Bürgerversammlung Kirchseeon:Ein Rathaus zum Anfassen

Lesezeit: 3 min

Den direkten Kontakt mit der Bevölkerung suchten Kirchseeons Rathauschef Jan Paeplow (Zweiter von links) und seine Mitarbeiter - hier Bauamtsleiterin Silke Mohs - bei der diesjährigen Bürgerversammlung. (Foto: Christian Endt)

Nach zwei Jahren Corona-Pause geht die Marktgemeinde Kirchseeon bei ihrer Bürgerversammlung neue Wege. Das interaktive Konzept wird gut angenommen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Bürgerversammlungen sind ja gerne mal etwas trockene Veranstaltungen. Dessen war man sich offenbar auch im Kirchseeoner Rathaus bewusst, wo Chef Jan Paeplow (CSU) deshalb ein recht innovatives Format ins Leben gerufen hat: das Bürgerform des Marktes Kirchseeon. Hier sollten nicht lange Reden des Bürgermeisters im Fokus stehen, sondern die Interaktion der Rathausmitarbeiter mit der Bevölkerung. Nach der, wie es Bürgermeister Paeplow nannte, "Generalprobe" vergangene Woche in der Kirchseeoner ATSV-Halle, kam nun am Mittwochabend "die Kür" im Eglhartinger Hubertus-Schützenheim. Bei den etwa 50 Besuchern kam die neue Bürgerversammlung gut an, vor allem der Austausch mit den Fachexperten wurde rege genutzt.

An den verschiedenen Ständen ging es dabei um die kleinen und die großen Dinge - etwa die Frage, ob man eigentlich auch Batterien am Wertstoffhof abgeben könne (Ja, kann man), aber auch über Bauangelegenheit bis hin zum weiteren Fahrplan für den Umzug des Seniorenzentrums. "Die Idee für das neue Format ist eine Verwaltung zum Anfassen", sagte Bürgermeister Paeplow. Alle Informationen hätten die Fachabteilungen selbst zusammengestellt- vom Bau- und Umweltamt, über die Finanzverwaltung und die Feuerwehren bis zur Klimaschutzmanagerin waren alle wichtigen Stellen des Rathauses vertreten. "Ich bin da nicht mit Zensur drüber gegangen", versicherte Paeplow, der auf diese Weise maximale Transparenz seiner Behörde gewährleisten wolle.

Nach wie vor hakt es bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer

Tatsächlich gewährten die einzelnen Abteilungen Einblicke, die man ohne diese Veranstaltung mühsam hätte zusammentragen müssen. In Kurzreferaten stellten die jeweiligen Fachbereichsleiter ihre tägliche Arbeit vor und gaben einen Ausblick darauf, was auf die Marktgemeinde in nächster Zeit zukommen wird. Recht erfreuliche Nachrichten gab es dabei etwa von Kämmerin Christiane Prosser. Die Entwicklung der Steuereinnahmen gebe Anlass zur Hoffnung, "dass die schlimmsten Auswirkungen von Corona bereits hinter uns liegen". Dennoch habe eine sparsame Haushaltsführung angesichts der anstehenden Investitionen - etwa die umfassenden Sanierungen von Hallenbad und Grundschule Eglharting - weiterhin oberste Priorität. Nach wie vor ein Problem seien aber die im Vergleich zu anderen Gemeinden niedrigen Gewerbesteuereinnahmen. Daran, so Prosser, werde sich so schnell auch nichts ändern lassen, denn in der Marktgemeinde gebe es schlicht zu wenig freie Flächen für die Ansiedlung neuer Betriebe.

Den Schwenk vom Geld zum Menschen übernahm anschließend Rainer Schott vom Amt für Soziales, Familie und Senioren, der unter anderem von der Situation der Ukraine-Flüchtlinge in Kirchseeon berichtete. Die Solidarität der Bevölkerung sei groß, so Schott, mehr als 200 der in der Gemeinde lebenden Flüchtlinge seien bei Privatleuten untergebracht. Die Fachbehörde unterstütze die Ankömmlinge etwa bei Anträgen, medizinischer Behandlung und der Suche nach einer Unterkunft.

Die Gemeinde will einen digitalen Kummerkasten für die Bürger einführen

Aber nicht nur Flüchtlingen wird im Kirchseeoner Rathaus geholfen, auch der Service für die einheimische Bevölkerung werde stetig verbessert, sagte Hauptamtsleiter Michael Barthuber. "Eine öffentliche Verwaltung muss immer mehr auch Dienstleister sein." Zwar könnten viele Anliegen bereits jetzt online bearbeitet werden, dennoch wolle man die Digitalisierung weiter vorantreiben. So soll demnächst etwa auch ein Beschwerdesystem für die Bürgerinnen und Bürger eingerichtet werden. Ein "Zukunftsprojekt", wie Barthuber sagte, sei zudem ein zentrales Service-Center im Rathaus, das wie eine Art Empfang für die Gäste gestaltet werden soll.

Von denen könnten in den nächsten Jahren immer mehr kommen, denn die Marktgemeinde wächst stetig weiter - im vergangenen Jahr um 1,25 Prozent auf nun 11 154 Einwohner. Dafür, dass dieses Wachstum in geregelten Bahnen verläuft, soll die neu geschaffene Stabstelle Ortsentwicklung sorgen. Zusammen mit den Experten des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum wird dort ein Konzept erarbeitet, wie sich die Gemeinde in den nächsten Jahrzehnten entwickeln soll.

In Sachen Klimaschutz gibt es Nachholbedarf

Einen Blick in die Zukunft warf auch Klimaschutzmanagerin Melanie Fuchs, die dem Markt ein eher durchwachsenes Zwischenzeugnis ausstellte. "Wir müssen noch einiges tun", erklärte Fuchs angesichts des Anteils von lediglich 8,1 Prozent erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch. Für Schwung sorgen soll etwa eine rund zwei Hektar große Freiflächen-Solaranlage in Neukirchen, deren Bau der Gemeinderat kürzlich auf den Weg gebracht hat. Außerdem wolle man Fuchs zufolge in diesem Jahr die komplette Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen umrüsten, wodurch sich der Stromverbrauch um knapp 70 Prozent reduzieren ließe.

Auch Bürgermeister Jan Paeplow wagte zum Abschluss noch einen kleinen Ausblick, in dem er unter anderem die Hoffnung äußerte, dass es mit dem Spatenstich für den Neubau des Seniorenzentrums auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände noch in diesem Jahr klappen könnte. Deutlich bedeckter hielt sich der Rathauschef bei der Antwort auf eine Bürgerfrage, wie es denn nun mit dem Bahnschwellen-Gelände weitergehe. Es gebe grundsätzliche Ideen, wie sich die Fläche gestalten ließe, so Paeplow, "aber es sind noch viele Hausaufgaben zu machen". Fest stehe jedoch bereits, dass dort eine Mischbebauung aus Wohnen, Gewerbe und Naherholung angestrebt wird.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: