Es ist ein perfekter Sommerabend, ideal eigentlich, um sich mit Freunden zu treffen und ein bisschen zu feiern. Doch nach Feiern ist den jungen Männern am Sonntagabend absolut nicht zumute, sie stehen in kleinen Grüppchen vor dem Tor zu ihrer Unterkunft und diskutieren - beunruhigt und niedergeschlagen sind die 32 Flüchtlinge aus Somalia, Senegal, Eritrea und Sierra Leone, seit sie vor ein paar Tagen erfahren haben, dass sie aus den Wohncontainern in Grafing in die Traglufthalle nach Pliening umziehen sollen.
In das "Camp" wolle niemand, sagt Omar Ahmed Ahmed, der aus Somalia nach Deutschland gekommen ist. Man habe sich eingelebt, kenne die Leute in Grafing: "They love us and we love them", sagt er. Vier Umzüge hat er bereits hinter sich, nun habe er Freunde gefunden, hoffe auf einen Job in einer Bäckerei und freue sich auf die Fußballspiele mit seinem Team "Black Bears". Der 19-jährige Yusuf Kamara, Kapitän der Mannschaft, fürchtet ebenso wie sein Mitbewohner, dass er in Pliening wieder völlig von vorne anfangen muss.
Der Wunsch war, in ein Haus umzuziehen
Eigentlich, das sagen die beiden und auch viele ihrer Mitbewohner, hatten sie gehofft - wenn schon - in ein richtiges Haus umziehen zu dürfen, das hätten auch die Vertreter des Landratsamts immer wieder gesagt. Diallo Abou steht still am Rand, später erzählt er, für ihn sei das Zusammenleben mit zehn Leuten in einem Raum schon sehr schwierig, seit langem habe er ständig Kopfschmerzen und Magenprobleme. Völlig am Boden zerstört wirkt er angesichts der Perspektive, dass er künftig mit fast 270 anderen Flüchtlingen in einer großen Halle leben soll.
Keiner der Bewohner habe seinen Koffer gepackt, auch das Schreiben des Landratsamts, das über die Verlegung informiere, hätten die Bewohner nicht entgegengenommen, sagt Lilli Kajnath vom Helferkreis. Sie hat zwar versucht, den jungen Männern zu vermitteln, dass Proteste wohl nicht allzu viel bringen werden. Aber auch sie selbst ist verärgert: "Da wird auf der einen Seite immer getönt, wie wichtig Integration ist, doch gemacht wird was ganz anderes." In einem offenen Brief haben sich viele Grafinger und Unterstützer aus anderen Gemeinden beim Landrat und beim Regierungspräsidenten dafür stark gemacht, den Umzug vorerst auszusetzen.
Der Landrat bittet, der Unterkunft eine Chance zu geben
Doch daraus wird nichts, das hat Landrat Robert Niedergesäß nun seinerseits in einem Brief an die Helfer klar gemacht. Die Verlegung stehe nicht zur Disposition, man sei von der Regierung von Oberbayern aufgefordert, die Traglufthalle in Pliening komplett zu belegen, da sie vollständig ausgestattet und mit Catering versorgt werde. Durch das parallele Aufrechterhalten der kleinen Standorte - wie etwa in Grafing - entstünden hohe Kosten, die nicht erforderlich seien. "Die Asylunterbringung folgt immer den Grundsätzen der sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel und der Wirtschaftlichkeit, auch zum Wohle der Steuerzahler", unterstreicht der Landrat in seinem Brief. Zudem sei die Unterbringung in der Halle "keinesfalls schlechter", die Schlafeinheiten seien sogar etwas kleiner als in Grafing, der Caterer sei erfahren. Auch in Pliening seien engagierte Helfer bereit, sich um die Menschen zu kümmern, auch hier könne Integration funktionieren.
An die Helfer in Grafing richtet der Landrat einen Appell: Er wolle darum bitten, schreibt er, "der Unterbringung in Pliening eine Chance zu geben, ohne diese bereits im Vorfeld zu verteufeln, und an einem positiven Prozess mitzuwirken". Auch ein Gespräch, um das die Helfer gebeten hätten, könnte jedenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen.