DEL 2:Erfrischung gefällig

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Leere Blicke: Statt mit einer 3:1-Führung fahren die Tölzer Löwen um Joonas Vihko und Johannes Sedlmayr (vorne) am Freitag mit einem 2:2-Zwischenstand nach Freiburg. (Foto: Manfred Neubauer)

Im Abstiegsduell gegen Freiburg verpassen die Tölzer Löwen die Vorentscheidung. Nach zweimaliger Verlängerung heißt es in der Serie nun 2:2 - und die Energie schwindet.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Tuomas Vänttinen bibberte. Weniger vor Kälte als vor Nervosität. Ständig tippte der Finne auf seinem Smartphone herum, als ob es da draußen in der Tiefe des weltweiten Datenwalds eine Antwort gäbe auf die nagenden Fragen dieses Abends: Warum schießen wir in Überzahl kein Tor? Warum machen wir den Gegner wieder stark? Und warum zum Teufel verlieren wir dieses Spiel?

Der Finne Vänttinen, Wollmütze, Holzfällerbart, ist seit Monaten verletzt. Aber in dieser schwierigen Zeit wollte der Stürmer bei seinem Team sein. Die Löwen kämpfen in der Abstiegsrunde der DEL 2 um den Klassenerhalt. Und Beistand können sie gebrauchen. 3:4 verlor die Mannschaft von Rick Boehm am Dienstag vor 2400 Zuschauern nach zweimaliger Verlängerung gegen Freiburg, durch ein billiges Abstaubertor in der 93. Minute. Statt mit einer 3:1-Führung fahren sie am Freitag beim Stand von 2:2 zum fünften Duell der Best-of-seven-Serie in den Breisgau. "Ich bin enttäuscht über das Ergebnis", sagte Boehm. "Wir müssen jetzt Kraft sammeln und regenerieren." Eine Durchhalteparole.

Die Löwen hatten sich die Niederlage größtenteils selbst zuzuschreiben. "Im ersten Drittel war Tölz besser", sagte Freiburgs Trainer Leos Sulak. "Aber ab dem zweiten Drittel haben wir ein sehr gutes Spiel abgeliefert." Er hätte auch sagen können: Die Hintertür zum Ligaverbleib war für Freiburg schon fast zu - bis Tölz sie wieder öffnete.

Nach dem 1:0 für die Löwen durch Verteidiger Andreas Schwarz (12.) durfte man Mitleid mit Sulaks Kaugummi haben. Die Kiefer des 62-Jährigen malmten unablässig, das 2:0 schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Aber als Freiburgs Topscorer Nikolas Linsenmaier auf die Strafbank musste, agierten die Tölzer viel zu hektisch.

Freiburg, das auf gar keinen Fall mit einem 1:3-Rückstand nach Hause kommen wollte, konterte kühl. Das 1:1 durch Tobias Kunz 53 Sekunden vor der ersten Pause und das 1:2 durch Jakub Körner (29.) fielen jeweils im Powerplay, beide Male ließ die Tölzer Abwehr die Wölfe ungestört gewähren. Stattdessen verstrickten sich die Löwen in Provokationen und kleinere Scharmützel, die ihnen nicht nur die Konzentration raubten. "Undiszipliniertheiten kosten Kraft", sagte der Disziplinfreund Boehm - und er meinte es nicht entschuldigend.

Insgesamt sieben Strafzeiten brummten seine Spieler ab, viel zu viele in einer Playoff-Serie mit Spielen an jedem zweiten Tag. "Das müssen wir dringend in den Griff bekommen", sagte Boehm.

Doch die Löwen rafften sich noch einmal auf. Nach dem 1:3 (50.) durch Jakub Babka, dem ein Scheibenverlust in der offensiven Zone vorausgegangen war, zauberten Schwarz und der oft übereifrige Philipp Schlager die schönste Kombination aufs Eis, die Johannes Sedlmayr mit dem 2:3 (54.) abschloss. Und als Christian Kolacny die Scheibe einfach mal aufs Tor löffelte, sah es plötzlich so aus, als habe sich das Glück für Tölz entschieden - 3:3 (55.). Die Verlängerung geriet dann aber zum reinen Zufallsprodukt, Fehlpässe und Ruppigkeiten häuften sich.

"Wir sind hier nicht in der NHL", sagte Ex-Nationalspieler Klaus Kathan. Statt die Partien bis zum entscheidenden Tor zu verlängern, würde er ein Penaltyschießen vorziehen: "Dann heißt es zwar: Glücksspiel! Aber was war das heute bitte anderes?" Wenn die Müdigkeit zunehme, "dann wird's nur schmutzig", sagte der Tölzer. Um 22.34 Uhr brach die zweite Verlängerung an. Ein paar Fouls und Fehlpässe später war sie beendet. Um 22.51 Uhr stocherte Jannik Herm einen Abpraller ins Tor.

Auf der Tribüne neben Tuomas Vänttinen saß Chris St. Jacques, unverletzt, aber als überzähliger Ausländer, und führte Statistik, hier ein Strich, dort ein Kreuz. Die Pausen vertrieb sich der Kanadier mit seinem Söhnchen. Der Vater trug Bommelmütze und Pelzkragen, der Sohn ein XXS-Trikot mit Papas Namen auf dem Rücken. Vielleicht werde er am Freitag bei den Ausländern einen Tausch vornehmen, "Frische reinbringen", sinnierte Rick Boehm. Damit endlich das Bibbern aufhört.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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