Flüchtlinge in Ebersberg:"An der Grenze der Zumutbarkeit"

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Von kommender Woche an soll auch die Dreifachhalle der Poinger Realschule zur Flüchtlingsunterkunft werden. Für Landrat Robert Niedergesäß ist damit das Ende erreicht, weitere will er nicht zur Verfügung stellen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Poinger Realschule wird die neueste Flüchtlingsunterkunft des Landkreises. Noch in dieser Woche wird die Dreifachturnhalle als Schlafstätte für bis zu 180 Menschen hergerichtet, von kommenden Montag an könnten die ersten Asylbewerber einziehen. Für Landrat Robert Niedergesäß (CSU) ist damit eine Grenze erreicht. Er kündigte am Dienstag an, dass der Landkreis darüber hinaus keine weiteren Hallen an seinen Schulen mehr zur Verfügung stellen werde.

Schon jetzt sind fünf Hallen belegt

"Das ist die letzte Turnhalle, die ich freiwillig hergebe, gegen jede weitere Belegung werde ich mich stemmen", so die eindeutige Ansage des Landrates. Mit der Belegung der Halle in Poing seien zwölf von insgesamt 21 Hallen-Einheiten beziehungsweise sechs von zehn Sporthallen des Landkreises zu Unterkünften umfunktioniert. "Wir sind an der Zumutbarkeitsgrenze."

Bereits jetzt als Unterkünfte genutzt werden die Hallen der Ebersberger Realschule, der Seerosenschule in Poing sowie der Gymnasien in Kirchseeon, Markt Schwaben und Vaterstetten. Letztere ist eine Notunterkunft der Regierung von Oberbayern.

Diese ist auch zuständig für die Verteilung der Flüchtlinge auf die Landkreise. Seit Montag muss Ebersberg jede Woche 61 Asylbewerber unterbringen. Aktuell leben rund 1500 Flüchtlinge im Landkreis, "damit sind wir an die Grenzen unserer Kapazitäten gestoßen", sagt der Landrat.

Niedergesäß wollte warten, bis die erste Traglufthalle steht

Er habe sich bei der Regierung eingesetzt, die Zuweisungen für einige Wochen zu verringern, bis die Kapazitäten erhöht werden können. Dies habe die Regierung abgelehnt, weshalb der Landkreis nun eine weitere seiner Turnhallen in Beschlag nehmen muss.

Da die Realschule ein sogenanntes PPP-Modell (Public Private Partnership) ist, also von einer privaten Firma im Auftrag des Landkreises betrieben wird, wird dieses Unternehmen die Turnhalle zusammen mit Mitarbeitern des Landratsamtes zu einer Schlafstätte umbauen. Dieses Mal ist auch die Gemeinde Poing betroffen; sie besitzt ein Drittel, der Landkreis zwei Drittel der Halle. Die Kommune habe dem Landratsamt zugesichert, ihre Halleneinheit zur Verfügung zu stellen.

Niedergesäß bedauert, dass eine Übereinkunft mit der Regierung über eine zeitweilige Aussetzung der Flüchtlingszuweisungen nicht möglich war. "Nicht, weil wir nicht wollen, sondern weil es einfach nicht mehr geht." Langfristig werde man die Kapazitäten natürlich erhöhen, so Niedergesäß, bis Ende kommenden Jahres könnten im Landkreis Unterkünfte für bis zu 3000 Asylbewerber zur Verfügung stehen.

"Wir können nicht den Schulsport komplett lahmlegen"

Bereits in den kommenden Wochen wird für 270 bis 300 Asylbewerber eine große Traglufthalle in Pliening aufgestellt. Eine weitere in gleicher Größe könnte im Poinger Ortsteil Grub entstehen. Die Flächen hat die Gemeinde dem Landkreis bereits angeboten, das Thema stand an diesem Dienstagabend auch auf der Tagesordnung des Poinger Bauausschusses.

Die Plieninger Halle soll bereits Ende Januar bezugsfertig sein, schätzt Stefanie Geisler, im Landratsamt zuständig für den Bereich Asyl. Im Februar könnte jene in Grub folgen. Alle durch den Hallenbau entstehenden Kosten übernimmt die Regierung von Oberbayern. Das betrifft sowohl die Ausgaben durch Bauarbeiten und Anschaffungskosten für die beiden Hallen selbst als auch die späteren laufenden Kosten, etwa Heizung oder Reparaturen. Wenn die Halle nicht mehr benötigt wird, bezahlt die Regierung auch den Abbau.

Für Niedergesäß ist es vor allem wichtig, dass durch die neuen Unterkünfte wieder eine normale Nutzung der Turnhallen möglich wird: "Wir können nicht den Schulsport komplett lahmlegen." Derzeit behelfen sich die Schulen, deren Hallen belegt sind, mit Kooperationen mit anderen Schulen, aber das sei eben nur bis zu einem gewissen Grad möglich: "Es ist unser erklärtes Ziel, dass die großen Hallen in Poing, Markt Schwaben und Kirchseeon entlastet werden."

Auch die Halle im Vaterstettener Gymnasium soll möglichst bald wieder für den Sportunterricht verfügbar sein. Die Regierung habe angekündigt, die Notunterkunft im Januar aufzulösen. Damit die Halle generell aus dem Notfallplan herausgenommen werden kann, gibt es Überlegungen, eine dauerhafte Erstaufnahmeeinrichtung im Landkreis zu errichten. Bisher, so Niedergesäß, habe man aber noch keine dafür geeigneten Flächen oder Immobilien finden können.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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