Bruck/München:Klage gegen Brucker Windrad erneut gescheitert

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Dieses Ensemble aus Alxinger Kirche und Hamberger Windrad wird es laut Urteil des Verwaltungsgerichtshofes auch weiterhin geben. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Landesbund für Vogelschutz verliert nun auch vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Von Wieland Bögel, Bruck/München

Das Windrad in Hamberg geht den Landesbund für Vogelschutz nichts an. Das ist, kurz zusammengefasst, die Begründung eines Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH). Dieser hat Mitte März die Berufung der Vogelschützer gegen ein ähnlich lautendes Urteil des Verwaltungsgerichts in München zurückgewiesen. Auch wenn sich die Richter am VGH in ihrem Urteil jenem der Vorinstanz angeschlossen haben, wurden weitere Rechtsmittel ausdrücklich zugelassen, die Vogelschützer könnten demnach Revision einlegen. Ob sie dies aber tun werden, ist noch nicht entschieden.

Seit knapp einem Vierteljahr ist der südliche Landkreis um eine Sehenswürdigkeit reicher. Nahe dem Weiler Hamberg in der Gemeinde Bruck nahm am 16. Dezember das erste Windrad im Landkreis den Betrieb auf. Der Bau der Anlage hatte im August begonnen - das Genehmigungsverfahren dagegen bereits im Herbst des Jahres 2011, als sich einige Landwirte aus der Gegend zur Osterkling GmbH zusammenschlossen und den Bau eines Windrades neben ihren Grundstücken beantragten.

Damals - lange bevor die Gegnerschaft gegen Windräder zur bayerischen Staatsraison erklärt wurde - galten solche Anlagen als privilegierte Vorhaben, wie etwa Gebäude für Land- und Forstwirtschaft. Zunächst schien das Genehmigungsverfahren auch problemlos zu laufen - gebaut werden durfte dann aber gut fünf Jahre lang nicht.

Denn sowohl die Bewohner umliegender Ortschaften, wie auch der Landesbund für Vogelschutz liefen Sturm gegen das Vorhaben. Erstere sahen ihre Ruhe und schöne Aussicht, letzterer das Leben seltener Vögel gefährdet. So sei das Gebiet bei Hamberg unter anderem Heimat des Baumfalken, des Rotmilans und des Wespenbussards. Erst im April vorigen Jahres wurden die letzten Klagen von Anwohnern der benachbarten Dörfer abgewiesen. Länger dauerte der Entscheid in der Frage, ob das Windrad wegen der Gefährdung seltener Vögel unzulässig ist. Als das Verwaltungsgericht im vergangenen Herbst die letzte Klage des Landesbundes für Vogelschutz abwies, rief dieser den VGH an.

Die Vogelschützer sind "nicht klagebefugt"

Doch dort kommt man nun ebenfalls zu dem Schluss, dass die Vogelschützer in Bezug auf das Windrad "nicht klagebefugt" sind. Konkret geht es dabei um eine Vorgabe der Verwaltungsgerichtsordnung, wonach gegen ein Vorhaben, wie etwa ein Gebäude oder eben ein Windrad, nur juristisch vorgehen kann, wer dadurch "in eigenen Rechten verletzt wird". Im Alltag der Verwaltungsgerichte sind dies oft Klagen unter Nachbarn, etwa wenn das neue Gartenhaus nebenan zu viel Schatten aufs eigene Grundstück wirft, ein fremder Baum den eigenen Rasen verschmutzt oder die neue Mauer an der Grundstücksgrenze die Sicht versperrt.

Bei seiner Klage hatte nun aber auch der Landesbund für Vogelschutz argumentiert, er sei in seinen Rechten verletzt. Schließlich habe er sich in seiner Satzung "dem Schutz natürlicher Lebensgrundlagen" verschrieben, und das Windrad sei ein Eingriff in eben diese, etwa wegen der davon ausgehenden Gefahr für Vögel. Der Landesbund berief sich dabei auf Europarecht, unter anderem auf die sogenannte Aarhus-Konvention.

Dieser völkerrechtliche Vertrag schreibt jeder Person Rechte im Umweltschutz zu, darunter fällt auch die Möglichkeit, Klage gegen Umweltbeeinträchtigungen zu führen. Durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt sahen sich die Vogelschützer bestärkt. Dieses hatte Anfang des Jahres in einem ähnlich gelagerten Fall die Klage einer Umweltschutz-Organisation grundsätzlich zugelassen.

Nicht so die Richter des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes. Sie verwiesen unter anderem darauf, dass die Entscheidung der Kollegen aus Sachsen-Anhalt keine grundsätzliche Klagebefugnis für Naturschutzorganisationen bedeute, sondern lediglich per Eilverfahren eine konkrete Klage zugelassen hätten.

Der Fall könnte zum Präzedenzfall werden

Gleichzeitig, so erklärt es Gerichts-Sprecher Klaus Löffelbein, habe auch der VGH ausdrücklich keine Entscheidung zum grundsätzlichen Klagerecht von Umweltverbänden getroffen. "Weil es sich um eine komplexe Rechtsfrage handelt" habe die Kammer auch die Revision gegen ihre Entscheidung zugelassen. So könne der Brucker Fall unter Umständen vor einer höheren Instanz zum Präzedenzfall für das allgemeine Klagerecht von Umweltschützern werden.

Ob es allerdings dazu kommt, ist noch nicht entschieden, sagt LBV-Kreisvorsitzender Richard Straub. Man werde in den nächsten Tagen zusammen mit der Landesgeschäftsstelle und einem Rechtsanwalt prüfen, welche Chancen in einer Fortsetzung der juristischen Auseinandersetzung liegen. Straub selbst ist wenig optimistisch, dass der LBV noch viel gegen das Windrad ausrichten kann: "Es steht, es produziert Strom, ich glaube kaum, dass es wieder abgerissen wird."

Zumindest in dieser Sache sind sich Vogelschützer und Windradbetreiber einig. "Wir haben zwei Mal Recht bekommen, ich glaube nicht, dass hier noch etwas passiert", zeigt sich Hans Zäuner von der Betreibergesellschaft Osterkling überzeugt. Dies liegt auch am bisher zufriedenstellenden Ertrag der Anlage. Denn in einem früheren Prozess wurde zwar grundsätzlich eine Gefahr für seltene Vögel durch das Windrad bejaht - gleichzeitig aber auf eine Ausnahmeregelung verwiesen:

Bestehe ein "überwiegendes öffentliches Interesse", könne die Anlage genehmigt werden, auch wenn dies den einen oder anderen Baumfalken das Leben kosten könnte. Laut Betreiber besteht ein solches Interesse, eben durch die Produktion von Strom. Diese liege im ersten Vierteljahr bei etwa, 1,1 Millionen Kilowattstunden, so Zäuner, was ungefähr der Prognose im Genehmigungsverfahren entspreche. Er geht sogar davon aus, dass sich die Strommenge im kommenden Jahr noch um bis zu fünf Prozent steigern lässt, wenn die Anlage erst einmal richtig eingerichtet ist.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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