Beschluss im Kreisausschuss:Ebersberg wird nicht zum "Sicheren Hafen"

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Das Ebersberger Landratsamt. (Foto: Christian Endt)

Auch im zweiten Anlauf scheitert der Vorstoß der Grünen. Die Gegner im Ausschuss sehen das Thema in einem anderen Zuständigkeitsbereich.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Mit bunten Schildern und Bannern haben etwa 100 Aktivisten vor eineinhalb Wochen am Ebersberger Landratsamt Stellung bezogen. Durch Botschaften wie "Seenotrettung ist kein Verbrechen" verliehen sie ihrer Forderung Nachdruck, dass sich der Landkreis dem Seebrücken-Bündnis "Sicherer Hafen" anschließen soll. Doch wie schon an jenem Freitagnachmittag, als sich kein politischer Entscheidungsträger vor dem Amt blicken ließ, verhallte dieser Wunsch nun erneut in der Kreisbehörde. Ein Antrag der Kreis-Grünen, Ebersberg solle sich gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung im Mittelmeer aussprechen und einer entsprechenden Koalition beitreten, ist jetzt am zuständigen Ausschuss des Kreistages gescheitert.

Die Idee, dass sich der Landkreis für aus Seenot gerettete Menschen einsetzen soll, ist nicht neu. Bereits im Juli dieses Jahres hatte die ÖDP die Bereitschaft dazu gefordert, von der Hilfsorganisation "Sea Watch" in Sicherheit gebrachte Flüchtlinge aufzunehmen. Der Antrag war damals mit der Begründung abgelehnt worden, man sei laut Rechtslage für das Thema nicht zuständig. Die Aufnahme von zusätzlichen Flüchtlingen sei eine Entscheidung der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland.

Mit dieser Entscheidung - acht von elf Kreisräten votierten gegen den ÖDP-Antrag - wollten sich die Grünen allerdings nicht zufriedengeben, sie haben nun einen neuen Anlauf gewagt. Kreisrat Reinhard Oellerer gab bei der Sitzung am Montagnachmittag zwar zu, dass es ungewöhnlich sei, zweimal zum selben Thema einen Antrag zu stellen, allerdings war ihm das Thema beim letzten Mal zu kurz abgehandelt worden. Mit Unterstützung von SPD und ÖDP haben die Grünen deshalb nun ein neues, überarbeitetes Schreiben an Landrat Robert Niedergesäß (CSU) vorgelegt.

Unterstützung von SPD-Landtagspolitikerin Doris Rauscher

Darin fordern sie neben dem Beitritt zum Bündnis "Sicherer Hafen" auch die Bereitschaft des Landkreises, freiwillig aus Seenot gerettete Menschen aufzunehmen. "Es geht hier um die Wertebasis unserer Demokratie", sagte Oellerer bei der Vorstellung des Antrags im Gremium. Der Grünen-Kreisrat berief sich bei seiner Argumentation auf das Grundgesetz. Der Leitsatz, dass die Würde des Menschen unantastbar sei, gelte auch dann, wenn der Mensch gerade relativ weit weg ist. "Wir können nicht einfach wegschauen", sagte Oellerer, der vor allem den symbolischen Wert des Vorstoßes betonte. Die tatsächliche Belastung für den Landkreis würde sich dem Kreisrat zufolge angesichts der Flüchtlingszahlen ohnehin in Grenzen halten.

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In einem Protestzug durch die Kreisstadt machen am Freitagnachmittag etwa 100 Aktivisten ihre Forderungen deutlich.

Von Andreas Junkmann

Unterstützung bekam Oellerer von Doris Rauscher. "Es ist auch unser Anliegen, dass der Kreistag hier Flagge zeigt", sagte die SPD-Landtagsabgeordnete. Die übrigen Kreisräte - mit Ausnahme von Benedikt Mayer (Grüne) und Christian Eckert (Bayernpartei) - hatten aber eine etwas andere Sicht der Dinge.

"Das ist eine Debatte, die ich so nicht haben möchte", sagte etwa Martin Wagner. Der CSU-Kreisrat argumentierte, dass dieses Thema den Kreistag schlichtweg nichts angehe. Diese Haltung habe nichts mit Missachtung zu tun, aber man könne eben nur das tun, für das man auch zuständig ist. "Wir nehmen ja eh jeden auf, der kommt", sagte Wagner.

Gegenwind kam auch vonseiten der FDP in Person von Alexander Müller. Der Jurist betonte, dass der Rechtsstaat hier nun mal Vorrang habe und bestimme, wie mit Flüchtlingen umzugehen sei. "Das Problem sind die Fluchtursachen", sagte Müller. Man müsse den Leuten die Chance bieten, sich in ihren eigenen Ländern zu entwickeln und keine Fehlanreize schaffen, damit sie sich ins Mittelmeer begeben. Roland Frick (CSU) ärgerte sich vor allem über das Verhalten der Europäischen Union, die bei dem Thema nichts auf die Reihe bringe. "Ich versteh' dich menschlich", sagte er in Richtung Reinhard Oellerer, "aber wir sind tatsächlich nicht zuständig".

Zum Abschluss der Debatte verwies Landrat Niedergesäß auf den Königsteiner Schlüssel, der die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Deutschlands regelt. "Das ist die Basis und auf die sollten wir bauen." Wer gegen den Vorschlag votiere, solle deshalb nicht so dastehen, als würde er die Menschenrechte nicht hochhalten. Letztlich sprachen sich sieben Kreisräte gegen den Antrag aus - und Ebersberg wird nicht zum "Sicheren Hafen".

© SZ vom 09.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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