CSU:Von wegen Ruhe

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Der geplante Neuanfang der Zornedinger CSU beginnt mit einem Eklat. Erst wird die Presse eingeladen, dann ausgeschlossen

Von Carolin Fries, Zorneding

Es sollte der Anfang einer neuen Zeitrechnung in der Zornedinger CSU werden. 18 Jahre lang stand hier die Politologin Sylvia Boher an der Spitze, im Herbst hatte sie den Vorsitz auf Druck von oben nach der Veröffentlichung eines rechtspopulistischen Artikels im örtlichen Parteiblatt abgegeben. Nun sollten die Posten nachbesetzt werden. Doch die Mitgliederversammlung im Hotel Neuwirt begann am Montagabend mit einem Eklat: In geheimer Abstimmung sprach sich die Mehrheit der etwa 20 anwesenden Mitglieder dafür aus, die Öffentlichkeit, in diesem Fall die Presse, von der Versammlung auszuschließen.

Das CSU-Parteimitglied, das später dafür sorgte, dass die Presse seinen Namen nicht erfuhr, berief sich auf Paragraph 45 der Parteisatzung, welche die Teilnahme an Sitzungen regelt. Der Mann stellte einen entsprechenden Antrag. Der kommissarischen Ortsvorsitzenden Jutta Sirotek war die Angelegenheit sichtlich peinlich und auch Bürgermeister Piet Mayr schien nicht glücklich darüber. Sirotek hatte die Presse persönlich zur Berichterstattung eingeladen, Mayr hatte noch am selben Tag telefonisch bekräftigt, Journalisten seien "selbstverständlich wie auch die Jahre zuvor" willkommen. Mit der Willkommenskultur war es dann schnell vorbei - auch wenn die Entscheidung knapp getroffen wurde, wie Sirotek und Mayr nach der Versammlung betonten.

Nur wenige Stunden nach der Abstimmung stand der 84 Mitglieder starke Ortsverband, um den eigentlich Ruhe einkehren sollte, erneut im Mittelpunkt einer öffentlichen Debatte. "Der nächste Fehler der CSU im Umgang mit der Causa Boher" lautet ein Kommentar auf der Facebook-Seite von Andreas Lenz. Der Bundestagsabgeordnete und Stellvertreter des Kreisvorsitzenden Thomas Huber (der mit einer Delegation im Ausland weilt) hatte die Wahlen in Zorneding geleitet und noch am Abend gepostet, dass es nicht recht wäre, wegen des Ausschlusses der Presse von einem Fehlstart im Zornedinger Ortsverband zu sprechen. Die Entscheidung der Versammlung gelte es zu akzeptieren, "da maße ich mir kein Urteil an". Einen Zusammenhang mit der besagten Causa Boher sehe er nicht, vielmehr habe der Ortsverband den Neuanfang unbeobachtet vollziehen wollen.

Damit aber hatte der anonyme Herr seinen Antrag nicht begründet, sondern mit der "unappetitlichen Berichterstattung" über die Zornedinger CSU. Auch Sylvia Boher, die vor wenigen Tagen ebenfalls auf Druck ihre Ämter auf Kreis- und Bezirksebene abgab, hatte für den Schaden an der CSU stets die Presseberichterstattung verantwortlich gemacht. Während der Kreisvorsitzende Thomas Huber dieser These damals widersprach und Boher später zum Rückzug drängte, hat sie im Zornedinger Ortsverband offenbar noch immer Bestand. Georg Pfettrisch, am Montag in Abwesenheit als Beisitzer im Vorstandsamt bestätigt, schrieb am Dienstag auf Facebook von einer "Mitschuld der SZ" durch "hetzerische Berichterstattung".

"Nicht glücklich" mit dem Rauswurf der Presse zeigte sich Zornedings Bürgermeister Piet Mayr. Er hatte erst in der vergangenen Woche den Ausschluss Bohers aus der Gemeinderatsfraktion gefordert. "Ich find's schade", kommentierte Jutta Sirotek die Entscheidung. Die 62-Jahre alte Mediatorin wurde im Anschluss mit 19:1 Stimmen für ein Jahr zur neuen Vorsitzenden gewählt, 2017 finden reguläre Neuwahlen statt. Die stellvertretende Kreisvorsitzende der Frauen-Union, Gabriele Pupp, gratulierte via Facebook und fragte: "Aber warum ohne Presse? Gerade Zorneding hätte diese - sicher positive - Presse nicht geschadet." Sylvia Boher nahm nicht an der Mitgliederversammlung teil, sie hatte sich entschuldigt.

Vorsitzende: Jutta Sirotek; Stellvertreter: Stefanie Berndlmeier, Robert Strobl, Franz Pfluger; Geschäftsführer: Uwe Lembke; Stellv. Geschäftsführer: Franz Schonlau; Schatzmeister: Andreas Kollmannsberger; Schriftführerin: Sandra Kuse; Beisitzer: Piet Mayr, Georg Pfettrisch, Tobias Hackl, Andreas Perkonigg, Benjamin Gibtner.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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