze spielt, eigentlich in Niederbayern liegt: "Hier würde einem einen Rentenbetrug ja keiner abkaufen. Die Leut' hier haben ja genug Geld", sagt Liegl.

Er und Kiefersauer arbeiten bereits seit vielen Jahren eng zusammen. Auch so ein Punkt, der typisch ist für Liegl: Er ist ein Netzwerker, aber einer, der sich nicht um das modern gewordene Networking kümmert. "Das passiert einfach." Und zwar bereits seit seiner Schulzeit, als er mit Freunden in Ebersberg das Kabarettensemble Gruppo di Valtorta gründete und mit ihm den Weg vom Laien zum Profi einschlug.

Die Valtorta-Mitglieder kennt Liegl alle heute noch gut, mit Markus Bachmaier etwa verwandelte er das Alte Kino in eine Kleinkunstbühne. Aber da sind noch andere: Mit Michael Altinger verbindet ihn nicht nur die Arbeit, wie das gemeinsame Programm "Platzende Hirsche", sondern auch eine Freundschaft. Mit Regisseurin Gabi Rothmüller, mit der er im Dezember wieder "Siegfried" auf die Bühne bringt, ist er seit Jahren liiert. Und auch Kiefersauer, früher selbst Valtorta-Fan, ist längst ein Freund. Einer, so Liegl, der mehr Talent für Struktur habe als er selbst: "Ich bin für das Chaos zuständig. Für das Schräge." Wahrscheinlich auch für die pinkfarbene Stretchlimousine, die in "Falsche Siebziger" zu sehen ist. Liegl findet sie "toll". Vielleicht auch, weil er diesmal weiß, um welches Auto es sich handelt.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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