#biotonnenchallenge in Ebersberg:Wenn die Batterie im Biomüll landet

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Agnes Gehrer und Agnes Lang von der Abteilung "Abfall und Umwelt" der Stadt Ebersberg und Bürgermeister Ulrich Proske (von links) bei der ersten Störstoffanalyse des Ebersberger Biomülls. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dieses Jahr macht die Stadt bei der Biotonnenchallenge mit. Das Ziel: den Plastik- und Fremdstoffanteil im Ebersberger Biomüll im Laufe eines Jahres zu reduzieren.

Von Antonia Aţurcăniţei, Ebersberg

"Eine Melange aus Gärsaft und verschiedenen Gerüchen. Für mich war es noch okay, weil es nicht zu warm war, aber im Sommer ist das übel." So beschreibt Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) den Geruch, der kurz nach einer Biomülllieferung auf dem Komposthof Lampl herrscht. Proske hat den Sortierungsprozess des Ebersberger Biomülls hautnah erleben dürfen - Mitte März fand nämlich im Rahmen der sogenannten Biotonnenchallenge die erste Störstoffanalyse statt.

"Das ist hart. Für jede Frau, jeden Mann ist das nichts", sagt er. Dies sei einer der Gründe, warum die Stadt sich dazu entschlossen habe, bei der Challenge mitzumachen: um die Kompostbauern zu entlasten. "Ich habe höchsten Respekt für die Mitglieder der Familie Lampl, die im Biomüll nach Sachen, die dort nicht hingehören, herumwühlen müssen", so Proske. Eishockeypucks, Batterien, Zigaretten oder ein Blumenstrauß samt Plastikverpackung: Das sind nur ein paar Beispiele für die sogenannten Störstoffe - Objekte, die nicht im Biomüll entsorgt werden dürfen.

Ein Blumenstrauß eines vermutlich misslungenen Rendezvous wurde ebenfalls bei der Störstoffanalyse gefunden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Störstoffanalyse fand am 14. März auf dem Komposthof Lampl in Steinhöring statt und hat den Auftakt der #biotonnenchallenge gebildet, eine Bewegung der Aktion "Biotonne Deutschland" - dem "größten bundesweiten Netzwerk zur Biotonnen-Kommunikation", wie es auf der Webseite der Aktion heißt. Dort werden Kommunen motiviert, "Biotonnen-Bessermacher" zu werden.

12,7 Tonnen Biomüll wurden analysiert, etwa dreieinhalb Stunden habe das Ganze gedauert, so Agnes Gehrer. Zusammen mit Agnes Lang leitet sie die Abteilung "Abfall und Umwelt" der Stadt Ebersberg und koordiniert nun auch die Biotonnenchallenge. Auch die beiden haben mit Familie Lampl und Bürgermeister Proske beim Sortieren mitangepackt.

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Ziel der Challenge: den Anteil an Störstoffen im Biomüll der teilnehmenden Kommune zu verringern. Nach einer ersten Analyse, im Zuge deren Störstoffe aussortiert werden und ihr Anteil am Biomüll erfasst wird, erfolgt ein Jahr später eine zweite, die einen niedrigeren Anteil aufweisen muss. Um dies zu schaffen, werden in der Zwischenzeit die Bürgerinnen und Bürger darauf aufmerksam gemacht, so wenig Fremdstoffe, wie nur möglich, in ihren Biomüll zu schmeißen. Ist ein Jahr später der Anteil an Störstoffen beträchtlich gesunken, dann hat die Stadt Ebersberg die Herausforderung erfolgreich gemeistert. Teilnehmende werden in der Bundesliga-Biotonnen-Tabelle auf www.aktion-biotonne-deutschland.de gelistet, wie Lang erklärt.

Für die Analyse wurde Biomüll aus Stadtteilen ausgewählt, "in denen tendenziell viele Störstoffe enthalten sind", sagt Lang dazu. Unter anderem die Innenstadt oder die Kolpingstraße waren dabei, sowie die Umgebung rund um die Grund- und Mittelschule Ebersberg. Die Erfahrung habe gezeigt, in welchen Gebieten sich mehr Störstoffe befänden, so Lang.

Mittendurch - beim Sortieren gehen die Kompostbauer durch den dünn ausgetragenen Biomüll. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Da die Gemeinde Ebersberg keinen eigenen Komposthof besitze, würden die umliegenden Komposthöfe die Aussortierung und Verarbeitung des Biomülls zu Kompost übernehmen, sagt Agnes Gehrer. Der Komposthof Lampl bearbeitet jährlich 600 Tonnen Biomüll aus der Stadt Ebersberg. Ein mühsamer Job, denn die Aussortierung ist eine Handarbeit. Dabei wird der Biomüll dünn ausgetragen und Störstoffe werden mit der Hand aussortiert. Dies müsse gleich nach der Lieferung am Nachmittag passieren, denn der Prozess der Kompostierung würde sofort anfangen, so Bürgermeister Proske - mit oder ohne Störstoffe.

