Kultur aus Grafing:Infotainment statt Konzert

Lesezeit: 2 min

So charmant wie begnadet: Die südafrikanische Sängerin Simangel "Sima" Mashazi kann leider nur virtuell beim Jazzday in Grafing dabei sein. (Foto: Veranstalter)

Die Musikerinitiative "Jazz Grafing" bietet zum internationalen Jazzday 2020 ein Onlineprogramm

Von Anja Blum, Grafing

Eigentlich hätte er ein schwungvolles Fest werden sollen, der International Jazzday am Donnerstag, 30. April, in Grafing. Man hatte zwei hochkarätige Musiker aus dem diesjährigen Gastgeberland Südafrika eingeladen, die Sängerin Sima Mashazi und den Bassisten Schalk Joubert. Geplant waren ein einwöchiger Workshop und ein Konzert in der Stadthalle mit einheimischen und weiteren internationalen Gastmusikern. "Südafrikanische Musik, das heißt richtig Stimmung und Tanz", sagt Frank Haschler, Sprecher der Musikerinitiative Jazz Grafing, und man merkt ihm das Bedauern über die Absage deutlich an. Aber Aufgeben, das kommt für die Jazzer im Landkreis freilich nicht infrage. Deswegen haben sie umgeplant - und werden den Jazzday nun online begehen: mit einem lebendigen Infotainment-Programm, das sowohl der lokalen Szene, als auch dem internationalen Geschehen Tribut zollt - wie beim Festival EBE-Jazz üblich.

Der von der Unesco 2011 ausgerufene Internationale Jazzday (IJD) bringt an jedem 30. April Musiker, Gemeinden, Schulen, Künstler, Historiker, Akademiker und Fans auf der ganzen Welt zusammen, um den Jazz als diplomatischen Botschafter zu feiern: Jazz soll das Bewusstsein für die Notwendigkeit des interkulturellen Dialogs und des gegenseitigen Verständnisses schärfen. Parallel zu einem in Kapstadt stattfindenden großen All-Star-Global-Concert sollten diesmal in mehr als 190 Ländern Konzerte veranstaltet werden. Jazz Grafing ist über den Kircheseeoner Bassisten Martin Zenker international hervorragend vernetzt und hätte sich heuer bereits zum vierten Mal mit einem Konzert am IJD beteiligt.

Doch nun ist Corona - und damit alles anders. Sima Mashazi und Schalk Joubert können nicht nach Deutschland reisen, werden also am Grafinger Jazzday nur per Video vertreten sein. Gesendet wird live aus der Turmstube der Stadthalle, geplant ist eine abwechslungsreiche Mischung aus Gespräch und "Videoschnipseln", wie Haschler erklärt. "Das Ganze soll etwa eine Stunde dauern." Drei Vertreter von der Initiative Jazz Grafing, neuerdings ein eingetragener Verein, sowie Sepp Ametsbichler, Leiter der EBE-Jazz-Bigband, werden erzählen, Sebastian Schlagenhaufer, Chef der Stadthalle, moderiert. Zuschauer sind bei diesem Livestream unbegrenzt zugelassen, die Onlinetickets werden kostenlos sein. Wer mag, soll sich über eine Kommentarfunktion aktiv beteiligen können.

So will Jazz Grafing "die Gelegenheit nutzen zu zeigen: Wir sind noch da!" - auch wenn momentan keine Konzerte und Sessions stattfinden können. Die Initiative möchte sich vorstellen, zurückblicken auf die vergangenen Konzerte und Festivals, an lokale wie internationale Sternstunden erinnern. Es wird Interviews geben, jede Menge Anekdoten und überdies einen Ausblick. Freilich ist dass Bedauern groß, dass derzeit kein Livejazz stattfinden kann - bei Onlineformaten fehle ihm persönlich immer der "Stallgeruch", sagt Drummer Haschler - doch an Veranstaltungen auf Tuchfühlung könne man wohl erst ab September wieder denken. Hinzu kommt für die Grafinger Initiative, dass die Zukunft ihrer Hauptspielstätte, der sanierungsbedürftigen Stadthalle, momentan ungewiss ist: Planungen für die Zeit ab Januar sind laut Haschler daher nicht möglich. "Aber wir stünden natürlich parat", versichert er. Auch was EBE-Jazz 2021 angeht, stehe noch vieles in den Sternen. "Es wird vermutlich wenig Fördergelder geben, außerdem verschieben sich gerade viele Festivals von 2020 auf das kommende Jahr." Sorgen machen sich die Grafinger freilich auch um die ganze Szene: Die Corona-Krise sei für alle Profis, vom Studenten bis zum Professor, eine echte Katastrophe, sagt Haschler. Was das alles für den Jazz Landkreis bedeutet, kann heute noch niemand abschätzen.

© SZ vom 23.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: