Verhandlungsbeginn verschoben:Großvater soll Enkel missbraucht haben

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Der 57-jährige Dachauer wird verdächtigt, sich dem Prozess am Landgericht durch Medikamenteneinnahme zu entziehen

Von Andreas Salch, Dachau/München

Ein 57-jähriger Rentner aus Dachau, der seinen Enkel in 65 Fällen sexuell missbraucht haben soll, versucht offenbar sich seinem Verfahren vor dem Landgericht München II zu entziehen. Einem Sachverständigen zufolge bestehe der Verdacht, dass sich der Angeklagte selbst durch die Einnahme von Medikamenten verhandlungsunfähig macht. Der Rentner hätte sich wegen der Vorwürfe bereits im Mai dieses Jahres vor der 1. Jugendstrafkammer verantworten müssen. Zu dem Termin war er aber nicht erschienen. Als Grund hatte er akute gesundheitliche Probleme angeben lassen. Deshalb hätte der Prozess nun an diesem Dienstag beginnen sollen.

Doch auch diesmal erschien nur der Verteidiger des 57-Jährigen, Rechtsanwalt Michael Novak. Er sagte der Vorsitzenden Richterin Regina Holstein, dass ein Rettungsdienst ihm mitgeteilt habe, sein Mandant werde mit Verdacht auf Herzinfarkt in eine Klinik gebracht.

Der Rentner befand sich bis vor kurzem im Herzzentrum München. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger hatte ihn dort besucht, um zu sehen, in welchem Zustand er sich befindet. Als er den 57-Jährigen auf der Intensivstation gesucht habe, so der Arzt zu Richterin Holstein, sei ihm gesagt worden, der Patient sei beim Rauchen. Das Gericht erließ daraufhin gestern einen Haftbefehl. Den sachverständigen Arzt beauftragte es, ins Klinikum Dachau zu fahren, wo der Rentner im Verlauf des Dienstagsvormittags hingebracht wurde.

Nach seiner Rückkehr am frühen Nachmittag teilte der Sachverständige dem Gericht mit, der Rentner habe bei seiner Einlieferung extremen Bluthochdruck gehabt. Der systolische Wert habe bei 290, der diastolische bei 150 gelegen. Diese Werte seien "vital bedrohlich." Einen systolischen Wert von 290 habe er noch nie beobachtet, so der Sachverständige. Ärzte hätten dem Rentner eine Infusion gegeben, damit sich sein Blutdruck senkt. Der 57-Jährige sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verhandlungsfähig. Allerdings sei der behandelnde Oberarzt der Meinung, berichtete der Sachverständige, dass sich der Blutdruck des Angeklagten bis zu diesem Mittwoch wieder so weit stabilisieren werde, dass er sich seinem Verfahren vor dem Landgericht München II stellen könne.

Da der Verdacht bestehe, so der Sachverständige, dass der Rentner seine Verhandlungsunfähigkeit durch die Einnahme von Medikamenten selbst herbeigeführt habe, sei ihm Blut abgenommen worden. Außerdem habe der 57-Jährige eine Urinprobe abgeben müssen. Die Proben sollen jetzt von Rechtsmedizinern analysiert werden. Das Gericht ordnete zudem an, dass der Angeklagte von Dienstagnachmittag an von Beamten der Polizeiinspektion Dachau bewacht wird. An diesem Mittwoch soll der 57-Jährige frühmorgens mit einem Rettungswagen zum Strafjustizzentrum München gebracht werden. Dort soll ihm zunächst der Haftbefehl eröffnet werden. Im Anschluss daran soll der Prozess gegen ihn beginnen.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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