Fasching in Grafing:Zwischen Stoffläden und Tanztraining

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Paula I., Max I. und Hofnarr Tom, der Dreihaxade, sind in diesem Jahr das Dreigestirn des Grafinger Faschingsbären. (Foto: Grafinger Faschingsbären/oh)

An diesem Samstag findet der Bärenball der Grafinger Faschingsbären statt, für das Dreigestirn haben die Faschingsvorbereitungen aber schon im November begonnen. Das ist oft anstrengender, als der normale Faschingsbesucher glauben mag.

Von Pia Hitzer, Grafing

"Egal, ob im Seniorenheim oder beim Kinderfasching, die Reaktionen sind immer gleich. Das Lachen und Strahlen in den Augen, das ist einfach jedes Mal toll", erzählt Max I. und erntet Zustimmung. Das, da sind sich alle einig, ist das Schönste am Fasching: Die bunte Gaudi zu den Menschen tragen, auch dorthin, wo sonst vielleicht weniger gefeiert wird.

Alle, damit ist das diesjährige Dreigestirn der Grafinger Faschingsbären gemeint. Paula I. und Max I. stellen diese Saison die royalen Hoheiten der Bären. Komplettiert wird das Trio von Hofnarr Tom, genannt: der Dreihaxerte. Für die Organisation und Planung allerdings ist vor allem die Zeremonienmeisterin zuständig - ein Amt, das seit vielen Jahren von Nadine Sauer bekleidet wird. Schon seit November bereiten sich die Vier auf die fünfte Jahreszeit vor.

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Paula I. ist erst seit diesem Jahr bei den Faschingsbären und hat auch sonst keine Tanzerfahrung. Den Fasching habe sie aber schon immer sehr gemocht, erzählt sie, auch ohne ihr Amt als Prinzessin wäre sie dieses Jahr also sicher dabei gewesen. Wenn sie nicht gerade in Tanzproben steckt oder einen Termin bei der Schneiderin hat, spielt die 24-Jährige gern Tennis, oft mit Max oder Tom - die drei waren schließlich schon vor ihrer Ernennung zum Dreigestirn gut befreundet. Auch Kochen und Backen liegen ihr. In den vergangenen Monaten seien ihre Hobbys allerdings andere gewesen, erzählt die Prinzessin. "Im November und Dezember waren quasi nur Termine bei der Schneiderin, Tanztraining und Besuche beim Stoffladen." Das sei aber völlig okay, betont sie immer wieder, schließlich mache sie das alles sehr gern, und diese Zeit behalte sie in besonderer Erinnerung.

Das Faschingsvarieté, wie hier im Jahr 2020, hat Tradition beim Faschingsbären-Dreigestirn. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Da kann ihr Prinz Max I. nur zustimmen. Er ist seit 2017 bei den Tanzbären in Grafing aktiv, hat damals noch den Narren verkörpert. Auch ihm liegt der Fasching also sehr am Herzen, obwohl Standardtänze bislang ebenfalls nicht zu seinem Repertoire gehörten. Im Showtanz war der 27-Jährige bisher zu Hause, denn seit 2019 tritt er am Varietéwochenende mit der Grafinger "Kuschelbären-Bande" im Varietétheater auf. Eine besondere Zuneigung hegt er auch für den Fußball, er ist Teil des Fußballvereins Grafing. Das Mannschaftstraining habe er in letzter Zeit aber doch das ein oder andere Mal geschwänzt, gesteht er - alles für die Faschingsvorbereitungen.

Die fünfte Jahreszeit liegt Hofnarr Tom im Blut - die gesamte Familie ist faschingsbegeistert

Hofnarr Tom geht es ähnlich. Auch er musste in den vergangenen Monaten bei Tennis und Fußball etwas zurückstecken. Aber halb so wild - in den Fasching sei er nämlich praktisch hineingeboren worden, erzählt er. So sei sein Vater Gründungsmitglied der Faschingsbären gewesen und habe zusammen mit seiner Mutter jahrelang die "Bärenhöhle " geleitet, eine legendäre Faschingsdiscoparty. Auch die Geschwister und Cousins von Hofnarr Tom seien faschingsbegeistert und teilweise ebenfalls bei den Faschingsbären. "Wir haben drei Schränke voll Faschingsklamotten im Keller", erzählt er und lacht.

