Amtsgericht Ebersberg:Wo kein Kläger

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Ein 74-jähriger Rentner steht in Ebersberg vor Gericht, weil er sich Collagen aus Kinderpornos gebastelt hat. (Foto: Christian Endt)

Immer wieder fallen auch am Ebersberger Amtsgericht Verhandlungen aus. Woran liegt das und was sind die Folgen?

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Gefährliche Körperverletzungen, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Sexualdelikte - am Ebersberger Amtsgericht werden Woche für Woche zahlreiche Strafsachen verhandelt. Manche der Prozesse fallen allerdings spontan aus, weil einer der Beteiligten fehlt. Häufig sogar der Angeklagte selbst. Vor Strafe schützt das freilich jedoch nicht, im Gegenteil: Versucht sich der Beschuldigte ohne triftigen Grund vor der Verhandlung zu drücken, hat das durchaus drastische Konsequenzen.

"In solchen Fällen können Zwangsmaßnahmen angeordnet werden", erklärt der stellvertretende Amtsgerichtsdirektor Frank Gellhaus. Dazu zählt etwa der sogenannte Vorführungsbefehl, also die Anordnung des Richters, den Angeklagten zu einem neuen Termin von der Polizei zur Verhandlung bringen zu lassen. Liegt der Wohnort des Beschuldigten in der Nähe des Gerichts - was bei gerade bei Amtsgerichten häufig der Fall ist - kann der Richter die Polizeistreife auch direkt losschicken, um den Angeklagten daheim abzuholen und in den Verhandlungssaal zu bringen. Schließlich ist sogar ein Sitzungshaftbefehl denkbar, also die vorübergehende Unterbringung des Angeklagten im Gefängnis, wo er auf den neuen Verhandlungstermin warten muss.

Ein spontaner Urlaub ist kein Grund, um nicht zur Gerichtsverhandlung zu erscheinen

Dass es soweit kommt, ist Gellhaus zufolge aber die absolute Ausnahme. Wenn in der Ebersberger Justizbehörde spontan Prozesse ausfallen, sei das meist einer Krankheit geschuldet oder weil einer der Beteiligten, etwa der Rechtsanwalt, terminlich verhindert ist. Liegt eine Krankheit vor, müsse das per ärztlichem Attest nachgewiesen werden, so der stellvertretende Direktor. Allerdings muss der Betroffene tatsächlich verhandlungsunfähig sein, ein leichter Schnupfen reicht dafür nicht aus. Auch ein spontaner Urlaub ist übrigens keine Entschuldigung, um sich vor dem Verfahren zu drücken.

Kann der Angeklagte aber tatsächlich aus einem triftigen Grund nicht vor Gericht erscheinen, bleibt den übrigen Prozessbeteiligten nichts anderes übrig, als einen neuen Termin zu finden. Das ist für die Justizbehörde zwar ärgerlich, weil sich dadurch noch mehr Verhandlungen aufstauen, lässt sich aber nicht vermeiden: "Das würde ja der Menschenwürde widersprechen, wenn ein Angeklagter mit 40 Grad Fieber vor Gericht erscheinen müsste", sagt Gellhaus. Der Jurist ist bereits seit 20 Jahren im Geschäft, abgesagte Verhandlungen habe es in dieser Zeit immer gegeben. "Das ist business as usual", so der stellvertretende Direktor, der trotz Corona und Grippewelle keine größere Häufung ausgefallener Verhandlungen in Ebersberg feststellen kann.

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