Kindertheater:"Muhtiges Muhsical" zu Gast in Ebersberg

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Das Ensemble des Münchner Lustspielhauses zeigt im Alten Speicher, wie die Kuh ins Kino geht: Wiederholung ist an diesem Mittwoch.

Von Anja Blum, Ebersberg

Am Ende gibt es eine lange, lange Polonaise durch den Saal und sogar leibhaftiges Kuscheln mit "der Kuh", die Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Zuvor haben die Kinder aber eineinhalb Stunden ziemlich still gesessen und gebannt verfolgt, wie die Kuh trotz aller Hindernisse ihren Weg ins Kino findet. Das ist umso erstaunlicher, als es viele Kinder sind an diesem Vormittag im Alten Speicher, wirklich viele.

Denn die gesamte Grafinger Grundschule ist in die Nachbarstadt Ebersberg gekommen, 18 Klassen á etwa 25 Schüler, macht in etwa 450. Wie laut diese sein können, offenbart die Szene mit dem messerwetzenden Metzger Gammel: Als die Kuh unvorsichtigerweise in dessen Auto steigt, ertönt im Parkett minutenlang apokalyptischer Lärm. Um Himmels Willen, weiß die "blede Kuah" denn nicht, was der Fleischer Böses im Schilde führt?!

Das "Muhsical von Muht und Glück haben" ist eine Co-Produktion von Sternschnuppe und dem Ensemble des Münchner Lustspielhauses, wo das Stück bereits seit zehn Jahren als Publikumsmagnet seine Wirkung erzielt. Auf die Bühne gebracht wird es von sechs Darstellern und einer vierköpfigen Livecombo.

Die Geschichte stammt von Sternschnuppe, sprich Margit Sarholz und Werner Meier aus Ottenhofen, beide ausgewiesene Experten in Sachen Hits für Kinder. Warum die Musik des Duos so klasse ist und so gut ankommt, veranschaulicht das Musical auf eindringliche Weise: Es zeigt, wie dicht und bunt die Sternschnuppe-Lieder sind, und dass sich in ihnen, wenn man genau hinhört, oft eine ganze, eigene Welt aufspannt.

"I bin hoit doch bloß a blede Kuah..."

In diesem Fall eben die Welt der Kuh, die endlich einmal die langweilige Weide verlassen und in der Stadt ins Kino gehen möchte. Ihre tumben Kollegen halten von diesem Plan freilich gar nichts, und auch die Hauptfigur plagen unterwegs immer wieder Zweifel. "I bin hoit doch bloß a blede Kuah..." Doch am Ende hat sie alle Hindernisse überwunden - und einen Platz vor der Leinwand ergattert, "ganz vorn', und mit gepopptem Korn".

Besonders schön und einfallsreich ist der Beginn des fröhlichen Spektakels, denn es gibt einen Prolog, der sozusagen eine Metaebene liefert: Das Musical sollte eigentlich gerade starten, doch das ganze Ensemble ist krank. Anwesend sind nur eine Putzfrau, ein Bühnentechniker, zwei Platzanweiserinnen, die Souffleuse und der höchst nervöse Theaterdirektor, der die Vorstellung soeben absagen will. "Hochverehrtes Pupslikum..." Da nimmt die Putzfrau (wunderbar resolut: Bele Turba) statt des Wischmopps das Heft in die Hand und überredet die Mannschaft, aus der zweiten Reihe in die erste zu treten - und das Stück einfach selbst aufzuführen. "Ja, da muas ma sich hoit was eifoin lass'n", lautet die optimistische Hauptzeile des groovigen Stück, einer Parodie auf Klassiker von Tom Jones und James Brown: "I feel cool, I'm a Kuhuhu". Gleich darauf gibt es das namensgebende Lied, "Die Kuh, die wollt ins Kino geh'n", performt vom Rock-Bauer an der Mistgabel-Gitarre (schön wild: Martin Wenzl) - und 450 Kindern.

Als Star des Nachmittags indes glänzt Constanze Lindner in der Rolle der Kuh, denn die Kabarettistin ist da ganz in ihrem Element. Zum Schreien komisch ihre Mimik, die vom strahlenden Honigkuchenpferd bis zur tieftraurigen Verzweiflung alle Schattierungen der Seele deutlichst widerspiegelt. Mit Lindner folgen die Kinderherzen der naiv-lebenslustigen Kuhdame in jeden Winkel ihrer Abenteuer, vom trotzigen Aufbruch über den steinigen, unbekannten Weg und die verstörend-aufregende Großstadt bis hin zum Happy End. Die absurdeste Begegnung ist dabei wohl die mit den beiden frechen Knödeln, die gerade in der Disco waren (und freilich auch dem Sternschnuppe-Universum entsprungen sind). Wie alt sie seien, will einer wissen: "Wir sind von gestern!"

Überhaupt unterhält dieses Musical auch Erwachsene bestens, weil es durchdrungen ist vom typischen Sternschnuppe-Humor: detailverliebt, sprachgewandt, absurd. Ein paar Beispiele gefällig? Um genauso elegant wie die Stadtbewohner zu sein, trägt die Kuh "Odel de Cologne" auf, und als sie den Weg nicht weiß, fragt sie zwei die Straße begrenzende "Vollpfosten" (höchst vielseitig: Janet Kyeyune und Nadia Tamborrini) um Rat. Vergeblich natürlich.

Als der mordlüsterne Metzger (nicht nur in dieser Rolle grandios: Martin Mantel) die Kuhdame verfolgt, klingelt plötzlich ein altmodisches rotes Telefon - "Anruf für Herrn Gammel!" In der Stadt trifft man zwei "Dolce-Kuhbana"-Ladies, daneben plärrt ein Wichtigtuer in sein Handy: "Die Kuh ist noch nicht vom Eis!" Und nicht weniger einfallsreich sind die Kostüme: vom überdimensionalen Nasenring und Kuh-Stulpen über einen Baum mit Astfingern bis hin zu einer Kette aus Weißwürsten um den Hals des Fleischers.

Fest steht: Bei diesem herzerfrischenden Musical kommt jeder auf seine Kosten - nicht nur 450 Grundschüler.

Familienmusical "Die Kuh, die wollt ins Kino geh'n" an diesem Mittwoch, 24. Juli, Beginn ist um 15 Uhr, Einlass um 14.30 Uhr. Karten können unter www.kultur-in-ebersberg.de reserviert werden.

© SZ vom 24.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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