Betreuung im Landkreis:Ihr Kinderlein kommet?

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Platz gibt es in den Ebersberger Krippen und Kitas eigentlich genug. Die Erzieherinnen und Erzieher fehlen leider. (Foto: Catherina Hess)

Auch in diesem Herbst werden wohl so manche Familien im Landkreis keinen Kita-Platz erhalten. Dabei wären eigentlich genug Einrichtungen für alle da.

Von Ulli Kuhn, Ebersberg

Malen funktioniert am besten, wenn der Stift zwischen Daumen und Zeigefinger liegt. Eine Schere trägt man besser nicht mit der Spitze voraus. Wenn man nett zu anderen ist, mögen sie einen vielleicht auch. Bereits in der Kita lernt man viele wichtige Dinge für den späteren Lebensweg. Doch auch im Landkreis Ebersberg müssen immer wieder Kinder auf diese wichtigen Erfahrungen verzichten, einfach weil es nicht genügend Betreuungsplätze gibt. Ein Problem, das berufstätige Eltern obendrein in existenzielle Nöte bringt. Deshalb herrscht nun wieder großes Bangen: Wer darf im September sein Kind in die Kita bringen? Und wer nicht?

Im Kindergarten stehen vielerorts genügend Plätze zur Verfügung

Die gute Nachricht zuerst: Zumindest im Kindergartenbereich scheint es kaum Probleme zu geben. Jedenfalls geben Vertreter aus den Rathäusern in Ebersberg, Poing, Markt Schwaben, Zorneding, Aßling, Kirchseeon und auch Grafing der SZ gegenüber an, dass bei ihnen für die über Dreijährigen genügend Plätze zu Verfügung stünden, um den diesjährigen Anmeldungen zu entsprechen. Nur in Steinhöring und Vaterstetten, wo der Vergabeprozess allerdings noch nicht abgeschlossen ist, sind auch bei den älteren Kindern die Plätze knapp.

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Besonders gut geklappt hat die Planung heuer offenbar in Markt Schwaben: "Jede Familie kriegt hier einen Betreuungsplatz, in der Regel sogar in der Wunscheinrichtung", verkündete Bürgermeister Michael Stolze auf der jüngsten Gemeinderatssitzung. Und auch in der Kreisstadt gibt es zumindest bei den Kindergartenplätzen offenbar kein Problem: "Alle Kinder ab drei Jahren haben wir sicher untergebracht", sagt Michael Neumeier, der stellvertretende Leiter des Amtes für Familie und Soziales in Ebersberg. "Nur leider nicht immer in der Wunscheinrichtung."

Krippenplätze sind in vielen Kommunen Mangelware

Bei Krippenplätzen indes sieht es leider anders aus. Nur Markt Schwaben, Poing und Kirchseeon bringen nach eigenen Angaben alle Kleinkinder unter, in Ebersberg, Grafing, Vaterstetten, Zorneding, Aßling und Steinhöring werden vermutlich ein paar Familien leer ausgehen. "Der Bedarf an Krippenplätzen steigt stetig", erklärt Grafings Bürgermeister, Christian Bauer. "Deswegen haben wir in den letzten Jahren zwei neue Einrichtungen gebaut." Im Krippenbereich gebe es dieses Jahr leider trotzdem nicht genug Plätze für Grafinger Kinder. "Aber eine dritte neue, große Einrichtung geht voraussichtlich 2024 an den Start", so Bauer.

Das Erstaunliche ist: Eigentlich scheint es fast überall genug Kitas zu geben. Das Problem liegt vielmehr woanders, nämlich im Fachkräftemangel. "Aßling hat viel investiert in neue Plätze. Doch es wird immer schwieriger, Personal zu finden, um diese auch zu bedienen", sagt beispielsweise Aßlings Bürgermeister, Hans Fent. Die Kommunen hätten viele Fördergelder bekommen, um neue Kitas zu schaffen - nur habe man es politisch offenbar versäumt, ein Programm zu entwerfen, um für genügend Erzieherinnen und Erzieher zu sorgen.

Einrichtungen gäbe es eigentlich genug, doch es fehlt an Personal

Sogar beim Primus Markt Schwaben kennt man dieses Problem: "Wir hätten eigentlich deutlich mehr Plätze zu Verfügung - nur eben nicht genügend Personal", sagt Familienbeauftragte Georgine Mohr. Und auch aus Zorneding heißt es, dass der Grund dafür, dass noch Kinder auf der Warteliste stehen, im Personalmangel zu finden sei. "Die Situation ist desaströs", sagt Steinhörings Bürgermeisterin, Martina Lietsch. "Wenn nur eine Erzieherin wegen Schwangerschaft oder Krankheit ausfällt, kippt die Lage sofort." Das sei leider die Realität in vielen bayerischen Kommunen - und damit hat Lietsch wohl Recht: Laut Berechnungen der Bertelsmann Stiftung fehlen aktuell in ganz Bayern an die 62 000 Kitaplätze sowie rund 14 500 Erzieherinnen und Erzieher.

Angela Paschiller, Kirchseeons Familienbeauftragte, befasst sich viel mit diesem Problem. "Die Berufsschulen für Erzieher führen teilweise lange Wartelisten. Das heißt: Es gibt genügend Menschen, die Erzieher werden wollen, nur eben nicht genügend Berufsschulen." Ihre Gemeinde habe deshalb zwei Jahre lang dafür gekämpft, dass die geplante Erzieherschule in St. Zeno gebaut werde, doch nun sei das Projekt leider auf Eis gelegt. "Durch diese Schule hätte man natürlich prima Fachkräfte in den Landkreis holen können", sagt auch Steinhörings Bürgermeisterin.

Der Hintergrund: Im Bildungswerk St. Zeno in Kirchseeon hätte eine Erzieher-Akademie entstehen sollen. Aufgrund unvorhergesehener Kostensteigerungen ist das Projekt in Kooperation mit der Johanniter-Unfall-Hilfe vorerst gescheitert. Als Ersatz soll nun eine staatliche Schule entstehen. Wann diese kommt, ist laut Landratsamt allerdings bislang unklar.

Man hilft sich aus, so gut es eben geht

Ein Notnagel, der den Kommunen zur Verfügung steht, ist der gegenseitige Austausch. "Ich bin gerade mit einem benachbarten Bürgermeister im Gespräch, ob man nicht dort einige Steinhöringer Kinder unterbringen könnte", sagt Bürgermeisterin Lietsch. Michael Neumeier aus Ebersberg wiederum gibt an, dass man vermutlich Kinder aus Nachbargemeinden aufnehmen werde.

Eine andere kleine Stütze bilden Elterninitiativen wie jene der Nachbarschaftshilfe in Kirchseeon. "Unser Kinderpark ist Ende der 90er-Jahre entstanden. Damals gab es auch schon das Problem des Platzmangels, dann ging es ein paar Jahre besser - und jetzt herrscht eben wieder Notstand", sagt Leiterin Annette Wallner. Die Mitarbeiter seien engagierte Mütter, die auf 520-Euro-Basis beim Kinderpark arbeiteten.

Interkommunale Absprachen und Elterninitiativen werden also wohl auch in naher Zukunft wichtig bleiben. Zumindest bis im Landkreis die geplante Erzieher-Schule entstanden ist und die ersten Absolventen sie verlassen. Nach einer Stelle werden sie jedenfalls nicht lange suchen müssen.

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