Ebersberg:Beamter will nicht "Depp vom Amt" genannt werden

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Das Ebersberger Amtsgericht muss jetzt entscheiden. (Foto: dpa)

Der Besitzer der Markt Schwabener Sägmühle muss sich vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten, weil er einen Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde beleidigt haben soll. Laut Angeklagtem hat sich dieser jedoch verhört.

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Am Ende war es eine dicke schwarze Kellerspinne, die hinter Richterin Vera Hörauf die weiße Wand hinunterkrabbelte und den Anwesenden einen befreiend heiteren Moment bescherte. Lachen war an diesem Dienstagnachmittag im Sitzungssaal II des Ebersberger Amtsgerichtes kurz erlaubt. Denn obwohl die Verhandlung um eine Beleidigung mitunter komische Aspekte zu Tage beförderte - lustig ist das nicht, worüber sich seit beinahe sechs Jahren ein promovierter und habilitierter Mediziner aus Markt Schwaben mit den Behörden streitet.

Es geht um das freie Betretungsrecht der Natur an der Markt Schwabener Sägmühle und darum, dass der Eigentümer und die Behörden hier unterschiedlicher Auffassung sind. Kurz: Der Professor, der nach eigenen Angaben inzwischen nur noch als Landwirt arbeitet, will nicht, dass "jeder einfach über mein Grundstück marschiert", wie er vor Gericht unterstrich. Und weil das in seinen Augen auch für Vertreter von Behörden gilt, soll er an einem Januartag vor einem Jahr den Regierungsrat Johann Taschner von der Unteren Naturschutzbehörde im Ebersberger Landratsamt einen "Depp vom Amt" genannt haben, woraufhin dieser Strafanzeige erstattet hatte. Und das kam so:

Taschner war am frühen Nachmittag des 25. Januar 2016 mit zwei Kollegen zu dem landwirtschaftlichen Anwesen in Markt Schwaben gefahren, um "Feststellungen" zu machen, wie der Beamte sich ausdrückte. Konkret ging es darum, Schilder zu fotografieren, die der Professor des Anwesens aufgestellt hatte, um Spaziergänger davon abzuhalten, den Weg über sein Grundstück zum Naherholungsgebiet ins Schwabener Moos zu nutzen.

Die Behördenmitarbeiter hatten ihren Besuch nicht angekündigt

Taschner und seine Kollegen hatten ihren Besuch allerdings nicht angekündigt. Das räumte der Regierungsrat vor Gericht auch unumwunden ein. Schließlich gehe er davon aus, dass eine entsprechende Soll-Vorschrift im Gesetz über das freie Betretungsrecht der Natur und dem besonderen Betretungsrecht von Behördenvertretern zulasse, dass eine Anmeldung vor Ort ausreiche. Deshalb habe Taschner einen Mieter, der im Bestandsgebäude der Sägmühle wohnt und der im Hof arbeitete, gebeten, dem Eigentümer die Besucher anzukündigen. Daraufhin hätten sich die zwei Männer und eine Frau zu einer Brücke auf dem Weg ins Moos aufgemacht, die der Professor mit einem Bauzaun versperrt hatte.

Eine Vorgehensweise, die den 46-jährigen Angeklagten derart aufgebracht haben soll, dass er Taschner und seinen Kollegen den Rückweg versperrte. "Er hat uns abgefangen und gleich laut das Schimpfen angefangen", erinnerte sich Taschner, der noch am selben Nachmittag einen Aktenvermerk darüber angefertigt hatte. Letztlich sei es um jenes Betretungsrecht gegangen, was Taschner zufolge der Angeklagte einfach nicht akzeptieren wolle, obwohl dieses selbst vom Verwaltungsgericht schon festgestellt worden sei. Im Verlauf des Dialoges sei dann der Begriff "Depp" gefallen.

Die Erinnerung des Professors war jedoch eine andere. Der gebürtige Münchner und in Baldham aufgewachsene Angeklagte will im Plural gesprochen und "ihr Düppen vom Amt" - also den Begriff "Typen" mit leicht fränkischem Zungenschlag - gesagt haben. Auch gab er an, sich von Taschner und seinen Kollegen bedroht gefühlt zu haben. Sein Mieter habe ihn telefonisch von den ungebetenen Besuchern informiert, die noch nicht einmal ihre Namen hätten nennen wollen.

Bitte um Verzeihung beim Landrat

Der Mieter habe deshalb sogar die Polizei informieren wollen. Diese rief letztlich Taschner, weil er sich aufgrund des erregten Zustands des Angeklagten mit seinen Kollegen nicht über das Grundstück zurück getraut habe. Als zwei Beamte der Poinger Polizeiinspektion an der Sägmühle vorfuhren, habe sich der 46-Jährige allerdings zurückgezogen.

Vor Gericht nun zeigte sich der Professor reuig und bat Taschner um Entschuldigung. "Ich habe Sie nicht beleidigen wollen und es tut mir leid, wenn Sie das so verstanden haben", sagte er. Er bat allerdings auch um Verständnis für sein Handeln. Denn nur, weil die Behörden ihn zwingen wollten, im Bestandshaus wohnen zu müssen und nicht einen in Teilen schwarz gebauten Rohbau fertigstellen zu dürfen, müsse er den öffentlichen Weg sperren. Dieser führe nämlich nur wenige Meter an dem Bestandsgebäude vorbei. Und da seien nicht nur vorbeilaufende Spaziergänger ein Ärgernis. "Auch mein Mieter will nicht nackt auf der Terrasse liegen, wenn der Naturschutz vorbeikommt."

Nachdem der 46-Jährige von der Strafanzeige Taschners erfahren hatte, hat er laut Sitzungsunterlagen beim Landrat als "lieber Robert" per Mail um Verzeihung gebeten. Eine Vertrautheit, die den Staatsanwalt kurz irritierte, die aber schnell aufgeklärt war. "Ich kenne den Landrat aus meiner Schulzeit, er war eine Klasse unter mir", sagte der Angeklagte. Genutzt hat ihm die Bekanntschaft freilich nicht.

Die Strafanzeige blieb bestehen, Richterin und Staatsanwalt neigten dazu, Taschner zu glauben und dieser ließ offen, ob er die Entschuldigung des Professors annimmt. Am Ende folgte Richterin Hörauf einer Empfehlung des Staatsanwaltes, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Der Eigentümer der Sägmühle muss innerhalb eines Monats 1500 Euro an den Bund Naturschutz bezahlen. Die Spinne war da längst nicht mehr zu sehen - und die Richterin äußerte die Hoffnung, auch den Angeklagten zumindest im Gerichtssaal nicht wiederzusehen. Das entgegnete dieser mit einem "Ich werde mich bemühen."

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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