Die Dicke Sophie:Die unstete Üppige

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Der Wintergarten der Dicken Sophie: Die Portionen sind großzügig, die Qualität der Speisen ist schwankend. (Foto: SZ)

Die Dicke teilt ordentlich aus: Bayerische Gerichte dominieren die Speisekarte der "Dicken Sophie" in Johanniskirchen. Eine urige Wirtsstube und ein schattiger Biergarten locken viel Volk - das muss allerdings mit schwankender Qualität der Speisen Vorlieb nehmen.

Alois Gudmund

Dicke begegnen vielen Vorurteilen - und nur manchmal, etwa im Gastgewerbe, profitieren sie davon. Nur ein dicker Koch sei ein guter Koch, schließt der Volksmund von der Leibesfülle des Meisters am Herd auf die Qualität dessen, was auf den Platten brutzelt. Das mag ein Kurzschluss sein, doch besitzt das Wort "dick" in der Küche eben einen angenehm sättigenden Klang. Der angebliche Kanonikus Ludwig von Selbiger fühlte sich jedenfalls, wie er 1805 in einem launigen und damals gut verkauften Reisebüchlein beschrieb, in ein Gasthaus an der Straße von Breslau nach Sachsen gezogen - von einer "kugelrunden" und sehr sinnenfreudigen Wirtin, die er die "dicke Sophie" nannte und die sich selbst gerne einen oder zwei Doppelkümmel zu viel genehmigte.

Heute wartet die "Dicke Sophie" ein Stück Wegstrecke rechts der Straße von München Richtung Sachsen, nämlich im nordöstlichen Stadtteil Johanneskirchen. Ein paar Schritte vom S-Bahnhof lockt ein dralles Weibsbild auf dem Wirtshausschild nicht nur die Ortsansässigen, sondern auch viel Volk, das tagsüber in den jährlich mehr werdenden Betrieben entlang der Flughafenlinie zu schaffen hat.

Drinnen in der braun getäfelten Wirtsstube und draußen unter den großen, alten Kastanien lässt es nicht nur nach Feierabend ganz gemütlich sitzen. Etwa 15 Tische sind als klassischer Selbstbedienungs-Biergarten deklariert, etwas größer und bei Regenwetter teils mit transparenter Plane bedeckt ist der Wirtsgarten, um den sich Kellnerinnen kümmern - die gar nicht dick sind.

Schließlich mussten sie bei Gudmunds Besuchen mindestens so viel laufen wie die Nationalspielerinnen bei der Fußball-WM, vom langen hölzernen Tresen in alle Winkel, in den lichten Wintergarten und an die Tische draußen. Gaststube und Garten waren gut besucht, und darum dauerte es etwas, bis eine der flinken, freundlichen Servierkräfte, von denen es aber spürbar zu wenige gab, mit den Speisekarten unter dem Arm den Weg zu Gudmunds Tisch fand.

Der Name des Hauses verheißt, zumal wenn man ihn nach hiesiger Art "Sóffie" ausspricht, Bodenständiges. Die Dicke Sophie ist eine Mischung aus Großstadt-Kneipe und bayerischem Wirtshaus, und diese Mixtur bestimmt auch das Speiseangebot. Es gibt viel Bayerisches, in großzügigen Wirtshaus-Portionen - und, wie sich zeigen wird, in arg schwankender Wirtshaus-Qualität. Aber dazwischen schiebt sich eben auch eine kalte Gazpacho-Suppe nach spanischer Art, die zwar konsequent falsch geschrieben, aber sonst ganz in Ordnung war. Wenig bayerisch und wenig spektakulär war auch die Tomatensuppe.

In einem Pfännchen serviert wurde das belegte Rösti (laut Speisekarte: "Riesenrösti"). Es hätte durchaus noch etwas Würze vertragen können, dafür war die von Krenfäden durchzogene Meerrettichsoße zum geräucherten Lachs, der auf diesem Kartoffelfladen lag, von durchaus feiner Schärfe. Die Spareribs türmten sich reichlich auf dem Teller und ihr Fleisch löste sich angenehm leicht von den Rippenknochen. Zart war auch das Kalbsgulasch, der Semmelknödel dazu allerdings eher zu fest. Das Wiener Schnitzel, schön groß und flach, hatte sich ein bisschen zu lange in der Pfanne gebräunt, um als perfekt durchgehen zu können, die Bratkartoffeln waren etwas fad und darum auf die auch hier dazu servierte, bereits gelobte Meerrettichsoße dringend angewiesen.

Und immer wieder montags gibt es Schweinshaxn, zum günstigen Paketpreis zusammen mit einer Halben. Eigentlich ein Vorzeigegericht jedes bayerischen Wirtshauses. Doch der halbe Hax', der zu Gudmund auf den Tisch kam, war leider ein ganz dickes Desaster, recht knorpelig das Fleisch, die Kruste großflächig pechschwarz angebrannt - tat da vielleicht ein arg vom Fleisch gefallener Küchenmeister Dienst am Grill? Zum Nachtisch tröstete ein Apfelstrudel - das alkoholdurchweichte Erdbeertiramisu allerdings weniger.

Die Preise, die die Dicke Sophie verlangt, bewegen sich noch im wirtshaus-üblichen Rahmen, zwischen 7,50 und 17,50 Euro für ein Hauptgericht. Die Halbe Helles kostet 3,40 - sie kommt freilich nicht aus dem "Brauhaus", als das ein Schild an der Hauswand die Dicke Sophie bezeichnet, sondern aus Aying.

© SZ vom 14.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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