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Als Hofnarr liegt Tom das Witziges und Schelmische freilich im Blut, wie er selbst sagt. Aber er kann auch anders: Im Dezember ist der 33-Jährige bei den Perchten mitgelaufen - ein ziemlich starker Kontrast zur Rolle des Narren, oder? Nicht, wenn man die Anstrengungen betrachte, die mit beiden Engagements einhergingen, erwidert Hofnarr Tom. Bei den Perchten sei er schließlich auch jedes Wochenende eingespannt gewesen, sei von Freitag bis Sonntag jeden Tag fünf bis sieben Stunden durchgelaufen und habe getanzt. "Ein bisschen bewegen kann ich mich also", witzelt er.

Tanzfähigkeiten seien aber eigentlich gar nicht so wichtig, betont Tom. Animieren zu können und gern auf Leute zuzugehen, im Grunde sei es das, was ausschlaggebend ist. Ach, und robust sein sollte man schon auch, denn als Narr könne er ja nicht schon um elf Uhr ins Bett verschwinden, wenn die Party noch in vollem Gange ist.

Hinter den Ämtern steckt oft mehr Arbeit als der Faschingsbesucher sieht

Aber neben all der Gaudi braucht es auch ein bisschen Ernst bei der ganzen Sache. So seien die zeitaufwendigen Vorbereitungen gar nicht mal so spaßig, erzählt Paula: Choreografien einstudieren, Termine mit der Schneiderin koordinieren, die richtigen Stoffe für die Kleider finden, und, und, und.

Vor allem Letzteres sei gar nicht so einfach, sagt Max. Bei Onlineläden wirke eine Farbe auf dem Bildschirm oft anders als in Realität - aber analoge Stoffgeschäfte, um dort direkt einzukaufen, gäbe es nur noch wenige. Und dann müsse das Outfit des Prinzenpaares auch noch zu der Tanzgruppe "High Energy" passen.

Eine Mordsgaudi ist beim "Bärenball" der Grafinger Faschingsbären wie hier im Jahr 2020 garantiert. (Foto: Veranstalter/oh)

Auch den richtigen Stoff für den Narren zu finden, sei keine einfache Angelegenheit. Narr wird man auf Lebenszeit, daher soll das Kostüm möglichst lange halten. "Ich glaube, ich habe vier Stunden für den Stoff gebraucht", erzählt Tom. Man munkle sogar, dass die Narren ihre Kostüme nie waschen würden, ergänzt die Zeremonienmeisterin. Stimmt das? Tom zuckt mit den Schultern. Mittlerweile sind die Kostüme fertig, teils im Laden gekauft, teils Handarbeit. Das Prinzessinnenkleid zum Beispiel, das stammt von einer Schneiderin, wie Paula erzählt. "Total schön", fügt sie an.

Allein am Unsinnigen Donnerstag stehen schon sechs Termine an

Dass die Faschingswoche selbst keine Entspannung bietet, wird mit Blick auf den Terminkalender deutlich. Los gehen wird es am Unsinnigen Donnerstag in der Früh um halb elf beim Schulfasching in Eiselfing. Dann ist das Dreigestirn beim Landrat geladen und wird für die Belegschaft tanzen. Darauf folgen zwei Kinderfaschingstermine in Ebersberg und Moosach. Dazwischen noch ein Abstecher zu einem Pflegeheim; am Ende des Tages dann noch auf dem Grafinger Marktplatz den Schlüssel vom Bürgermeister entgegennehmen. Und das ist nur ein einziger Tag! "Das ist nicht nur Spaß. Man braucht jemanden, der wirklich Lust darauf hat", sagt die Zeremonienmeisterin.

Trotzdem überwiegt bei allen die Vorfreude. Für Max ist das Varietéwochenende der Höhepunkt, da sei er schon früher mit der "Kuschelbären-Bande" dabei gewesen und habe jedes Mal viel Spaß gehabt. Aber auch den Marktplatz unsicher zu machen am Unsinnigen Donnerstag, ist für ihn besonders schön. Paula liegen die Auftritte in den Seniorenheimen besonders am Herzen. Und obwohl der Auftritt auf dem Kinderfasching der Faschingsbären für ihn als Narren besonders anstrengend ist, fiebert ihm Tom dennoch entgegen. Er freue sich auf die "glänzenden Kinderaugen" und darauf, wenn die Kleinen sich mal komplett ausleben können beim Ärgern und Jagen des Narren. "Egal wo man hinkommt, es gibt irgendein Highlight", sagt Max, "das treibt einen schon an!"

Am Samstag, den 27. Januar, findet die erste Veranstaltung statt, bei der das Dreigestirn auf den Plan tritt: der Bärenball der Faschingsbären in der Grafinger Stadthalle, dieses Jahr mit dem Kostümmotto "Helden der Kindheit". Beginn ist um 20 Uhr, Einlass ab 19 Uhr. Der Eintritt kostet zehn Euro, für Vereinsmitglieder sind es fünf Euro.

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