Die Gemeinde Aßling lehnt einen Digitalfunksender ab:Turbulenzen um die Wellen

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Gemeinderat stimmt gegen Digitalfunksender und eine Bürgerinitiative kritisiert das Vorgehen des Bürgermeisters

Von Georg Reinthaler

Aßling wird als  Digitalfunkstandort für den Nachbarlandkreis Rosenheim diskutiert. (Foto: privat)

Der Aßlinger Gemeinderat sagt einstimmig und kategorisch Nein zur eigenen Gemeinde als Digitalfunkstandort für den Nachbarlandkreis Rosenheim. In der Sitzung am Dienstagabend brachten die Gremiumsmitglieder ihre Meinung erneut auf den Punkt. In Abwesenheit des erkrankten Bürgermeisters Werner Lampl (CSU) lehnten sie auch ab, Vertragsverhandlungen mit einem vom Innenministerium beauftragten Unternehmen aufzunehmen. Vertreter einer Bürgerinitiative kritisierten zudem den Rathauschef und sprachen von einem "peinlichen und nicht akzeptablen Vorgehen der Gemeinde" bei der mangelhaften Umsetzung des Ratsbeschlusses, der ein Digitalfunk-Moratorium fordern sollte.

Werner Lampl, der entschuldigt war, konnte sich nicht selbst zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern, so dass Geschäftsleiter Wilfried Graupe Stellung bezog: "Das ursprünglich von der Verwaltung formulierte Schreiben war zugegebenermaßen nicht ganz in der richtigen Form." Man habe daher am Montag einen überarbeiteten und vom ersten Bürgermeister unterzeichneten Antrag an die entsprechenden Stellen weitergeleitet. Die Sprecherin der Bürgerinitiative "Mobilfunk mit Grenzen", Trudi Christof, verwies auf einen Brief ihrerseits, der allen Gemeinderäten zugesandt worden sei. In diesem prangert der Verein eine fehlerhafte Darstellung der eindeutigen Ratsentscheidung vom 5. Februar 2013 zur Forderung eines Digitalfunk-Moratoriums bei der Staatsregierung an, die im ersten Schreiben der Gemeinde enthalten war. "Es stellt sich die Frage, warum erst ein Text aufgeführt worden ist, der in keinem logischen Zusammenhang mit dem Gemeinderatsbeschluss steht."

Den jüngsten Diskussionen vorangegangen war im vergangenen Sommer der Sinneswandel eines Unternehmens, das vom bayerischen Innenministerium mit der Standortsuche für Digitalfunksender beauftragt worden war. Entgegen anderslautender Bekundungen hatte die telent GmbH die Gemeinde Aßling auf ihrer Prioritätenlisten auf Platz eins gesetzt, nachdem Grundstücksverhandlungen mit Eigentümern im benachbarten Tuntenhausen im Landkreis Rosenheim gescheitert waren. Das Aßlinger Ratsgremium lehnte daher im Oktober 2012 die Bereitstellung von Flächen zur Versorgung des Nachbarlandkreises auf eigenem Territorium einstimmig ab. Vor wenigen Wochen folgte schließlich auf Vorschlag der Bürgerinitiative die Entscheidung, zusätzlich ein Moratorium für den Digitalfunk zu fordern.

Davon unbeeindruckt zeigte man sich bei der telent GmbH, wie die kürzlich abgegebene Stellungnahme des dortigen Projektleiters für Bayern, Wolfgang Krüger, verdeutlicht: "Eine Lösung ohne Mast in Aßling wird sich nicht realisieren lassen, wir suchen daher bewusst die Zusammenarbeit mit der Kommune." Ohne Einigung wolle die Firma definitiv auf den bestehenden Mobilfunkmast in der Klärwerkstraße gehen. Unterdessen hatten Werner Lampl und dritter Bürgermeister Ernst Sporer-Fischbacher (UNL) in Gesprächen mit dem Unternehmen alternative Standorte am Osterholz und am Loitersbach vorgeschlagen. "Wir wollten einfach eine gute Lösung finden. Unsere Gemeinde ist ja bereits durch einen anderen Standort ausreichend mit Digitalfunk versorgt, ein zusätzlicher Sender brächte nur Vorteile für den Landkreis Rosenheim", so Sporer-Fischbacher. Mehrere Gemeinderäte kritisierten dieses Vorgehen und sprachen von "falschen Hoffnungen für die telent GmbH", die so geschürt worden seien. Der Standort am Loitersbach liege nur wenige hundert Meter Luftlinie vom ohnehin schon existierenden Mast am Wertstoffhof entfernt und mit 350 Metern Abstand viel zu nahe an Wohnsiedlungen, betonte Hugo Kasper (Freie Wähler).

Doch der Kommune könnte nun ausgerechnet ihre eigene Flächennutzungsplanung am Ende zum Verhängnis werden, die vor Jahren überarbeitet worden war. Deshalb sprach der zweite Bürgermeister Franz Hilger (CSU) auch von einem "Eigentor". Es waren Konzentrationsflächen für Mobilfunksender ausgewiesen worden. In den kommenden Jahren wird Aßling so alle Mobilfunksender aus dem Dorf heraus gebündelt an den Wertstoffhof gebracht haben. "Laut Rücksprache mit unserem Rechtsbeistand wird aber nicht zwischen Digitalfunk und Mobilfunk unterschieden, weshalb uns die Hände gebunden wären. Nur wenn der Mast am Wertstoffhof extra erhöht werden müsste, könnte der Gemeinderat dagegen stimmen", so Graupe. Darüber hinaus ist die Regierung von Oberbayern letztlich in der Lage, das gemeindlich verweigerte Einvernehmen zu ersetzen, um ihre Pläne einer flächendeckenden Digitalfunkversorgung zu realisieren. Dennoch stimmten die Gemeinderäte gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit der telent GmbH.

© SZ vom 28.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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