Glonn:Der Herr der Routen

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Der Glonner Josef Ettenhuber ist einer der größten privaten Betreiber von Linienbussen im MVV-Gebiet.

Anja Blum

Die grün-weiß-blauen Linienbusse sind von den Straßen nicht mehr wegzudenken. Doch kaum jemandem ist bewusst, dass diese von privaten Busunternehmern betrieben werden. "Der MVV selbst besitzt keinen einzigen Bus oder Zug", sagt Josef Ettenhuber vom gleichnamigen Glonner Busunternehmen und lacht. Sein Opa hat 1945 mit dem Busgeschäft begonnen, 1972 wurde der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) gegründet, bereits seit 1979 ist der Familienbetrieb, den der heutige Chef in der dritten Generation führt, daran beteiligt. Und das ziemlich erfolgreich: Seit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember bedient Ettenhuber mit 90 Bussen und 21 Routen den größten Teil der regionalen Linien in den Landkreisen München und Ebersberg. Im üblichen Bewerbungsverfahren hat das Glonner Unternehmen vor kurzem für vier Linien im Landkreis München und für drei Linien im Landkreis Ebersberg erneut den Zuschlag erhalten. Außerdem konnte es zwei weitere Linien im Landkreis München hinzugewinnen, so dass es nun insgesamt für 21 Routen verantwortlich ist. Um dies alles stemmen zu können, hat Ettenhuber jetzt 40 neue Busse im Gesamtwert von etwa acht Millionen Euro angeschafft. Finanziert wurden die neuen Fahrzeuge mit Hilfe der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg. Vergeben werden die regionalen Buslinien vom MVV per europaweiter Ausschreibung. Unternehmer wie Ettenhuber kalkulieren ihre Kosten, bewerben sich und werden, so sie den Zuschlag erhalten, vom MVV mit einem festen Betrag pro Kilometer bezahlt. In der Leistung des Privatunternehmers inbegriffen sind: Bus, Treibstoff und Fahrer sowie die Reinigung, Wartung und Unterbringung des Fahrzeugs. Die Verträge gelten laut Ettenhuber acht Jahre. Den MVV bezeichnet der Glonner als einen "Erfüllungsgehilfen der Landkreise". Doch was bedeutet das? Der Verbund stelle lediglich Fahrplan und Tarif auf, erklärt der Busunternehmer - und zwar nach den Wünschen der Landkreise. "Die Busse fahren in unserer Region vergleichsweise oft, aber nicht, weil sich das finanziell rechnen würde, sondern weil es politisch so gewollt ist", so Ettenhuber. Die Linienbusse seien in der Regel ein Defizitgeschäft, doch ihn als privaten Betreiber tangiere das - dank der pauschalierten Bezahlung nach Kilometern - nicht. Die Einnahmen aus seinen Fahrzeugen leitet er an den MVV weiter. Die Differenz zu den Kosten für den Busbetrieb müssen dann die Landkreise übernehmen. Da aber freilich nicht jeder Fahrgast sein Ticket im Bus kauft, liegt dem ganzen System ein komplizierter "Einnahmen-Aufteilungsvertrag" zugrunde. Mit der Ausweitung seiner Buslinien schafft Ettenhuber auch neue Arbeitsplätze: Neun neue Fahrer hat er bereits eingestellt, 14 weitere Stellen will er noch besetzen. Derzeit ist er auf der Suche nach geeigneten Bewerbern. Aber auch die regionale Wirtschaft profitiert von der Aufstockung des Glonner Betriebs: "Wir können jetzt die Aufträge für unsere Reinigungsfirmen, unsere Werkstätten und unsere Zulieferer für Reifen, Öl oder Diesel ausweiten", so Ettenhuber. Stolz ist der Glonner auch darauf, deutschlandweit der erste private Busunternehmer mit einem Hybridfahrzeug gewesen zu sein - ein Projekt, das der Landkreis München im Rahmen seiner "Energievision" unterstützt habe. Der Testlauf habe gezeigt, dass der Treibstoffverbrauch bei dieser Technik deutlich niedriger sei, und zwar um 25 Prozent. Allerdings reiche die Leistung des kleinen Dieselmotors leider nicht dafür aus, den Fahrgastraum im Winter genügend zu erwärmen, so dass eine zusätzliche Heizung nötig sei und die gute Energiebilanz wieder zunichte mache. "Aber wenn die Anschaffungskosten wie erwartet sinken, lohnt sich das Ganze vielleicht doch schon bald", zeigt sich Ettenhuber zuversichtlich. Neben dem MVV-Geschäft betreibt Ettenhuber zehn Schulbusse im Auftrag von Gemeinden. Aber damit noch nicht genug: Sein zweites großes Standbein sind Busreisen. In Europa gibt es kaum einen Ort, den der Glonner nicht ansteuert. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala liegen laut Ettenhuber Städtetouren und Kurztrips sowie Rund- und Wanderreisen - bei derzeit steigenden Buchungszahlen: "Busreisen liegen wieder im Trend, denn im Vergleich zum Flugzeug sind sie umweltbewusst und sicher."

© SZ vom 04.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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