Sie wollten sich überhaupt nichts nachsagen lassen, die Absteiger der SpVgg Unterhaching. Für die Mannschaft wäre es doch viel besser, fanden viele im Vorfeld, das Drittliga-Derby beim FC Bayern II zu verlieren - nicht, dass die U23 der Bayern noch mit absteigt und in der kommenden Saison ein direkter Konkurrent um den Wiederaufstieg wird. Und so war es dem Verein kurz vor Anpfiff besonders wichtig zu betonen, dass Angreifer Stephan Hain wirklich einen Magen-Darm-Infekt hat, ganz ehrlich! Und dann konnten sie in dieser Saison selbst noch einmal erleben, wie es ist, gegen einen völlig verunsicherten Gegner anzutreten: Fünf Tage nach dem feststehenden Abstieg zogen die Hachinger mit einem 2:1 (1:0)-Erfolg die jungen Bayern tief mit hinein in den Abstiegsstrudel. Warum es ausgerechnet jetzt lief? "Ich weiß nicht, ob wir davor zu viel Druck verspürt haben", sagte der 20-jährige Torschütze Niclas Anspach anschließend bei Magentasport. "Wahrscheinlich ist das genau der Druck, von dem jeder spricht, wenn man unten drinsteht", sagte hingegen Bayerns Kapitän Nicolas Feldhahn. Der 34-Jährige hatte in der Schlussphase eine Riesenchance zum Ausgleich vergeben.
Die Bayern wirkten von Beginn an verunsichert, schienen im Angriff nicht so recht zu wissen, was sie eigentlich tun sollten und verschleppten so ein ums andere Mal das Tempo. In der 28. Minute musste in Christopher Scott der auffälligste offensive Unruheherd auch noch verletzt vom Platz. Nach genau 30 Minuten dann zumindest die erste gute Möglichkeit: Angelo Stiller schickte Armindo Sieb steil, der umkurvte Hachings Keeper Jo Coppens, ließ sich dabei allerdings zu weit abdrängen und konnte den Ball nur noch ans Außennetz schießen. Alle weiteren Versuche blieben harmlos, so auch ein Schlenzer von Kapitän Nicolas Feldhahn in die Arme von Coppens (45.).
Auch Konkurrent Meppen verliert: Das rettende Ufer ist für Bayern II weiterhin zwei Zähler entfernt
Bayerns Trainer Danny Schwarz wollte später nicht verraten, ob man den Spielern in der Pause das Endergebnis aus Meppen mitgeteilt hatte: Jenes Team, das es noch zu überholen gilt, hatte gegen den Vorletzten Lübeck 0:2 verloren. In jedem Fall wussten die jungen Bayern auch mit dieser Steilvorlage aus dem hohen Norden nichts anzufangen. Das Trainerteam überraschte zugleich mit dem Spielerwechsel zur Pause: Maximilian Welzmüller, einer von nur zwei Routiniers in der U23, machte Platz für Josip Stanisic. Doch es waren die Hachinger, die erst einmal wieder aufs Tempo drückten, und prompt erzielten sie auch das zweite Tor: Kapitän Markus Schwabl passte flach an den Fünfer, Niclas Anspach konnte unbedrängt aus spitzem Winkel einschieben (51.).
Jetzt wurden die Angriffe der Bayern wütender. Der eingewechselte Jann-Fiete Arp prüfte gleich danach Coppens mit einem Flachschuss, noch mehr zu tun bekam der Keeper aber im Eins-gegen-eins mit Nicolas Kühn (59.). Zugleich waren die aufgerückten Bayern aber auch anfällig für Konter, Hachings Christoph Greger scheiterte mit einem Pfostenschuss (59.). Die verbissenen Angriffe wirkten erst etwas strukturierter, als endlich das erste, dringend benötigte Tor fiel. Durch einen, mit dem niemand gerechnet hatte: Der 19-jährige Nemanja Motika war gut drei Minuten vor seinem Schuss ins Tor eingewechselt worden - zum ersten Mal überhaupt in der dritten Liga. Der ebenfalls eingewechselte Lenn Jastremski hatte die Vorarbeit geliefert (72.). Man habe in dieser Phase Spieler reingeworfen, so Trainer Danny Schwarz, "die sich keinen Kopf machen, die Chancen kreieren, zum Abschluss kommen. Und letztlich hat er ja auch das Tor gemacht", so Schwarz über den Neuling Motika.
Die letzte Ausgleichschance vergibt der Ex-Hachinger Feldhahn, Bayerns letzter Ü-Spieler auf dem Platz
Nach einer weiteren Hachinger Großchance war dann ein Urschrei auf der anderen Seite zu hören: Feldhahn, Bayerns einziger verbliebener Ü-Spieler, war am Fünfer perfekt angespielt worden, setzte den Ball aber knapp über das Tor. Feldhahn war so sauer auf sich selbst, dass er sekundenlang seine geballten Fäuste anbrüllte (75.). Die Bayern erkämpften sich die weiteren Chancen eher, als dass sie sich diese erspielten. Nach vier Minuten Nachspielzeit flog noch einmal eine Ecke auf den Fuß von Jastremski, der setzte den Schuss volley über das Tor. Dann folgte der Schlusspfiff, mehrere Spieler beider Seite fielen im Hachinger Strafraum erschöpft oder völlig enttäuscht zu Boden, inklusive Bayerns Keeper Ron-Thorben Hoffmann, der für die letzte Aktion mit nach vorne geeilt war.
Es wurde still im Grünwalder Stadion. "Die Jungs haben sich brutal viel vorgenommen, auch wenn es überhaupt nicht zu sehen war", analysierte Schwarz. "Das war ein mentales Problem, das sieht dann alles sehr schwerfällig aus, sehr gequält." Weiter muss Bayern zwei Punkte aufholen, noch zwei Partien stehen an. Jetzt gehe es darum, so die "klare Devise", gegen die Sechziger am kommenden Sonntag "einen Dreier einzufahren", betonte Schwarz. Im Derby, gegen den Erzfeind, der um den Aufstieg spielt.