Gesundheit im Landkreis Ebersberg:Medizin-Zentrum hängt am Tropf

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An der Kreisklinik Ebersberg gibt es seit April 2020 das Medizinische Versorgungszentrum. Dieses schreibt bislang rote Zahlen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit knapp vier Jahren gibt es das Ärztehaus an der Kreisklinik. Für diese und letztlich den Landkreis ist das bislang ein erhebliches Verlustgeschäft.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Vor fast genau vier Jahren, Anfang April 2020, eröffnete in der Kreisstadt eine neue Gesundheitseinrichtung: Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), eine Art Gemeinschaftspraxis oder Ärztehaus, nahm neben der Kreisklinik seinen Betrieb auf. Das Krankenhaus fungiert als Muttergesellschaft - und als Finanzier in nicht ganz unwesentlicher Höhe, wie nun im zuständigen Ausschuss des Kreistages vorgestellt wurde.

Hintergrund war, dass in den Jahren zuvor oftmals Praxen aufgegeben werden mussten, da sich keine Nachfolge finden ließ. Ein Grund dafür, so hieß es damals, sei, dass die Selbständigkeit eben nicht für alle attraktiv sei. Dem soll das MVZ entgegenwirken, die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte sind Angestellte des Zentrums - und genau dies kommt die Klinik nun teuer.

Laut Karl Köller, Leiter der Finanzbuchhaltung der Kreisklinik, sind im Jahr 2022 - aktuellere Bilanzen liegen noch nicht vor - Verluste in Höhe von genau 515 049 Euro und 30 Cent aufgelaufen. Auch im Jahr zuvor hatte das MVZ ein Minus eingefahren, allerdings mit 25 434 Euro ein deutlich geringeres.

Besonders die Personalkosten tragen zu den hohen Verlusten bei

An mangelnder Auslastung des Zentrums liegt dies nicht, der Umsatz ist im Jahresvergleich ein gutes Stück gestiegen, nämlich von 809 401 Euro 2021 auf 993 542 Euro ein Jahr darauf. Sehr viel stärker gestiegen sind indes die Kosten, vor allem jene für Personal. Lagen diese 2021 noch bei knapp 550 000 Euro, waren es ein Jahr später schon 926 000 Euro. Der Materialaufwand verteuerte sich von 89 120 auf 381 296 Euro.

Wo genau die Verluste aufgelaufen sind, war in der öffentlichen Sitzung nicht zu erfahren. Laut Köller könnten dort die Bilanzen der einzelnen Arztsitze "aus Konkurrenzschutzgründen nicht präsentiert werden". Ohnehin müssen wegen der Rechtsform des MVZ - dieses ist ein sogenanntes Kleinstunternehmen - nur sehr wenige Zahlen und Informationen veröffentlicht werden. Eine davon ist, dass Verluste in dieser Höhe nur zulässig sind - darauf verweisen auch die mit der Bilanz beauftragten Wirtschaftsprüfer ausdrücklich - weil die Kreisklinik als Muttergesellschaft dafür geradesteht.

Kritik kam von FDP-Kreisrat Alexander Müller. Wenn man es schaffe, bei fast einer Million Euro Umsatz eine halbe Million Minus zu machen, dann sei das schon ein "sehr schlechtes Ergebnis". Dieses sei unter anderem aufgrund von Personalmangel zustande gekommen, sagte Klinikchef Stefan Huber, der auch Geschäftsführer des MVZ ist. Man habe nicht alle Stellen besetzen können, die zu einer Vollauslastung nötig wären.

Für das Jahr 2023 könne man erstmals "ein leichtes Plus sehen", sagt der Landrat

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) verwies darauf, dass man mit dem MVZ in einer "schwierigen Situation" - also mitten in der Corona-Krise - gestartet war. Zudem habe man in den vergangenen Jahren zusätzliche Arztsitze gekauft, zuletzt im vorigen Jahr eine halbe Stelle für die neue Kinderarzt-Praxis. Diese entwickle sich seitdem gut, so der Landrat, genau wie das MVZ insgesamt: Für 2023 werde man "ein leichtes Plus sehen".

Das Versorgungszentrum sei trotz der Verluste eine wichtige Einrichtung, so Niedergesäß, "es ist ein zentraler Baustein der medizinischen Versorgung im Landkreis". Zustimmung kam von Manfred Schmidt (AfD), er betonte, das vorrangige Ziel des MVZ sei ja nicht, Gewinne zu machen, sondern die Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Keine Gewinne, sondern tiefrote Zahlen, gibt es für das Jahr 2022 auch von der Kreisklinik: 2,87 Millionen Euro betrug der Fehlbetrag, ein Jahr zuvor waren es noch 1,1 Millionen gewesen. Auch dort sind die Personalkosten gestiegen von 64,54 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 67,17 Millionen im Jahr 2022. In den Büchern des Landkreises wird dies voraussichtlich im Jahr 2027 aufschlagen. Denn laut Satzung bleiben Verluste der Klinik fünf Jahre lang in deren Büchern - was bis dahin nicht ausgeglichen werden konnte, übernimmt der Landkreis.

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