BMW-Logistikzentrum:Kritik an Vaterstettens BMW-Politik

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Kommt BMW, oder kommt BMW nicht, das ist hier die Frage. (Foto: dpa)

Der Gemeinderat will auf die Schnelle den Weg für eine BMW-Niederlassung in Parsdorf frei machen. Nun melden sich die Gegner zu Wort.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die mögliche Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma BMW in Parsdorf stößt auf Kritik. Ende vergangener Woche hatte die Vaterstettener Gemeindeverwaltung verkündet, der Autobauer sei möglicherweise an einem Grundstück neben der Autobahn 94 als Standort interessiert. Im Schnellverfahren sollen nun an diesem Donnerstag in den Gremien die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Sowohl aus Parsdorf als auch aus dem Vaterstettener Gemeinderat gibt es aber kritische Stimmen, die vor einer zu schnellen Entwicklung warnen.

"Das eine Gewerbegebiet ist noch nicht fertig, da wird schon am nächsten herumgedoktert", dies sei nicht zu verstehen, sagt Johann Gunszt, Sprecher der Arbeitsgruppe Orts- und Verkehrsentwicklung Parsdorf. Weder seien alle Flächen im Gebiet südlich der Autobahn bereits vergeben, noch sei die versprochene Umgehungsstraße fertig. Diese soll die Ortschaften vom Verkehr entlasten, der auch durch das neue Gewerbegebiet zugenommen hat. Stattdessen werde es, noch bevor die Entlastungsstraße hierfür überhaupt gebaut ist, zunächst zusätzlichen Verkehr geben, befürchtet man in Parsdorf. Man sei nicht grundsätzlich gegen die Entwicklung des Gebietes nördlich der Autobahn, betont Gunszt, nur eben nicht sofort. "Es war schon klar, dass da irgendwann Gewerbe hinkommt, aber man soll es nicht übers Knie brechen."

Die gleiche Forderung nur in anderen Worten erhebt die SPD-Gemeinderatsfraktion: "Aus unserer Sicht sollten keine überstürzten Aktivitäten gestartet werden", so Fraktionschef und Ortsvorsitzender Sepp Mittermeier. Eine Ausweisung von Gewerbeflächen an dem Standort solle - falls es überhaupt eine Mehrheit dafür im Gemeinderat gebe - nach einem "Fahrplan" erfolgen. Erster Schritt sei die Erstellung eines von den Genossen bereits im Juli geforderte Kriterienkataloges.

Einen Entwurf dafür hat die SPD bereits erarbeitet. Darin wird unter anderem gefordert, nur Betriebe anzusiedeln, "bei denen nachweislich hohe Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten sind". Für die SPD sind das mindestens zwei Millionen Euro pro Jahr und zehn Hektar Fläche. Auf dem gleichen Areal sollen nach dem Willen der Genossen 500 Ausbildungs- und Arbeitsplätze entstehen. Dabei solle aber der Flächenverbrauch insgesamt gering gehalten, also möglichst in die Höhe gebaut werden. Außerdem wichtig für die SPD ist eine Anbindung an den Nahverkehr, etwa den S-Bahnhof Grub.

Zusammenarbeit mit Poing?

Hierfür könnte man mit der Nachbargemeinde Poing zusammenarbeiten, überhaupt wünscht sich die SPD einen "interkommunalen Ansatz" bei der Entwicklung des Gewerbegebietes. Neben einer gemeinsamen Verkehrserschließung könnte dies auch im Bereich der Energieversorgung sinnvoll sein, etwa durch einen Anschluss ans Poinger Nahwärmenetz.

Auch habe man im Verbund mit den Nachbarn eine bessere Verhandlungsposition gegenüber dem Investor, "der im Besitz wichtiger Tauschflächen ist". Denn derzeit gehören einige Flächen nördlich der Autobahn noch dem Freistaat, während der Investor, eine belgisch-luxemburgische Firma, die vorwiegend mit Gewerbegrundstücken spekuliert, einige Flächen östlich von Parsdorf besitzt.

Wenn ein solcher Katalog vom Gemeinderat verabschiedet sei, so Mittermeier weiter, könne man nach Firmen suchen, welche die Kriterien erfüllen - laut SPD alle außer Logistik - und über die Größe des künftigen Gewerbegebietes sowie eventuelle Erweiterungsoptionen entscheiden. Erst ganz zuletzt solle man sich an die Aufstellung von Bebauungsplänen machen, fordert die SPD.

Doch genau dies wäre nach dem Fahrplan der Verwaltung einer der ersten Schritte. Sollte der Gemeinderat am Donnerstag einen Grundsatzbeschluss zur Entwicklung des Gewerbegebietes fällen, trifft sich anschließend der Bauausschuss, um zu einem einzigen Tagesordnungspunkt zu beraten: Der Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Logistikzentrum.

Die Eile sei nötig, so Vaterstettens Wirtschaftsförderer Georg Kast, da BMW einen engen Zeitplan vorgegeben habe. Bereits im Herbst 2019 solle das Logistikzentrum den Betrieb aufnehmen, was eben nur möglich sei, wenn jetzt schon die Planung beginne. Wobei allerdings noch nicht sicher ist, dass BMW wirklich nach Vaterstetten zieht, die Firma prüft derzeit noch andere Standorte in der Region. Trotzdem ist für Kast die Aussicht auf einen derart potenten Gewerbesteuerzahler wie BMW das Risiko einer vielleicht am Ende nutzlosen Planung wert.

Viel interessanter aber als der Beschluss für oder gegen BMW dürfte die zuvor im nichtöffentlichen Teil stattfindende Beratung sein. Denn da geht es um eine Beteiligung der Gemeinde an dem neuen Gewerbegebiet. Dies bestätigt auch Kast, will aber nicht zu sehr ins Detail gehen. Das Ziel sei, dass die Gemeinde bei der Vergabe der Grundstücke an Firmen mehr Mitspracherechte habe als beim Gewerbegebiet südlich der Autobahn. Dass zu diesem Zweck auch Geld aus der Gemeindekasse an den Investor fließt, etwa indem sich Vaterstetten in eine gemeinsame Entwicklungsgesellschaft einkauft, will Kast nicht dementieren. Dies sei eines von mehreren Szenarien, die der Gemeinderat am Donnerstag debattieren werde.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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