Angebot im Landkreis:Ebersberger Mentoring-Programm wird gut angenommen

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Drei Patenprojekte gibt es im Landkreis. Sie haben vielen Jugendlichen geholfen, den Übergang von der Schule ins Berufsleben gut zu meistern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mentoren und Paten unterstützen Jugendliche im Landkreis auf ihrem Weg zu einer Ausbildung und auch im Alltag. Derzeit gibt es wieder freie Kapazitäten.

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Christian Salberg war ein Schlawiner. Das sagt der Leiter der Abteilung Jugend, Familie und Demografie im Ebersberger Landratsamt selbst über sein jugendliches Alter Ego. Ihm hätte es damals gut getan, wenn ihm eine neutrale Person etwas unter die Arme gegriffen hätte. Genau so, wie es die acht Mentoren und Paten tun, die am Dienstagabend im Konferenzraum des Jugendamtes vor ihm sitzen: Sie unterstützen Schülerinnen und Schüler der Mittelschulen im Landkreis ab der siebten Klasse auf ihrem Weg von der Schule über Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgespräche und Praktika hinein in eine passende Ausbildung - aber nicht nur, sondern auch im Alltag der Jugendlichen spielen die Mentoren und Paten eine Rolle. Salberg und Kerstin Meyer vom Kreisjugendamt haben die Koordinatoren der Ehrenamtlichen und diese selbst eingeladen, um deren Austausch an Erfahrungen aus ihrer Arbeit mit den Jugendlichen zuzuhören und sich für deren Engagement zu bedanken.

Das Mentoring- und Patenprojekt gibt es schon seit 2008. Angefangen hat alles in Markt Schwaben. Damals stieß Jens Tischer auf einen Zeitungsartikel, in dem Silke Liebmann von der Awo zu einem solchen Projekt aufrief. Tischer nahm Kontakt mit Liebmann auf - und nach und nach entstand eine Gruppe von Ehrenamtlichen, die Mittelschüler in Markt Schwaben und Poing, also dem nördlichen Landkreis, im Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen wollten. Koordiniert wird das Mentoringprojekt bis heute von Liebmann. Beinahe gleichzeitig rief Heinz Gerrits in Vaterstetten eine Gruppe ins Leben sowie im südlichen Landkreis rund um Ebersberg das Katholische Kreisbildungswerk (KBW). In Abgrenzung zu dem im Norden nennt sich die KBW-Gruppe "Patenprojekt", koordiniert wird es von Sandra Lößl vom KBW. Neben der Awo und dem KBV unterstützt auch das Landratsamt die Projekte finanziell.

Die Jugendlichen kommen meistens aus schwierigen Elternhäusern

"Wir sind neutral", erklärte Jens Tischer von der Awo-Gruppe aus dem nördlichen Landkreis. Meistens kommen die Jugendlichen aus schwierigen Elternhäusern, die Autorität der Eltern sowie von Lehrerinnen und Lehrern werde da oft pauschal abgelehnt. Bei den Mentoren und Paten sei das aber anders. Das liegt auch daran, dass die Ehrenamtlichen mit ihren Mentees zu Beginn eine Art Vertrag schließen: Alles, was bei den Treffen besprochen wird, bleibt vertraulich. Auch, wenn die Eltern nachfragen, so Tischer. "Ich spreche in jedem Fall vorher mit dem Jugendlichen, was ich erzählen kann und was nicht." Und: Das Projekt ist freiwillig, die Schülerinnen und Schüler können jederzeit aussteigen.

Es geht es nicht nur darum, den Jungen und Mädchen beim Suchen nach möglichen Praktikastellen, beim Schreiben von Bewerbungen oder beim Vorbereiten auf Vorstellungsgespräche zu helfen - wobei das freilich einen Großteil der Arbeit der Ehrenamtlichen ausmacht. Oft sind es auch Konflikte mit Freunden oder in der Schule, die die Jugendlichen beschäftigen. "Wir sind dann diejenigen, die zuhören und versuchen, aus einer neutralen Position heraus Ratschläge zu geben", sagt Christiane Msezhu, eine der Mentorinnen.

Das bestätigt eine ihre Kolleginnen, Beate Flach, und dass diese Zuhörfunktion nicht nur für die Jugendlichen gelte, sondern auch für die Eltern. Wie zum Beispiel bei der Mutter einer ihrer Mentees, die im Gespräch mit ihr um Rat bat, weil sich die Tochter schminken wollte. Viel zu früh, oder? Flach habe vorsichtig eingelenkt, so erzählt sie heute, und der Mutter entgegnet, dass es wohl schon in Ordnung sei, wenn ein 14-jähriges Mädchen heutzutage etwas Make-up tragen möchte.

Manchmal gehe es nur um Feinheiten, etwa den richten Impuls zu geben

"Es sind viele dabei, die ohne uns nie und nimmer in einen gescheiten Beruf gelangt wären", sagt Heinz Gerrits. Weit mehr als 100 Jungen und Mädchen hätten sie in Vaterstetten bisher erfolgreich untergebracht. Es seien manchmal auch nur Feinheiten, aber eben wichtige, bei denen die Paten Impulse geben. Etwa als einer seiner Mentees nach einem Bewerbungsgespräch eine E-Mail an den Chef schreiben sollte. "Der hätte das irgendwann mal gemacht", sagt Gerrits. Dem Jugendlichen sei nicht klar gewesen, dass die Mail ein Test war, nämlich wie schnell und zuverlässig er reagieren würde. So aber schrieb Gerrits Mentee die E-Mail zeitnah - und es klappte mit dem Ausbildungsplatz.

Hauptsächlich richtet sich das Angebot an Mittelschüler ab der siebten Klasse. Es gab aber auch schon einen Sechstklässler im Programm; die Grenzen sind fließend. Auch Real- und Förderschüler sind willkommen, denn es gibt freie Kapazitäten. So unterstützen aktuell elf Mentoren in Markt Schwaben und Poing sowie zehn im nördlichen Landkreis nur jeweils sieben Jugendliche.

Interessierte aus Markt Schwaben und Poing können sich an Silke Liebmann wenden, Telefon (08121) 2559656 oder E-Mail silke.liebmann@awo-kv-ebe.de, aus Vaterstetten an Heinz Gerrits, Telefon (08106) 302728 oder E-Mail c.h.gerrits@t-online.de, und aus dem südlichen Landkreis an Sandra Lößl, Telefon (08092) 8507912 oder E-Mail patenprojekt@kbw-ebersberg.de.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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