Dreikönigstreffen der SPD:Ude spottet über CSU

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Wenn er Ministerpräsident werden will, muss Christian Ude bei der SPD das Feuer nicht nur anfachen, sondern auch zwei Jahre lodern lassen. Beim Dreikönigstreffen schwört er die Genossen schon mal auf eine schwierige Zeit ein.

Dominik Hutter

An diese Rolle muss er sich wohl erst noch gewöhnen: Alt-OB. In einer Reihe mit den SPD-Veteranen Hans-Jochen Vogel und Georg Kronawitter. Aber so hat Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann den ja eigentlich noch amtierenden Rathauschef Christian Ude beim Dreikönigstreffen seiner Partei eingeführt. Und dabei schon vieles vorweggenommen: Denn es geht sehr viel um Tradition und Wesen der Sozialdemokratie bei der Veranstaltung im Hofbräukeller, um die große historische Linie. Landeschef Florian Pronold lobt Kronawitter, der vor exakt 50 Jahren in die Partei eintrat.

Die Münchner SPD ist dankbar für die muntere Rede von OB Christian Ude. (Foto: dpa)

Anschließend loben sich Kronawitter und Vogel gegenseitig fürs Aufbauen souveräner Nachfolger. Ude bleibt der etwas redundante Part, auf den jüngsten Spross der kommunalen SPD-Dynastie hinzuweisen - Dieter Reiter, der sich erst noch bewähren muss. Die Botschaft ist klar: Was sich in Jahrzehnten bewährt hat, kann so daneben nicht sein.

Dann aber macht sich der OB auf in die Welt. Denn Ude, der sich für die Zeit bis zur Landtagswahl ein thematisches "Crescendo" vorgenommen hat, will offenkundig seine Taktik der vergangenen Wochen - München und Bayern im Vergleich - nicht überstrapazieren und schlägt in seiner Rede neue Töne an. Staatsmännischere. Dass ein europaweiter Prozess im Gange sei - der Niedergang konservativer Regierungen à la Berlusconi, Merkel und Sarkozy bei gleichzeitiger Renaissance der Sozialdemokratie - der politischen Kraft, "die auch in der Wirtschafts- und Währungspolitik konstruktive Antworten auf die Fragen der Zeit entwickelt".

Wer wollte sich dem entgegenstellen?, schwingt in den Worten des Mannes mit, der Horst Seehofer aus der Staatskanzlei vertreiben will. Für dessen Partei hat Ude viel Spott übrig: Wer hätte gedacht, dass "diese Granitwand CSU einmal jubiliert, weil sie einen Prozentpunkt vor der Opposition liegt", lästert der OB zur Freude der an langen Tischen aufgereihten Zuhörer im heillos überfüllten Saal. Beim Wort "jubiliert" überschlägt sich die Stimme Udes - es ist eines seiner Stilmittel, um Ironie kundzutun. Die FDP mit ihrem dauerhaften Umfragetief erinnert den OB an den Film "Dead Man Walking". Angesichts eines derart "phantastischen Koalitionspartners" der Unionsparteien könne sich die SPD nur wünschen, dass die Liberalen bis 2013 durchhalten. "Das ist mein voller Ernst."

In der Münchner SPD ist man für derart muntere Reden dankbar. Ude hat die schwierige Aufgabe vor sich, die Aufbruchstimmung der einst so siechen bayerischen Sozialdemokratie weiter anzufachen und noch fast zwei Jahre lang lodern zu lassen. Das ist durchaus strapaziös, gelingt ihm aber - so sehen es zumindest seine Zuhörer im Saal - recht gut. Zum Abschluss seiner Rede wird der Kandidat frenetisch und im Stehen bejubelt. Bevor er weiterzieht, um gemeinsam mit der griechisch-orthodoxen Metropolie die Isar zu segnen, muss er wie ein Filmstar noch mal auf die Bühne, um die Huldigungen gebührend entgegenzunehmen. Ein SPDler im Saal sagt: "Wenn wir es schaffen, dann mit ihm."

Udes erste Amtshandlung als Ministerpräsident steht schon fest: die Abschaffung der Studiengebühren. Die Gelder zum Ausbau der Universitäten sollen allerdings nicht wegfallen, sondern komplett aus dem Staatshaushalt kompensiert werden. Zudem erneuerte der SPD-Politiker seine Zusage, das seit 25 Jahren geforderte Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen einzuführen. Gerne will sich Ude auch der zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn annehmen - "allerdings erst als Ministerpräsident".

Dann könne er auch der Rolle gerecht werden, die CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle ihm zugeschrieben hat: "Master of Desaster". Ein Universitätstitel für einen Katastrophenretter, wie Ude betont. "Aber das hat Spaenle wohl nicht gewusst." Insgesamt will der SPD-Mann nicht alles komplett anders machen als die CSU in ihren langen Regierungsjahren. Was schon gut sei, solle auch gut bleiben.

Einfach wird der Politikwechsel nicht - darauf schwört Ude seine Basis schon jetzt ein. In den kommenden zwei Jahren könne es ungemütlich werden, und sollten nicht alle noch zulegen, werde es nichts mit der neuen SPD-Regierung. Das klingt schon ein bisschen wie eine Blut-, Schweiß- und Tränen-Rede im Stile Churchills. Es ist aber das Ude-Crescendo.

© SZ vom 07.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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