Bahnlärm:Grafing fordert Lärmschutz, die Bahn verspricht "farbige Schienenstegdämpfer"

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Ein Bahngleis im Landkreis Ebersberg. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

In einem Schreiben ans Grafinger Rathaus weist die Bahn den Wunsch der Stadt nach mehr Lärmschutz zurück - und bietet eine überraschende Alternative.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Im November steht ein Spitzentreffen von Bahn und Anrainer-Bürgermeistern an. Zentrales Thema ist der Lärmschutz, den die Gemeinden entlang der Bahnstrecke München-Rosenheim mit dem Zulauf für den Brennerbasistunnel deutlich verbessert sehen wollen. Eine zentrale Forderung der Kommunen hat die Bahn in einem aktuellen Schreiben ans Grafinger Rathaus jedoch abgelehnt.

"Der Stadtrat Grafing protestiert gegen die seiner Meinung nach unzulänglichen angekündigten Schallschutzmaßnahmen im Gemeindegebiet zur Bewältigung des zu erwartenden erheblichen zusätzlichen Bahnlärms", so die Resolution vom September. "Nachdem der Bahnlärm unsere Stadt nicht erst an den Grenzen der Bebauung belastet (...), sind die dringend zu ergreifenden Lärmschutzmaßnahmen entlang der ganzen Bahnstrecke im Gemeindegebiet von Grafing und auch außerhalb der Bebauung unabdingbar."

In der Resolution forderten die Stadträte ein konkretes Bekenntnis, den Ausbau wie eine Neustrecke zu behandeln. Dies ist auch die erklärte Forderung anderer Gemeinden und Initiativen entlang der Gleise. Mit diesem Status wären die Anforderungen an den Lärmschutz deutlich höher. "Auf Ihre Forderung, Lärmschutzmaßnahmen gemäß heutiger Neubaustandards zu errichten, kann sich die DB Netz AG (...) nicht positionieren", steht nun in der auf den 15. Oktober datierten Antwort. Zwischen 2002 und 2015 hätte die Bahn "umfangreiche aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt". Der Streckenabschnitt gelte deshalb als "lärmsaniert".

Kommentar
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Die Antwort der Bahn ans Grafinger Rathaus zum Thema Lärmschutz erfüllt so ziemlich jedes Klischee, das sich über den Schienenkonzern finden lässt: Unflexibel, bürokratisch und vor allem alles andere als bürgerfreundlich

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Stattdessen verweist der "Regionalbereich West" auf "innovative farbige Schienenstegdämpfer". Gemeinden, die bislang noch keinen aktiven Lärmschutz oder Lärmvorsorge erhalten hätten, sollten diese Nachrüstungen langfristig erhalten. Entlang von Grafing sollen sie der Bahn zufolge von nächstem Jahr an verbaut werden. Als Resonanzkörper an beiden Seiten der Schiene angebracht sollen sie die Schwingungen der Gleise - und damit den Lärm - verringern. Die Lärmschutzinitiativen entlang der Strecke bezeichneten die Maßnahme zuletzt als kaum wahrnehmbare Verbesserung.

Er wolle die Maßnahme zwar nicht per se schlecht reden, sagte der CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber am Montag. "Sie ist ein Teil der Maßnahme, aber sicher nicht das Nonplusultra. Schienenstegdämpfer allein sind für mich klar ungenügend und nicht ausreichend." Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) kann sich eine gewisse Ironie nicht verkneifen: "Mit Spannung warten wir auf die Wirksamkeit der 'farbigen und innovativen' Schienenstegdämpfer", schreibt sie auf der Homepage der Stadt. In Vaterstetten, wo die Dämpfer bereits teilweise verbaut sind, läuft aktuell ein Pilotprojekt.

Unterdessen wiederholte Obermayr ihre Kritik an dem Berechnungsmodus für die Notwendigkeit der Schallschutzmaßnahmen. "In der eher weitläufigen Topographie in Grafing westlich der Bahn muss ein anderer Berechnungsmodus entwickelt werden. Der Bahndamm zwischen Grafing Bahnhof ist leicht erhöht und der sich ausbreitende Schall wird am Boden des Urteltals reflektiert und weit in das Stadtgebiet geleitet", erklärt die Grafinger Rathauschefin. "Bei Inversionswetterlage wird der Schall zusätzlich noch an der Grenze zwischen verschiedenen Luftschichten reflektiert. So ist auch erklärbar, dass der Schall innerhalb der Stadt abhängig von der Wetterlage empfunden wird."

Gänzlich ohne Verbesserungen bleibe der Abschnitt im Gemeindegebiet jedoch nicht, betont die Bahn in ihrem Schreiben an die Grafinger: Auf Höhe Oberelkofen sei eine neue, drei Meter hohe, 400 Meter lange Lärmschutzwand vorgesehen. Schammach bekäme eine von zwei Metern Höhe und 260 Metern Länge.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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