Dok-Fest-Tipp:Architektur einer Familie

Das unaufgeregte Porträt "Mein Opa, Karin und ich"

Von Isabell Nina Schirra

Ein Nazi, ein 68er-Hippie, ein Punk und Aussteiger. Was ohnehin schon eine mehr als explosive Mischung ist, wird auf drei Generationen einer einzigen Familie verteilt, zum Ursprung konfliktbeladener Schwelbrände. Unverständnis und emotionale Wunden sind die Folgen. Und genau damit setzt sich der Regisseur Moritz Springer in seinem Film "Mein Opa, Karin und ich" auseinander, der nun beim Dok-Fest Weltpremiere hat, das noch bis 24. Mai im Netz über die Bühne geht.

Begleitete Springer in seinem preisgekrönten Film "Journey To Jah" (2014) die Reggae-Künstler Gentleman und Alborosie nach Jamaika, reiste er in "Projekt A" (2015) zu anarchistischen Projekten in Europa, bleibt er in "Mein Opa, Karin und ich" mit der Kamera ganz nah bei sich selbst und seinem Versuch, Antworten zu finden und Frieden zu schließen. Mit einem Großvater, der seine SS-Vergangenheit nicht bereut, stolz ist gar, und gleichzeitig liebender Opa war. Mit seiner Mutter Karin, die sich, von ihren eigenen Dämonen getrieben, in alternative Familienkonzepte flüchtete und ihm so eine "normale Familie" verwehrte. Mit wachem Blick fühlt Springer gerade dorthin, wo es unbequem wird. Wo Schwarz und Weiß, Gut und Böse als Kategorien nicht ausreichen. Eine unaufgeregte und unglaublich ehrliche filmgewordene Reise durch Gespräche, Familienalben und niemals abgeschickte Briefe.

Mein Opa, Karin und ich , Deutschland 2019, Regie: Moritz Springer, Weltpremiere, bis 24. Mai via Stream unter dokfest-muenchen.de

© SZ vom 13.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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