Andrang im Autohaus:Highlight in der Glasvitrine

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Vor dem Halbfinale im DFB-Pokal wird die begehrte Fußball-Trophäe in Ebersberg ausgestellt

Von Korbinian Eisenberger

Sechzehn Siege hätten die Fußballer des TSV Ebersberg zum aberwitzigen Triumph gebraucht. Ja, tatsächlich hätte der Bezirksligist den klobigen Goldkelch mit dem grünen DFB-Logo im Mai 2015 theoretisch in die Luft stemmen können. Praktisch gesehen gehen die Chancen für Amateurteams im Titelkampf freilich gegen Null. Dass die Ebersberger aber bereits am vergangenen Dienstag gegen ein unterklassiges Team ausschieden, kam dann doch überraschend. Enttäuschend sei das 1:2 bei der SpVgg Haidhausen schon gewesen, sagt der Fußballchef des TSV, Josef Riedl. Die Kicker selbst wussten sich allerdings schnell zu trösten. Denn schon am Freitag kamen sie der goldenen Trophäe im Ebersberger Autohaus näher, als sie sich wohl je erträumt hätten.

Weil Bayern München am kommenden Mittwoch um den Einzug ins DFB-Pokal-Finale spielt, wurde der unhandliche Goldtopf den Fans vorab präsentiert. Um die Glasvitrine mit der 52 Zentimeter hohen Trophäe wimmelte es deshalb am Freitagnachmittag nur so von rot gekleideten Bayernfans, die sich an der Glasvitrine die Nasen platt drückten. Vereinsgemäß grün gewandet marschierten schließlich auch die Spieler des TSV Ebersberg durch die Schiebetüren in die verglaste Autohalle.

"Ich hätte mir den Pokal größer vorgestellt", sagt Ägidius Wieser, Kapitän der ersten Mannschaft des TSV. "Das Ding in der Hand zu halten", sagt Wieser, "dazu muss man schon einiges leisten." Mit der peinlichen Niederlage im Toto-Pokal in Haidhausen ist dieser Traum aber in weite Ferne gerückt. Einmal in die Hauptrunde zu kommen und gegen eine Mannschaft wie Bayern München zu spielen, "das wäre schon ein Highlight", sagt Wieser.

Tatsächlich bekommen es Bastian Schweinsteiger und Co. im Halbfinale am Mittwoch mit einem Zweitligisten zu tun. "Die Kaiserslauterner packen mia Bayern locker", sagt Bartholomäus Oswald. Der Siebenjährige steht auf Zehenspitzen und reicht gerade mit dem Kopf an die Vitrine. "Mei, wia der schee funkelt", sagt er. Sein älterer Bruder Johannes hat den Blick drei Stunden nach der Auslosung der Europacup-Halbfinals schon weiter nach vorne gerichtet. "Erst in der Champions League gegen Real Madrid", sagt er, "da wird es richtig spannend." Am meisten liegt den beiden aber am eigenen Team. In der F-Jugend kämpfen die Oswald-Brüder für den TSV Grafing um Punkte und Trophäen.

Nach der deutschen Meisterschaft ist der DFB-Pokal der wichtigste deutsche Vereinstitel. Seit 1935 wird der Sieger in mehreren Runden im K.o.-System ausgespielt. Rekordgewinner ist Bayern München, die sich den Titel 2013 durch ein 3:2 gegen den VfB Stuttgart zum 16. Mal sicherten. In diesem Jahr könnten es eine Wiederauflage des Finals von 2012 geben. Damals wurden die Bayern von Borussia Dortmund mit 5:2 abgewatscht. Die Dortmunder empfangen am Dienstag Ligakonkurrent Wolfsburg.

Der Herstellungspreis der mit Feingold, Bergkristallen und Nephriten besetzten Trophäe soll bei 100 000 Euro liegen. Unschätzbar ist dagegen der ideelle Wert. Vor allen für die Spieler des FC Bayern, die das Fassungsvermögen des Kelchs nach der Empfangnahme in der Regel dazu nutzen ihn mit acht Litern Bier zu befüllen.

Derlei Gedankenspiele ließ die sicher verschlossene Vitrine am Freitagnachmittag kaum zu. Ohnehin durften die Fans froh sein, dass Fritz Grill und sein Autohaus den Zuschlag bekommen hatten, den Wanderpokal zu beherbergen. Und TSV-Käpt'n Wieser sah man es an: Der funkelnde Anblick hinter der Glaswand und die vielen Bayernfans im Autohaus hatten es ihm angetan. Wahrscheinlich ärgerte er sich erst jetzt so richtig über die unnötige Pleite gegen den Kreisklassisten Haidhausen.

© SZ vom 12.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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