Denkmalschutz:Erst Abriss, dann Anwalt

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Der Eigentümer des Uhrmacherhäusls klagt gegen die Verfügung der Stadt - die will sich auf keinen Kompromiss einlassen

Von Alfred Dürr

Ein Wiederaufbau des denkmalgeschützten und im September 2017 illegal abgerissenen Uhrmacherhäusls in Giesing droht sich um Jahre zu verzögern. Denn zwischenzeitlich hat der Eigentümer des Gebäudes an der Oberen Grasstraße 1 vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen eine Verfügung der Stadt vom vergangenen April eingereicht. Laut dieser muss das Uhrmacherhäusl in den gleichen Dimensionen und unter Einbeziehung der noch vorhandenen Giebelwände und des erhaltenen Kellers im ursprünglichen Erscheinungsbild wieder errichtet werden. Außerdem fordert die Stadt, die bei der Grundstücksräumung gesicherten historischen Materialien in Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden zu verwenden.

Der Leiter der Baugenehmigungsbehörde im städtischen Planungsreferat, Cornelius Mager, glaubt nicht, dass der Eigentümer des Uhrmacherhäusls, ein Unternehmer aus Neuried, Erfolg mit seiner Klage haben wird. "Bei der Erstellung des Bescheids zum Wiederaufbau haben wir uns große Mühe gegeben", sagt Mager. "Wir gehen davon aus, dass er wasserdicht ist." Wenn der Eigentümer aber einlenke, könne es aus Sicht der Behörde schnell mit der Wiederherstellung des Ensembles gehen. Mager: "Ansonsten stellen wir uns auf einen jahrelangen Rechtsstreit ein." Die Stadt sei nicht bereit, in der Angelegenheit Kompromisse einzugehen, bekräftigt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) seine Position: "Ich bin enttäuscht, dass der Eigentümer nicht verstanden hat, dass man den Denkmalschutz nicht einfach mit der Abrissbirne aus der Welt schaffen kann." Im Hinblick auf die gerichtliche Auseinandersetzung will Reiter den Kampf um das Uhrmacherhäusl nicht aufgeben. Es darf seiner Ansicht nach nicht sein, dass jemand, der sich rechtswidrig verhalten habe, dafür etwa mit einem größeren Neubau auf dem Grundstück belohnt werde.

Auch der Fraktionsvorsitzende der CSU, Manuel Pretzl, ist für eine harte Haltung der Stadt. Sie muss laut Pretzl ein deutliches Signal an alle Bauträger und Eigentümer senden: "Der Wiederaufbau des Uhrmacherhäusls ist nicht verhandelbar." Der Eigentümer habe sich mit dem Abriss bewusst über den Denkmalschutz hinweggesetzt und die Behörden vor vollendete Tatsachen stellen wollen. "Was in Giesing passiert ist, darf sich nirgends in München wiederholen ", sagt der CSU-Fraktionsvorsitzende. Die Stadt dürfe vor dem Verwaltungsgericht keinen Millimeter von der Forderung des Wiederaufbaus abweichen: "Der Prozess soll eine abschreckende Wirkung haben."

Bei der Staatsanwaltschaft läuft unterdessen ein Bußgeldverfahren gegen den Eigentümer der Oberen Grasstraße 1. Außerdem wird gegen den Geschäftsführer des Abrissunternehmens und einen Bauarbeiter ermittelt. Dabei geht es um Delikte wie zum Beispiel Sachbeschädigung, Zerstörung eines Denkmals oder Bauen ohne Baugenehmigung.

© SZ vom 11.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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