Im Anschluss an die erste Sortierung wird der Biomüll auf sogenannten "Mieten" - Komposthaufen - angelegt, wo er im Laufe des Kompostierungsprozesses bis zu sechs weitere Sortierungen durchläuft. Neun Wochen dauere es, bis Bioabfall zu Kompost wird, erklärt Gehrer. Je mehr Störstoffe, desto mehr Arbeit. Ebendarum hätten Kompostbauern vor ein paar Jahren einen Sortierzuschlag verlangen dürfen, der laut der Projektleiterin bis zu 63 Euro pro Tonne betragen kann. Es habe zu viele Störstoffe im Biomüll gegeben. "Diese Kosten würden wir uns durch die Challenge sparen", sagt Agnes Lang dazu. Denn durch den Zuschlag würde ebenfalls die von den Bürgerinnen und Bürgern bezahlte Müllentsorgungsgebühr steigen.

Bioplastiktüten dürfen im Landkreis Ebersberg nicht in der Biotonne entsorgt werden

Hinter der Herausforderung steht das Bestreben der Stadt, Bioabfall vermehrt als Düngemittel einzusetzen. Laut der Webseite der Aktion "Biotonne Deutschland" stellen Bioabfälle die größte Abfallfraktion in privaten Haushalten dar. Um diese Abfälle als Komposterde wiederverwerten zu können, sei es wichtig, dass so wenig Störstoffe enthalten sind, wie nur möglich, sagt Agnes Lang. Außerdem sei durch die im September 2021 verabschiedete Novelle der Bioabfallverordnung eine neue Obergrenze für den Gesamtanteil an Fremdstoffen im Biomüll festgelegt worden. Vom 1. Mai 2025 dürfen nicht mehr als ein Prozent Gesamtkunststoffe und drei Prozent Gesamtfremdstoffe im Biomüll enthalten sein, wie Lang erklärt. Wird dieser Anteil überstiegen, dürfen Komposthöfe die Lieferungen zurückweisen, was zu neuen Kosten führen kann.

Was das größte Problem im Biomüll darstellt, da sind sich die Projektleiterinnen einig: Plastik. Und Bioplastiktüten. Denn eigentlich seien die Tüten nur "unter Laborbedingungen" kompostierbar und gelten deshalb im Landkreis Ebersberg als Störstoffe, erklärt Gehrer. "In den allermeisten Landkreisen sind sie nicht zugelassen", sagt sie. Da die Tüten jedoch im benachbarten Landkreis Erding in die Biotonne dürfen, komme es zu Missverständnissen, wie Gehrer erklärt. Nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissenheit würden die Leute diese falsch entsorgen, sagt sie.

Würden alle ihren Müll richtig entsorgen, würden die Kompostmengen steigen

Es sei wichtig, den Bioabfall als "einen wertvollen Rohstoff" zu sehen, sagt Gehrer weiter, der dann zu Kompost wird und anschließend als Düngemittel verwendet werden kann. Eine vom Landkreis in Auftrag gegebene Studie zeigt, welchen Einfluss Störstoffe auf den Kompost haben können. Die 2019 ausgeführte Studie verglich zwei mit Dünger bearbeitete Felder - eins mit üblichem, eins mit Kompostdünger. Das Ergebnis: Auf dem Feld, das zuvor mit Kompost gedüngt worden war, befanden sich 162 000 Plastikteilchen mehr als auf dem Feld ohne. Dabei können diese Plastikteilchen bis zu zwei Zentimeter groß sein.

Das Ergebnis der ersten Störstoffanalyse vom 14. März: ein Störstoffanteil von einem Prozent. "Wir waren selber etwas überrascht", sagt Agnes Lang. Das solle jedoch nicht heißen, dass es wenig Plastik im Ebersberger Biomüll gebe. "Es sieht nicht nach viel aus, weil der Gewichtsanteil niedrig ist. Plastik ist leicht", sagt Lang dazu.

In einem Jahr ist eine zweite Störstoffanalyse geplant. Ungefähr im selben Monat wie die erste solle sie stattfinden, sagt Gehrer. Denn der Anteil an Störstoffen könnte aufgrund des Zeitpunktes der Analyse ganz anders ausfallen. "Im Mai ist zum Beispiel viel mehr Rasenschnitt drin. Somit ist der Anteil von Haus aus niedriger", sagt Gehrer. Eine zusätzliche Analyse sei außerdem im Herbst geplant, diese sei jedoch nicht durch die Aktion angeordnet. "Damit wollen wir einen Zwischenstand unseres Fortschritts haben", sagt sie. Während des folgenden Jahres wird überdies durch Öffentlichkeitsarbeit auf die Biotonnenchallenge und ihre Ziele aufmerksam gemacht. Unter anderem eine Bioabfall-Zeitung und Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern sind geplant, so Agnes Lang. Unwissenheit sollte damit vermieden werden. "Kompostmengen würden um 25 Prozent oder sogar mehr steigen, wenn alle den Biomüll richtig entsorgen würden", glaubt Agnes Gehrer.

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