Ebersberg:Im Landkreis droht 166 Afghanen die Abschiebung

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166 Afghanen, die derzeit im Landkreis Ebersberg leben, droht der Rückflug ins Krisengebiet. (Foto: dpa)

Neun von ihnen haben bereits den Bescheid zur Ausreise erhalten. In Poing steigt um 16.15 Uhr eine Demonstration gegen den neuen Kurs des Gastredners beim dortigen Blaulichtempfang, Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Bisher wurden abgelehnte afghanische Asylbewerber in Deutschland oft jahrelang geduldet. Seit einem Monat ist die Bundesregierung strenger, die ersten 34 ausgewiesenen Afghanen wurden Mitte Dezember per Charterflug nach Kabul geflogen. In Ebersberg befinden sich derzeit insgesamt 689 Flüchtlinge in laufenden Asylverfahren, 157 von ihnen stammen aus Afghanistan, teilt das Landratsamt mit.

Sollten die Anträge vom Bundesamt für Migration abgelehnt werden, würde die neue Afghanistan-Linie des Innenministeriums auch sie treffen. "Wenn jemand keinen Anspruch auf Schutz hat, muss er Deutschland verlassen", begründete Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kürzlich den neuen Kurs.

Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan galten in der Vergangenheit als schwierig, weil sich die afghanische Regierung dagegen verwehrte. 2016 schloss die Europäische Union aber ein Abkommen mit Kabul, das die Rücknahme von Afghanen einfacher macht. Deutschland habe am 2. Oktober mit Afghanistan verlässliche Regelungen für die Rückführung vereinbart, teilte de Maizière dazu mit. Duldungen nach einem Ablehnungsbescheid sind für Afghanen dadurch unwahrscheinlicher geworden.

Markt Schwaben
:"Sohn, komm bitte nicht zurück"

Flüchtlinge und Helfer aus Markt Schwaben bereiten für den Poing-Auftritt von Innenminister Thomas de Maizière eine Demonstration gegen die Abschiebungen nach Afghanistan vor. Von dort schicken Angehörige bereits Reisewarnungen in den Landkreis.

Von Korbinian Eisenberger

Ob ein Asylantrag erfolgreich ist, wird nach der Anhörung von Fall zu Fall entschieden. Von 8590 Anträgen afghanischer Männer, darunter auch Minderjährige, die das Bundesamt für Migration in den ersten sieben Monaten 2016 bearbeitete, wurden 3867 abgelehnt. Die Zahlen der einzelnen Monate zeigen, dass die Tendenz zur Ablehnung seit Januar deutlich angestiegen ist. Kritiker monieren, dass sich die Lage in Afghanistan jedoch eher verschlechtert als verbessert hat.

Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten, weil es in weiten Teilen des Landes Kämpfe zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban-Rebellen gibt und es immer wieder zu Anschlägen kommt. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, sprach kürzlich von einer "sich ständig verschlechternden Sicherheitslage" in Afghanistan. Die Nato-Mission teilte mit, dass weite Teile des Landes unter Kontrolle der Taliban stehen.

Trotz Kritik von Opposition und Menschenrechtlern bezeichnet die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan als vertretbar und hat innerhalb des Landes sogenannte sichere Zonen definiert. Innenminister de Maizière will damit signalisieren, dass nicht alle Flüchtlinge aus Afghanistan in Deutschland aufgenommen werden. Zudem, so das Ministerium, sollen Menschen von der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer abgeschreckt werden.

De Maizière zufolge lebten am 30. September 2016 etwa 12 500 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland, von denen die überwiegende Mehrheit geduldet ist. Neun von ihnen leben im Landkreis Ebersberg, wie das Landratsamt mitteilt.

In Afghanistan herrschten Jahrzehnte lang bürgerkriegsähnliche Zustände. Umstritten ist, wo die Lage dort als sicher bezeichnet werden kann und wo nicht. Das Innenministerium gibt auf seiner Webseite eine offizielle Reisewarnung für deutsche Urlauber aus. "Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein", heißt es dort. Der Aufenthalt bleibe in weiten Teilen des Landes gefährlich. Landesweit könne es zu "Attentaten, Überfällen, Entführungen und anderen Gewaltverbrechen" kommen.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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