Im Zentrum von Ebersberg:Otter geht, Bücher bleiben

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Als Buchhändler brauche man auch eine gewisse menschliche Reife, sagt Björn Hartung. Nun hat sich der ehemalige Mitarbeiter den Schritt zugetraut und den "Buch Otter" in Ebersberg übernommen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Björn Hartung übernimmt den Laden am Ebersberger Marienplatz und plant ein paar Neuerungen

Von Michaela Pelz

Ein Jahr voller Herausforderungen für den Handel ist dieses 2020. Manche Geschäfte konnten sich bis heute nicht von den Einbußen des Lockdowns erholen, mussten ihre Türen für immer schließen. Wer in solchen Zeiten Neu-Inhaber wird, muss sehr viel Enthusiasmus besitzen - oder in einen Laden investieren, der solide dasteht. Bei Björn Hartung sind beide Bedingungen erfüllt - hinzukommt, dass er kein Unbekannter ist, für die Kundschaft des "Buch Otter" am Ebersberger Marktplatz, den der 33-Jährige seit dem 1. November sein Eigen nennen darf. Denn bereits seit Dezember 2012 gehört der gebürtige Leipziger, der 2001 mit der Familie nach Steinhöring zog, zum Team. Erst als Aushilfe, später machte er genau dort seine Lehre als Buchhändler.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Absolvent des Gymnasiums Grafing so einiges ausprobiert: War als Zivildienstleistender im heilpädagogischen Bereich tätig, jobbte auf dem Bau, studierte mehrere Semester Ethnologie. "Nichts davon hatte mich so richtig überzeugt - bis ich dann zum Buchhandel fand", erzählt er. "Das Lesen ist das einzige Hobby, das sich über all die Jahre gehalten hat." Den Grundstock dazu hat vermutlich seine Mutter gelegt: Seit er denken kann, war sie Mitglied in der Bücherei.

Der Wahl-Ebersberger sieht den Buchladen als Begegnungsort

Doch zwischen dem Spaß an der Arbeit in einer Buchhandlung und der tatsächlichen Inhaberschaft einer solchen ist es doch noch ein großer Schritt. Das wurde dem ausgewiesenen Krimifan schnell klar. "Man muss ein Verständnis entwickeln für die Sortimentsbreite, Fachkenntnis in verschiedenen Bereichen entwickeln um Empfehlungen aussprechen zu können." Deswegen sei es absolut bereichernd, wenn in einem Buchladen Kollegen mit unterschiedlichen Geschmäckern tätig seien. So könne man sich gegenseitig Titel ans Herz legen, zu denen der jeweils andere vielleicht nicht spontan gegriffen hätte.

An dieser Stelle muss man natürlich nach einem Buchtipp fragen - und bekommt mit "Der Jadereiter" von John Burdett (Unionsverlag) wie aus der Pistole geschossen eine "spannende, unterhaltsame und exotische Alternative zum gewöhnlichen Thriller" genannt. Voller Begeisterung spricht der Buchhändler dann über das Aufeinanderprallen der Denkweisen von Ost und West, den Protagonisten - unbestechlicher Polizist, Buddhist und Sohn einer Prostituierten - und darüber, wie es dem Autor gelingt "das flirrende Bangkok-Gefühl entstehen zu lassen."

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Sebastian Otter hat sich mit seinem Laden einen Traum erfüllt. Nun will er sich neuen Leidenschaften zuwenden

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Genauso wünscht man sich einen leidenschaftlichen Buchhändler. Darüber hinaus aber, fügt der Wahl-Ebersberger hinzu, brauche man in einem Buchladen als Begegnungsort auch eine gewisse Reife als Mensch, bestimmte soziale Fähigkeiten im Umgang mit Kunden und Kundinnen - um deren Vorlieben zu erfragen, vielleicht ihre Wünsche sogar antizipieren zu können. Deswegen dauerte es ein paar Jahre, bis er sich die Nachfolge von Sebastian Otter tatsächlich zugetraut hat. "Ich freue mich, bin sehr gespannt und gedenke, mit vollem Engagement das kulturelle Erbe meines Vorgängers anzutreten."

Unter anderem plant der neue Chef eine Lesereihe

Pläne für die Zukunft gibt es eine Menge. Lesungen gehören auf jeden Fall dazu - was derzeit natürlich stark Corona abhängig und nicht so leicht möglich ist. "Danach" will er aber auf jeden Fall eine regelmäßige Lesereihe mit einer festen Anzahl von Terminen pro Jahr etablieren. Bei den Örtlichkeiten will er sich dabei noch nicht festlegen. Als Location käme der Laden selbst in Frage, aber "für einen Sebastian Fitzek, einen Ken Follett oder meinen absoluten Wunschkandidaten Markus Heitz müsste man wahrscheinlich in die Volksfesthalle gehen", sagt er und lacht. Aus den in einer Münchner Buchhandlung gesammelten Erfahrungen heraus, könnte er sich - "für später" - ein Buchcafé gut vorstellen.

Das Sortiment soll bleiben, wie es ist - allgemein, mit einem Schwerpunkt auf Belletristik, Kinder- und Jugendbuch. Das letztere Segment will er auf jeden Fall überarbeiten, neu strukturieren sowie intensivieren. Vielleicht wird es Kooperationen mit Kindergärten, Krippen, Schulen und anderen Einrichtungen aus diesem Bereich geben.

Auch mittags kann man jetzt einkaufen

Schon sicher: Ein Regal mit Empfehlungen "Von Kindern für Kinder". Denn eine Buchbesprechung durch einen Altersgenossen habe eine ganz andere Qualität als das Urteil eines Erwachsenen hinsichtlich dessen, was an einem Buch besonders spannend oder lustig sei. Dafür will Hartung in der nächsten Zeit Testleser rekrutieren - Bewerbungen dafür sind ausdrücklich erwünscht!

Eine entscheidende Änderung: Die Mittagspause fällt weg - ab sofort ist das ganze Jahr über von 9 bis 18 Uhr geöffnet - nicht nur während des Weihnachtsgeschäfts. Dann wird es zusätzlich eventuell einen Straßenschalter geben, bei dem man Bestellungen durchs Fenster abholen kann, damit es im Ladenlokal nicht zu voll wird.

Und was ist mit dem Namen? Björn Hartung: "Buch Otter ist eine etablierte Marke, deswegen will ich da derzeit nichts ändern." Für die Zukunft müsse man sehen, tatsächlich habe es dazu schon ein Brainstorming mit Freunden gegeben. Was dabei herauskam? Der Gesprächspartner schmunzelt: "Björns Bücherboazn". Aber für diesen Namen sei Ebersberg vermutlich noch nicht reif.

© SZ vom 04.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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