A94:"Seit der Eröffnung der Autobahn ein Drittel weniger Kunden"

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Hohenlinden spürt deutlich, dass sich Verkehr seit Ende Oktober neue Wege sucht. Anwohner freuen sich über die Entlastung, die Geschäftsleute weniger.

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

Es ist ruhig geworden auf der Ortsdurchfahrt und der B12 bei Hohenlinden. Um etwa die Hälfte soll sich der Verkehr nach Einschätzung von Anwohnern im Ort reduziert haben, seit das letzte Teilstück der A94 Anfang Oktober eröffnet wurde und der Ost-West-Verkehr nicht mehr auf die B12 angewiesen ist. Für die bislang vom B12-Verkehrslärm belasteten Anlieger ist das eine gute Nachricht. Seit sich die schweren Lastwagen dicht auf der neuen Autobahn drängen, und die Blechlawine, der Lärm und der Gestank auf der neuen Trasse für Ärger fern von Hohenlinden sorgen, haben die gepeinigten Anwohner an der B12 die lang ersehnte bessere Lebensqualität und Ruhe.

Doch es gibt auch eine andere Seite der historischen Veränderung: Für örtliche Betriebe hat die Verkehrsreduzierung in der B12-Gemeinde durch die A94 zu einer extremen Beruhigung des Geschäfts und damit zu Einbußen geführt.

Die Gaststätten und viele Geschäfte hatten sich auf den täglichen Strom der Pendler, Lkw-Fahrer und Durchreisenden eingestellt und gut davon gelebt - die überregionale Kundschaft brachte zusätzliche Kaufkraft und Impulse in die Gemeinde: Gasthäuser, Rasthöfe, Imbissläden, Bäckereien, zwei Supermärkte und zwei Tankstellen profitierten davon. Doch nun ist die lärmende Goldader versiegt und viele Kunden fehlen. An der A94 sind dagegen neue Imbissketten und Tankstellen entstanden, etwa in Pastetten und in Dorfen, die von den Kunden profitieren, die in Hohenlinden nun fehlen.

Die Folgen sind gravierender als befürchtet: "Wir haben das vom ersten Tag an gemerkt. Es hat sich auf der B12 angefühlt, als ob man auf einer anderen Straße fahren würde", sagt Peter Schwaiger, Chef der Total-Tankstelle an der Josef-Neumeier-Straße. Früher sei die Tankstelle ein richtiger Knotenpunkt für den Verkehr gewesen, heute sei oft lange gar nichts los. Mindestens 25 bis 30 weniger Tankkunden habe man seitdem, noch stärker - etwa 50 Prozent - sei der Einbruch beim sonstigen Sortiment, also beispielsweise Brotzeiten, Süßigkeiten und Getränke. Bereits jetzt habe man die Schichten der Mitarbeiter neu einteilen müssen, auf Entlassungen wolle er aber verzichten, sagt Schwaiger: "Wir versuchen, uns andere Geschäftszweige zu eröffnen."

Auch im Kultrasthaus "B12" ist die Veränderung zu spüren

Ähnlich wie Schwaiger bewertet Centa Karl die Auswirkungen auf das Gasthaus "Zur Post" im Ort. Viele Arbeiter, Pendler und Lkw-Fahrer, die nicht aus der Region stammen, waren vor allem am Nachmittag gern gesehene Kunden im seit der Postkutschenära von Reisenden frequentierten Gasthaus mitten im Ort. Doch diese Gäste sind schlagartig mit Eröffnung der Autobahn ausgeblieben: "Uns fehlt seitdem vor allem das Nachmittagsgeschäft. Wir merken das seit Oktober ganz deutlich, und haben vor allem am Nachmittag schon Einbußen", sagt die Serviceleiterin Centa Karl.

Dass die Eröffnung der A94 auch an einer Institution, dem Rasthaus B12 in Neupullach, nicht spurlos vorbei gehen dürfte scheint klar. Das bereits in einem Kinofilm verewigte Kult-Rasthaus lebt von der speziellen Mischung aus Trucker-Fahrern und Einheimischen: Doch dieser Mikrokosmos ist in Gefahr, wenn die Brummis ausbleiben. Auch in den beiden Supermärkten "Rewe Weber" und "Edeka Falterer" ist die Verkehrsberuhigung registriert worden: "Ich schätze, dass wir seit Eröffnung der Autobahn etwa ein Drittel weniger Kunden haben", sagt Winfried Weber vom Rewe-Supermarkt an der Hauptstraße.

Auch Hubert Falterer vom Edeka gegenüber hat festgestellt, dass viel weniger Autos und Lastwagen auf der B12 fahren und dadurch Kunden fehlen: "Es trifft mich aber nicht so schlimm, weil ich viele Stammkunden habe." In den ersten Tagen nach der A94-Eröffnung sei es "extrem ruhig" gewesen, inzwischen "pendelt es sich ein". Es kämen auch Pendler auf die B12 zurück. Peter Speckmaier, der jahrzehntelang für den Bau der A94 gekämpft hat, räumt negative Effekte für manche Geschäftsleute ein. Es überwiege aber die Genugtuung über die große Entlastung von Hohenlinden, Birkach, Kreith, Stockach, Neumühlhausen und Neupullach. "Der Verkehr ist deutlich zurück gegangen", sagt auch Martina Baumann, Geschäftsleiterin der Gemeindeverwaltung. Dass dies passieren werde, sei Unternehmern von Anfang an klar gewesen.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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