Kreis Ebersberg:Kommunen scheuen Baumschutzverordnung

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Der Bund Naturschutz will Gemeinden und Städte in die Pflicht nehmen. Vielerorts im Landkreis Ebersberg werden deswegen Bedenken laut.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Seit Tagen steht der brasilianische Amazonas-Regenwald in Flammen, die "grüne Lunge der Welt" hat argen Schaden genommen. Nicht ohne Grund schlagen Klimaschützer deshalb Alarm, denn Bäume gelten als wichtiger Faktor bei der Produktion von Sauerstoff und sind als solcher besonders schützenswert. Das zumindest sieht man beim bayerischen Bund Naturschutz (BN) so, der nun gefordert hat, in jeder Kommune eine sogenannte Baumschutzverordnung zu erlassen. Auf eine solche legen Städte und Gemeinden im Freistaat bislang allerdings nicht allzu großen Wert. Im Landkreis Ebersberg sieht die Lage anders aus, hier liegt man deutlich über dem bayerischen Durchschnitt.

Mit Vaterstetten, Forstinning, Bruck, Egmating, Kirchseeon und Poing haben sich sechs der 21 Landkreisgemeinden nach Angaben der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt bereits eine solche freiwillige Selbstverpflichtung auferlegt. In Prozent ausgedrückt sind das 29 - fast achtmal mehr als in Gesamtbayern, wo lediglich 94 der insgesamt 2056 Kommunen, und damit 4,6 Prozent, eine Baumschutzverordnung haben.

Diesen Umstand möchten Naturschützer schleunigst ändern. BN-Landesbeauftragter Martin Geilhufe sagte bei einer Konferenz in Fürstenfeldbruck, Bäume seien in Zeiten der Klimakrise "in unserem Lebensumfeld natürliche Klimaanlagen und damit überlebensnotwendig für die Bevölkerung". Die Kommunen forderte Geilhufe deshalb auf, aktiv zu werden - etwa durch den Erlass von Schutzverordnungen, in denen Fällbedingungen und Ersatzpflanzungen geregelt werden können.

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Ganz so klar möchte man sich beim Ebersberger BN-Kreisverband allerdings nicht festlegen. Es sei nicht möglich, pauschal ja oder nein zu sagen, was Baumschutzverordnungen angehe, so Kreisvorsitzender Olaf Rautenberg. "Das muss an die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinde angepasst werden." Rautenberg geht es ohnehin eher darum, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Pflanzen zu verankern. "Die Leute müssen erkennen, dass das, was im Herbst von den Bäumen runterfällt, eben kein Dreck ist, sondern Blätter." Dennoch ist der Kreisvorsitzende bei der Frage nach einer Baumschutzverordnung "für jede Diskussion offen".

"Die Leute fällen ihre Bäume einfach vorher"

Eine solche in einer Kommune überhaupt einzuführen, kann aber durchaus Probleme mit sich bringen. Bis das Thema im Gemeinderat durchdiskutiert und entschieden ist, könnten einige Bürger ihren Pflanzen schon mit der Säge zu Leibe gerückt sein, mutmaßt Rautenberg. "Es ist dann so, dass die Leute ihre Bäume einfach vorher fällen, um keinen Ärger zu bekommen."

Genau dieses Szenario will man bei der Unteren Naturschutzbehörde verhindern. Hier können sich Gemeinden Ratschläge und Tipps einholen, wie eine Baumschutzverordnung am besten umzusetzen ist. Das Argument der übereifrigen Bürger jedenfalls kann Behördenleiter Johann Taschner bereits entkräften. "Wir raten jeder Gemeinde zu einer einstweiligen Sicherstellung." Dadurch würden die Regularien des Beschlusses sofort greifen - und eine endgültige Verordnung könne man später immer noch nachreichen. Somit sei zumindest die Gefahr gebannt, dass schützenswerte Baumbestände noch kurzerhand beseitigt würden.

Taschners Behörde versucht die Baumschutzverordnungen im Landkreis weiter aktiv voranzutreiben. "Wenn uns ein Bürgermeister fragt, dann sagen wir natürlich ja." Schließlich sei es auch höchste Zeit zu handeln. Die klimatischen Zeichen jedenfalls sprechen Taschner zufolge dafür, dass man über entsprechende Maßnahmen nachdenkt. Wenngleich der Behördenleiter auch betont: "Es gibt viele Gemeinden, die auch ohne eine Baumschutzverordnung gut begrünt sind."

Eine Kommune, in der schon seit Jahren strenge Regeln im Umgang mit Bäumen gelten, ist Vaterstetten. Seit 1984 gibt es dort eine Schutzverordnung, in der festgelegt ist, dass alle Bäume ab einem Umfang von einem Meter nur mit Genehmigung des Umweltamtes verändert oder gefällt werden dürfen. Außerdem gibt es während der Vogelbrut besondere Schutzzeiten. Die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren sind durchaus positiv. "Die Baumschutzverordnung ist in unserer Gemeinde inzwischen akzeptiert", sagt Wolfgang Kuhn, Leiter des Umweltamtes. Es gebe kaum mehr einen Baum, der entfernt werde, ohne dass man im Rathaus darüber Bescheid wisse. Kuhns Fazit deshalb: "Es wäre schön, wenn dem Beispiel noch andere Kommunen folgen würden."

Möglichkeiten gebe es auch im Landkreis noch zuhauf. Grafing hat keine Baumschutzverordnung, ebenso wie die Gemeinden Markt Schwaben, Zorneding oder die Stadt Ebersberg. In letzterer stand die Einführung einer solchen immer mal wieder zur Debatte, passiert ist allerdings nichts. "Wir haben hier einen hohen Baumbestand und haben deshalb bislang keinen Bedarf gesehen", sagt Geschäftsleiter Erik Ipsen. Zudem hat man in der Kreisstadt die gleiche Sorge, die wohl viele Kommunen davon abhält, Nägel mit Köpfen zu machen: Besorgte Bürger, die vor Inkrafttreten der Verordnung noch schnell für Fakten sorgen. Und so sagt Ipsen: "Bevor wir uns hier ein neues Problem schaffen, lassen wir es lieber."

© SZ vom 02.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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