DEL 2:Wie damals in Heulbronn

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Nach dem siebten Sieg in Serie klettern die Tölzer Löwen auf Rang drei. Das 5:4 in Heilbronn erinnert an wilde Oberliga-Zeiten. Am Ende summieren sich auf beiden Seiten 140 Strafminuten.

Von Johannes Schnitzler, München

Viele Worte brauchte Kevin Gaudet nicht, um zu beschreiben, was er eben gesehen hatte. Dabei hätte es einiges zu sagen gegeben zu diesem 5:4 der Tölzer Löwen in Heilbronn, dem siebten Sieg in Serie für Gaudets Mannschaft in der DEL 2. Doch Gaudet sagte nur: "Wow!"

So konnte man das sehen.

Heilbronn begann, wie Gaudet die Falken erwartet hatte: schnell auf den Schlittschuhen und schnell im Kopf. "Heilbronn hat angefangen wie die Feuerwehr", sagte Gaudet. Dennoch überstand Tölz die Anfangsphase unbeschadet. Die Löwen gingen sogar in Führung durch Tyler McNeely, der von links vors Tor zog und die Scheibe mit der Rückhand im Netz verstaute (12.). Aber Heilbronn ließ sich nicht beirren, glich aus durch Louis Brune (15.) und ging nach der ersten Pause in Überzahl in Führung (26.). Den Ausgleich durch Shawn Weller (27.) korrigierte Dylan Wruck mit der erneuten Führung für die Falken (30.). "Wir haben die Scheibe und die Beine bewegt", sagte Heilbronns Trainer Alexander Mellitzer. Bis dahin war dieses Spiel ein DEL-2-übliches. Danach wurde es wow.

Tölz gegen Heilbronn, das ist ein Klassiker, der in gemeinsame Oberliga-Zeiten zurückreicht. Am 28. Januar 1994, so berichten es die Chronisten, ging Tölz in einem "Skandalspiel" 2:8 beim Tabellenführer unter. Heilbronn beschwerte sich danach über die angeblich "brutale" Spielweise der Gäste - und heißt bei ECT-Fans seitdem "Heulbronn". Mit der Rückkehr der Löwen in die zweite Liga vor zweieinhalb Jahren lebte die alte Rivalität wieder auf.

Am Sonntag entzündete sie sich an einer Szene in der 46. Minute, als Heilbronns Tim Miller und Tobias Möller McNeely ins Sandwich nahmen. Der Kandier ging benommen zu Boden, wofür Shawn Weller Miller die Schulter unters Kinn rammte. Das wiederum brachte Michael Knaub auf, der Weller in einen Faustkampf verwickelte, und als dieser längst beendet war, lieferten sich Miller und ECT-Verteidiger Matt McKenzie eine weitere Boxeinlage. Alle vier wanderten auf die Strafbank. Weil Knaub für seine Vergeltungsaktion aber die Spielerbank verlassen hatte und weil Miller zuvor McNeely gefoult hatte, erhielten beide Spieldauerstrafen (Knaub in Summe sogar eine Matchstrafe). Tölz war plötzlich für fünf Minuten mit zwei Mann mehr auf dem Eis - und nutzte das durch Markus Eberhardt (49.), McNeely (50.) und Lubor Dibelka (51.). Spiel gedreht. Das 4:5 durch Wruck (58.) kam für Heilbronn zu spät. Am Ende summierten sich für Heilbronn 104 Strafminuten, Tölz kam mit 36 glimpflich davon. "Ich bin schon lange im Geschäft", sagte Kevin Gaudet. "Aber so etwas habe ich lange nicht mehr gesehen."

Alexander Mellitzer war hinterher zerknirscht. "Wir wollten nicht die Faustkämpfe gewinnen, sondern ein Hockeymatch", sagte Heilbronns Trainer. Die Wende im Spiel nahm er auf seine Kappe: Er habe Knaub aufs Eis befohlen. "Wir wollten, dass er ein bissl Trashtalk betreibt." Dass die Situation so eskalierte, wollte er nicht. "Lesson learned", sagte der Österreicher.

Schon am Freitag beim 8:2 gegen Kaufbeuren hatten die mehr als 3700 Zuschauer in der Tölzer Arena ein Wow!-Spiel erlebt. Die Löwen klettern auf Rang drei der Tabelle, und einiges erinnert an die Saison 1993/94, als Tölz ins Oberliga-Finale einzog, nach einem 2:0 im Halbfinale gegen den ESC Wedemark. Trainer der Niedersachsen war damals übrigens ein gewisser Kevin Gaudet.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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