Asylunterkunft in Vierkirchen:Nicht bei uns

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Auf diesem Feld soll eine neue Unterkunft für Geflüchtete in Pasenbach entstehen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wenn der Dialog zwischen klagenden Anwohnern und umquartierten Geflüchteten nicht frühzeitig moderiert wird, sind Konflikte unausweichlich. Das zeigt der Streit über die geplante neue Asylunterkunft in Vierkirchen.

Kommentar von Jessica Schober, Vierkirchen

Nimby ist die Abkürzung für jenes Phänomen, das sich im Vierkirchener Ortsteil Pasenbach beobachten lässt, kurz für: Not in my backyard. - Nicht im meinem Hinterhof. Gemeint ist jene Haltung der Anwohner, die lautstark behaupten, "nichts gegen Ausländer" zu haben, aber dennoch bitte keine Geflüchteten als Nachbarn haben wollen, die verursachten aus ihrer ja Sicht ja schließlich "Lärm, Geruchsbelästigung und Müll". Die Geflüchteten sollen woanders untergebracht werden, nicht hier, wo man sich "Ruhe und Frieden" erhofft hat. Dieses Sankt-Florians-Prinzip verzögert nun den Bau einer dringend benötigten Alternative zur bestehenden Containersiedlung.

Die Klagenden nehmen dabei für sich in Anspruch, "keine Rassisten zu sein", wenngleich sie klassische Narrative gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bemühen, wie die traurige und ohne Zusammenhang vorgetragene Anekdote von der "Blonden, die vorm Afrikaner gerettet werden musste" zeigt. Solche Argumentationen bringen sogar den Anwalt der Kläger ins Schwitzen, der schnell beteuert, es ginge hier erst mal nur ums Baurecht.

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Von Jessica Schober

Verärgert über die Beschwerdeführer zeigt sich zu Recht auch Bürgermeister Harald Dirlenbach (SPD) - der sich selbst im Bürgerdialog mit seiner Gutsherrenart aber auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Unabhängig davon, ob der Bürgermeister vor Jahren die Anwohner besser hätte informieren sollen, wäre es nun an der Zeit, einen Dialog zwischen Geflüchteten und Einheimischen zu moderieren. Dass die Gemeinde aktuell keinen Ansprechpartner benennen kann, der tatsächlich Kontakt zu den Geflüchteten in der Containersiedlung hält, ist bestürzend.

Auch vor dem Hintergrund der menschlichen Tragödie, die sich rund um den Brand in der Unterkunft im Jahr 2020 abgespielt haben soll, darf die Sozialarbeit an einem solchen Ort nicht abreißen. Noch immer verlassen sich Mandatsträger zu sehr auf das Engagement der Helferkreise. Was dem Bürgermeister bewusst sein muss: Wenn die Asylsuchenden irgendwann ins 400 Meter entfernte Quartier auf der anderen Seite der S-Bahnstrecke umziehen müssen, stehen ihnen schon jetzt feindlich gesinnte Nachbarn gegenüber - anders als zuvor, als sie in unmittelbarer Nachbarschaft des Wertstoffhofes untergebracht waren. Die Konflikte sind programmiert - und die Frage bleibt offen, warum die Gemeinde Vierkirchen der einzige Ort im Landkreis ist, an dem Anwohner unter Ausnutzung aller rechtlichen Mittel so massiv versuchen, eine neue Unterkunft zu verhindern. Letztlich fährt auch die Gemeinde Vierkirchen nach dem Nimby-Prinzip ins Ungewisse, wenn sie kaum mehr mitbekommt, wie es um die Menschen in der Containersiedlung steht und gleichzeitig behauptet: "Fremdenfeindlichkeit? Nein, die gibt es nicht bei uns."

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