Kommentar:Alles so schön bunt hier

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Die Antwort der Bahn ans Grafinger Rathaus zum Thema Lärmschutz erfüllt so ziemlich jedes Klischee, das sich über den Schienenkonzern finden lässt: Unflexibel, bürokratisch und vor allem alles andere als bürgerfreundlich

Von Wieland Bögel

Recht zu haben kann wirklich enttäuschend sein. Denn die Antwort der Bahn ans Grafinger Rathaus zum Thema Lärmschutz erfüllt so ziemlich jedes Klischee, das sich über den Schienenkonzern finden lässt: Unflexibel, bürokratisch und vor allem alles andere als bürgerfreundlich. Am Ende eines dreiseitigen Papiers voller nichtssagender Ankündigungen und Details, steht ein kurzer Satz, wonach sich die Bahn "auf die Forderungen" der Anlieger-Kommunen "nicht positionieren" könne. Übersetzung: "Das haben wir noch nie so gemacht, da könnte ja jeder kommen."

Interessant ist allerdings, dass diese Antwort erstens in geradezu bahnuntypischer Schnelligkeit erfolgt - nur zehn Tage nach Erhalt des Schreibens mit den Forderungen aus Grafing - und zweitens nur knapp einen Monat, bevor das Dialogverfahren mit den Bürgermeistern und Landräten beginnen soll; das sich mangels Dialogbereitschaft eigentlich erledigt hat, zumindest falls die Bahn mit der gleichen Einstellung in das Verfahren geht, die offenbar die Verfasser oder Auftraggeber des Schreibens an den Tag legen. Denn was der Schienenkonzern darin ausbreitet und anbietet liest sich nicht nur altbekannt - stellenweise wirkt der Schrieb auch unfreiwillig komisch.

Die schon seit Jahren angepriesenen Schienenstegdämpfer, welche die Anlieger seit ebensovielen Jahren als nahezu nutzlos kritisieren, sind künftig "innovativ" - weil "farbig" (sic!). Also, Bahnanlieger aufgepasst: Es bleibt vielleicht laut an der Strecke, aber dafür ist jetzt alles so schön bunt hier. Schon weniger lustig klingt, dass die Bahn sich nicht einmal für diese Minimallösung auf einen Zeitplan festlegen will. Der werde "derzeit erarbeitet", aber viel Hoffnung auf eine baldige Umsetzung, das macht der Konzern bereits klar, brauchen sich die Anlieger nicht zu machen. Wegen des dichten Zugverkehrs werde sich der Einbau der bunten Innovationen "über mehrere Jahre verteilen".

Möglich ist allerdings auch, dass dieses Nicht-Angebot der Bahn Strategie ist, für genau jenes Dialogverfahren, das in drei Wochen beginnen soll. Eine solche Strategie könnte so aussehen, dass die Bahn mit den Bürgermeistern feilscht. Erstes Angebot: Gar nichts und das auch erst irgendwann. Umgekehrt werden die Anlieger dann wohl ihre Maximalforderung auf den Tisch legen: Neubaustandard und zwar sofort. Wenn es gut läuft, trifft man sich in der Mitte. Wo diese liegt, wird auch vom Verhandlungsgeschick der Bürgermeister und Landräte abhängen. Aber zumindest wissen sie jetzt, mit welchem Dialogpartner sie es zu tun bekommen: Der Bahn, wie man sie kennt - aber nicht immer schätzt.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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