Grafinger Finanzen:Von Rot auf Dunkelgelb

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Das Grafinger Gewerbegebiet Schammach, wo unter anderem Cadfem angesiedelt ist, soll der Stadt steigende Steuereinnahmen bescheren. (Foto: Christian Endt)

Immer im Herbst erhalten Städte und Gemeinden vergleichsweise verlässliche Prognosen zu den Einnahmen aus Einkommens- und Gewerbesteuer. Für Grafing gibt es erstmal gute Nachrichten - doch sie sind trügerisch.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Als im Frühsommer in allerlei Grafinger Ecken allerlei Wünsche für die nächsten Straßensanierungen formuliert wurden, wollte Bürgermeister Christian Bauer (CSU) sich darauf gar nicht erst einlassen. Angesichts knapper Kassen und anstehender Großprojekte wie dem neuen Feuerwehrhaus müsse die Liste kurz bleiben. "Wir schaffen eine Straße im Jahr", sagte Bauer. "Oder, mit etwas Glück, zwei kurze."

Ein Aufatmen hinsichtlich der notorisch klammen Grafinger Stadtfinanzen ermöglichen auch die neuen Zahlen nicht, ein Durchatmen aber allemal: Die voraussichtlichen Zuweisungen an Einkommenssteuer sowie die Gewerbesteuereinnahmen liegen in Grafing spürbar höher, als zum Jahresanfang noch prognostiziert. Laut aktuellem Zwischenbericht der Kämmerei wird die Stadt den Ansatz bei der Gewerbesteuer wohl um rund 730 000 Euro übertreffen, die Summe liegt bei 6,7 Millionen Euro. Bei der Einkommenssteuer rechnet die Stadt mit Einnahmen von rund 12,2 Millionen. Das wäre exakt der bei der Haushaltsaufstellung im März angepeilte Wert.

Insgesamt darf man sich über elf Prozent mehr Einnahmen als 2022 freuen

Grafing kann sich also über Einnahmen in Höhe von 18,9 Millionen Euro freuen. Das sind rund elf Prozent mehr als der Rekord im Jahr 2022. "Zuwächse, die wir wirklich gut gebrauchen können", ordnete Bauer die Zahlen gegenüber der SZ ein. Neues Feuerwehrhaus, eine langfristige Lösung fürs alte Schulhaus in der Rotter Straße 8 oder die noch immer in der Bilanz stehenden Grunderwerbskosten fürs neue Gewerbegebiet "Schammach II" - die absehbaren Ausgaben der Stadt sind hoch.

Mehr als eine Randnotiz ist bei alldem die langfristige Entwicklung der Gewerbesteuer. Den ohnehin schon steten Anstieg zwischen den Jahren 2015 und 2019 von jährlich rund 4,1 Millionen Euro auf 5,2 Millionen Euro konnte die Stadt von da an auf nun 6,7 Millionen Euro sogar beschleunigen. Lediglich im Jahr 2020 musste sie eine wohl pandemiebedingte Delle verzeichnen.

Noch wirft das neue Gewerbegebiet kein Geld ab - doch irgendwann wird es so weit sein

Es spricht also einiges dafür, dass sich die vor sieben Jahren gestartete Professionalisierung des Grafinger Stadtmarketings - unter anderem mit der neuen Stelle eines Wirtschaftsförderers - nach und nach auszuzahlen beginnt. Im Gegenzug muss Grafing sich wohl wenig vor einer finanziellen Trendwende fürchten, denn unterm Strich wirft "Schammach II" noch gar keine Einnahmen ab. Zu erwarten sind diese aber. Aus Bürgermeister Bauers Perspektive: "Grafing ist in den vergangenen Jahren für Unternehmen klar attraktiver geworden." Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Grafings Schuldenstand - gerade auch wegen zahlreicher laufender Grundstückserwerbe - weiter ansteige. Immerhin: "Weniger, als wir im März noch dachten."

Womit Bauer beim trügerischen Ausblick wäre. Der Bürgermeister verweist auf einen wichtigen Punkt im Zusammenspiel von Verwaltungs- und Investitionshaushalt: "Wir müssen immer mindestens so viel aus dem Verwaltungs- in den Investitionshaushalt zuführen, wie wir für die ordentliche Tilgung ausgeben." Je höher die Kreditaufnahme, desto höher auch die Mindestzuführung.

Dieser Effekt ist allerdings endlich, wie die Kämmerei schon in der Beschlussvorlage zur jüngsten Finanzausschusssitzung warnte: Die Mindestzuführung sei mit den Einnahmen aus dem Verwaltungshaushalt auf kurz oder lang nicht mehr zu stemmen. "Dementsprechend wird sich die freie Finanzspanne in den nächsten Jahren immer mehr verringern."

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